Die Ordensburg: Elfenritter 1 - Roman
hatte Mühe, eine ganze Reihe schneller Stiche abzuwehren. Wie eine Schlange schnellte sie vor. Auch sie hatte schon Fechtstunden gehabt, so viel war gewiss, obwohl sie sich anders bewegte als eine ausgebildete Fechterin.
Fast wäre Luc über seine Beine gestolpert, als er weiter vor ihr zurückwich.
»Ich wette, sie lassen dich die Latrine ausheben, Prinzesschen. Eine gute Arbeit für eingebildete Gören.«
Ihre hölzerne Klinge prallte heftig gegen seinen Handschutz.
»Wenn ich mit dir fertig bin, wirst du länger hinken, als ich nach Latrine stinke.«
Luc machte einen Satz zurück und konnte doch nicht verhindern, dass ihre Klinge sein Knie traf. Dumpfer Schmerz betäubte das Gelenk. Er knickte ein. Jetzt oder nie! Nach den Regeln des Duells würde dieser Stich auf das Knie nicht als tödlicher Treffer gewertet. Er duckte sich. Er wusste, dass sein Rücken völlig ungeschützt war. Er stach schräg nach oben nach ihrer Brust. Im selben Augenblick spürte er, wie sich ihre Klinge in den gepolsterten Stoff des Gambesons bohrte.
»Doppeltreffer!«, rief Michelle. »Das Duell ist entschieden. Wären das scharfe Waffen gewesen, wäret ihr jetzt beide tot. Ich gratuliere euch zu dieser eindrucksvollen Vorstellung!«, fügte sie zynisch hinzu. »Für euch zwei Hitzköpfe endet die Fechtstunde nun. Kannst du noch laufen, Novize Luc?«
»Ja!« Er musste die Zähne zusammenbeißen, aber er würde nicht vor allen eingestehen, dass diese verdammte Ziege genau das getan hatte, was sie angekündigt hatte.
»Sehr schön, dann lauft ihr beide jetzt zum See und zurück. Und versucht nicht noch einmal, euch unterwegs die Schädel einzuschlagen.«
Luc stöhnte, aber er würde jetzt keinen Rückzieher machen. Hinkend setzte er sich in Bewegung. Als er zurückblickte, sah er, wie Drustan auf Michelle einredete. Und dann schickten die beiden die übrigen Novizen fort. Was sie wohl besprachen, was sonst niemand hören durfte?
Drustan wirkte sehr aufgeregt und gestikulierte wild mit seinem verbliebenen Arm. So aufgebracht hatte Luc ihn noch nie gesehen. Und nie war ihm ihr gestrenger Magister verletzter erschienen.
DER VERBORGENE SCHATZ
Lilianne war überrascht, die beiden zu sehen. Seit der Erweckung der Novizen hatte sie keine Gelegenheit gehabt, mit Michelle zu reden. Und nun kam sie mit Drustan zusammen. Die ehemalige Komturin rollte die Landkarte zusammen und erhob sich von dem unbequemen Stuhl.
Drustan sah sich im großen Kartensaal um. Er wirkte wie von Trollen gehetzt.
»Sind wir hier allein?«
Lilianne lächelte. »Siehst du jemanden?«
Drustan schien das nicht zu genügen. »Es ist besser, wir gehen hinaus.« Michelle nickte bestätigend.
»Es geht um das Mädchen«, sagte sie sehr leise. »Eigentlich sollten wir gleich zum Primarchen gehen, aber wir wollten zunächst mit dir sprechen.«
Lilianne hatte mit Schwierigkeiten gerechnet, allerdings nicht so bald. Gemeinsam verließen sie den Saal. Sie führte die beiden über die Treppe im Südturm hinab zum Burghof und dann auf die große Wiese, auf der die älteren Novizen Reiterangriffe in geschlossener Formation übten. Im Augenblick war das Gelände verlassen.
»Was machen die neuen Löwen?«, fragte sie, um den beiden etwas von ihrer Spannung zu nehmen.
»Sie sind eine Katastrophe. Alles Dickschädel!«
Man sah Drustan an, wie verzweifelt er war.
»Ihr erster Buhurt wird eine Katastrophe werden. Das Spiel wird weniger als ein Viertel von einer Stunde dauern, dann stecken sie alle im Schlamm. Die sind nicht in der Lage, etwas gemeinsam zu machen. Erst ersäuft mir einer von ihnen fast, weil er zu stolz ist zu sagen, dass er nicht schwimmen kann … Und jetzt noch die Sache mit der Heidin!«
Der einarmige Ritter sah Lilianne vorwurfsvoll an.
»Du hast gewusst, dass sie Heidin ist. Durch und durch, nicht wahr?«
Lilianne winkte ab.
»Du hast einen ganzen Winter mit ihr im Rabenturm verbracht. Sag mir nicht, dir sei nicht aufgefallen, dass sie nicht zu Tjured betet.«
»Und wie erkläre ich das meinen anderen Novizen?«, fuhr er sie an. »Das ist eine Ordensschule. Die Ordensschule. Valloncour ist eine Legende. Jemand wie sie dürfte gar nicht hier sein!«
»Und das ist nicht das Schlimmste«, setzte Michelle gleich nach. »Wo hast du sie getroffen? Wer ist dieses Mädchen?«
»Warum?«
»So nicht, Lilianne! Eigentlich hätten wir gleich zu Leon gehen müssen. Ich bin hier, weil ich deine Schwester bin und dir verbunden. Also treib jetzt kein
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