Die Ordensburg: Elfenritter 1 - Roman
neues Thema. Melvyn, der Halbelf, der Sohn von Silwyna und Alfadas, hatte nach der großen
Schlacht zwar seine Geliebte Leylin aus ihrer Gefangenschaft bei Shandral befreien können. Dabei war ihm als Windsänger Hilfe von der Schwarzadlergruppe um Wolkentaucher gewährt worden. Melvyn war glücklich geworden mit seiner Leylin, bis sie ihn in den Schattenkrieg hineingezogen hatte, dachte Emerelle bitter. So viel Zeit war seitdem vergangen. Wolkentaucher war zum König des Adlervolkes geworden. Und er hatte ihr niemals vergessen, dass sie Melvyn in jenen letzten Kampf geschickt hatte. Selbst ihr treuer Ollowain mochte nicht darüber reden, was sie getan hatte. Auch unausgesprochene Worte konnten ein Vorwurf sein.
Emerelle bedauerte es, Ollowain mit so vielem in Ungewissheit zu lassen. Sie konnte ihm auch nicht sagen, was sie über ihn wusste, woran sie maß, wie wenig Zeit noch blieb. Sie hatte ihn an Bord der neuen Schiffe gesehen. Das hieß, dass sie allen Widerständen zum Trotz bald in See stechen würden, denn der Tag, an dem Ollowain aus allen denkbaren Zukünften verschwand, war nicht fern. Sie hatte so sehr nach ihm gesucht. Endlose Nächte hatte sie über die Silberschüssel gebeugt gestanden, um ihn jenseits des Tages zu entdecken, den sie so sehr fürchtete. Sie hatte sich geweigert anzuerkennen, dass manche Schicksale unabänderbar waren, selbst wenn man um sie wusste.
»Herrin?«
Sie mochte seine Augen im Silberlicht des Thronsaals. Das Grün mit den goldenen Einsprengseln. Sie wollte nicht an Könige und Schiffe denken, an Ritter und jenen einen Tag, dem Ollowain nicht entrinnen konnte. Sie wollte einfach nur in seine Augen sehen. Dann kehrte sie in die Wirklichkeit zurück.
»Ich werde Yulivee zu König Wolkentaucher schicken. Sie ist … so anders. Sie wird er empfangen. Es ist Zeit, dass sie Fenryl aufgibt.«
»Ihre Totenwache dauert in der Tat lang genug«, sagte der Elfenritter traurig.
»Du weißt, dass er nicht tot ist.« Diese Art, die Ereignisse zu sehen, verwunderte Emerelle. Umso mehr, als sie wusste, dass Ollowain ein Freund Fenryls gewesen war.
»Es ist nur noch sein Leib geblieben. Sein Verstand, seine Seele, alles was ihn ausmachte, sind fort. Ich weiß nicht, was die Ordenspriester ihm angetan haben. Warum er nicht sterben kann, so wie es sein sollte. Aber ich weiß, wie es ist, auf so grausame Art bestohlen zu sein.«
Emerelle erinnerte sich, wie ihr Ollowain einst auf der Shalyn Falah entgegengetreten war, unfähig sie wiederzuerkennen oder sich auch nur zu erinnern, wer er war. So lange hatte sie um ihn gekämpft.
Emerelle konnte Yulivee gut verstehen, hatte doch auch sie sich einst gegen jede Vernunft geweigert, ihren Ollowain aufzugeben. Sie betrachtete den Ritter mit den ausdrucksvollen grünen Augen. Sie hatte nie mehr wiedergefunden, was sie verloren hatte. Zu sehr hatte ihn der Trollkrieg verändert. Eines jedoch begriff die Königin nicht. Sie hatte aus Liebe an Ollowain festgehalten. Doch Yulivee schien Fenryl nicht zu lieben. Anders als Nuramon, der immer wie ein Bruder für sie gewesen war. Vielleicht war sie zu sprunghaft, um tiefe Liebe zu empfinden. Oder sie hatte zu Schreckliches erlebt, als Valemas, ihre Heimat in der Zerbrochenen Welt, untergegangen war.
Ollowain räusperte sich, und Emerelle wurde sich bewusst, dass sie die ganze Zeit in seine Augen geblickt hatte.
»Ich werde mich bemühen, dir deine Schiffe zu geben. Und ich werde deine Ritter auf das vorbereiten, was kommt. Es wird ihnen nicht gefallen. Aber sag mir, wozu brauchen wir die Adler König Wolkentauchers? Ich hasse es, mit unwilligen
Verbündeten an meiner Seite in die Schlacht ziehen zu müssen.«
Emerelle versuchte sich gegen die Erinnerung an die Schlachtenbilder zu wehren, die ihr in der Silberschale erschienen waren. Sie kannte alle Pläne Ollowains. Zwar hatte sie zu wenig gesehen, um auch nur zu ahnen, an welchem Ort in der Menschenwelt gekämpft werden würde, aber sie wusste, dass ihr Auftrag den ersten Ritter gegen einen Feind schicken würde, der an Zahl um das Hundertfache überlegen war. Die einzige Aussicht auf Erfolg bestand darin, aus einer Richtung anzugreifen, auf die ihre Widersacher nicht vorbereitet waren. Sie mussten mit den Adlern vom Himmel herabkommen. Und selbst dann wäre ihr Überfall noch eine Verzweiflungstat.
»Du und deine Elfenritter, ihr müsst an einen Ort, an den ihr ohne Wolkentaucher nicht gelangen könnt. Mehr weiß ich auch nicht.« Das war gelogen,
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