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Die Orangen des Präsidenten

Die Orangen des Präsidenten

Titel: Die Orangen des Präsidenten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Abbas Khider
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Sand, der sich als dünne Kruste auf unsere Haut gelegt hat und uns so staubig wie ein Wandervolk aussehen lässt, den ausländischen Soldaten, die bis an die Zähne bewaffnet sind und misstrauisch und jederzeit schussbereit alles um sich herum beobachten, als wäre die Wüste ein Mörder. Dann sind da die vielen weißen Zelte, die wie ein schäumendes Meer die Wüste überschwemmen. Und die vielen Flüchtlinge, die wie die Sandkörner überall zu sehen sind.
    Ich harre hier meines Schicksals und warte. Worauf? Worauf warte ich? Ich weiß es nicht mit Sicherheit. Auf die Zukunft? Auf Hoffnung? Auf Veränderung? Jedenfalls nicht auf Godot. Das Einzige, das zählt, ist jedoch, dass ich noch lebe. Und das ist an sich schon eine große Leistung, wenn ich an die Erlebnisse der letzten Monate denke.
    In dieser aufregenden Zeit des Wandels, der Kriege, der Umbrüche, habe ich – Langeweile, unsägliche Langeweile. Flüchtlingslager sind der langweiligste Ort der Welt. Ich zähleSandkörner, bis mir vielleicht irgendein Traumland Asyl gewährt. Wann das sein wird? Ich habe keine Ahnung, aber der Sand wird mir nicht ausgehen. Es gibt Tausende hier, die mit mir darauf warten.
    Ich denke, ich sollte mich irgendwie nützlich machen, sonst schafft die Langeweile, was all die grauenvollen Abenteuer der letzten Jahre nicht vollbracht haben: mir endgültig den Verstand zu rauben. Das Beste wird sein, mir ein Heft und einen Stift zu besorgen und in die Vergangenheit zurückzukehren. Vielleicht gelingt es mir ja sogar auf diese Weise, endlich das Geheimnis meines Lachens zu ergründen …

Mahdi Hamama
Der Taubenzüchter
Eine wahre Geschichte

Taube,
wenn mein Haus verbrennt
wenn ich wieder verstoßen werde
wenn ich alles verliere
dich nehme ich mit,
Taube aus wurmstichigem Holz,
wegen des sanften Schwungs
deines einzigen ungebrochenen Flügels.
Hilde Domin

Es war am letzten Tag der Abiturprüfung. Der Tag, an dem ich jäh aus meinem gewohnten Leben gerissen wurde und den Lauf der Dinge völlig neu kennenlernen musste. Als ob ich die Welt zum ersten Mal erblickt hätte. Und alles nur wegen einer Autofahrt mit Ali, meinem Schulkameraden.
    Er war ein sehr netter Kerl mit kurzen schwarzen Haaren und braunen Augen. Ein kräftiger Junge mit muskulösem Körper. Sein Vater war im Irak-Iran-Krieg verschwunden. Es wurde weder eine Leiche gefunden noch gab es eine Nachricht. Und weil Alis Vater nur als vermisst galt, hatte seine Familie von der Regierung keine so große Unterstützung erhalten wie die Familien, die einen Gefallenen beklagen mussten und einen Renault, ein Grundstück und zweitausend Dollar als Entschädigung bekamen. Alis Familie erhielt vom Staat nur einen Renault, den die Mutter verkaufte, um die Kinder ernähren zu können. Nicht lange, und es fand sich nichts mehr zu essen im Kühlschrank. Seitdem arbeitete Ali als Helfer und Lehrling bei einem Automechaniker, um seine kranke Mutter und seine sechs Geschwister durchzubringen. Trotzdem besuchte er weiterhin die Schule.
    Eigentlich wollte Ali nicht viel im Leben erreichen, nur eine Autowerkstatt führen. Denn alles, was mit Autos zu tun hatte, entfachte seine Leidenschaft. Oft starrte er diesen blechernen Kästen mit Rädern auf den Straßen mit sehnsüchtigen Blicken hinterher wie Männer hübschen Frauen. »Mein einziges Hobby und meine einzige Liebe«, gestand er.
    Mit Ali lernte ich für die Abiturprüfung. Bei mir. Er konnte sich bei seiner Familie nicht konzentrieren, weil es dortweder Platz noch Ruhe gab. Seine kleinen Geschwister waren sehr laut. »Lauter als alle Musikläden im Zentrum«, scherzte er. Deswegen übernachtete er fast immer bei mir.
    Wir lernten täglich etwa acht Stunden. Einen Monat lang hatten wir mit allen möglichen Fächern zu tun. Es gab nichts Aufregenderes in unserem Leben als Bücher.
    In dieser Zeit durfte ich mich nicht um meine Tauben kümmern, mich nicht einmal in ihrer Nähe aufhalten. »Dein Abitur!«, mahnte mein älterer Freund Sami. »Du musst mindestens einen Notendurchschnitt von siebzig Prozent haben, um an der Pädagogischen Hochschule studieren zu dürfen«, fuhr er fort. »Keine Tauben mehr. Es wird nur noch gelernt! Hast du verstanden?«
    Die Prüfungszeit war sehr anstrengend. Uns blieb nur ein freier Tag zwischen zwei Prüfungen. Jeden Morgen standen wir um fünf Uhr auf, um den Stoff des Faches zu wiederholen, in dem wir die Klausur schreiben mussten. Die Schule, in der die Prüfung abgehalten wurde, lag nicht weit von

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