Die Ordensburg: Elfenritter 1 - Roman
dort fortgebracht. Nein, so weit wäre er nicht gegangen.
Sie brauchte eine Schar todesmutiger Krieger. Niemand, der an seinem Leben hing, würde sich mitten in ein Heerlager von Fanatikern wagen, um dort ein Mädchen zu befreien. Und dann war die Frage offen, wie man fliehen konnte. An den Steilklippen der Insel konnte man sich abseilen. Aber welcher Kapitän würde sich in das Labyrinth aus Riffen wagen und der vernichtenden Macht von Strudeln und wechselnden Gezeitenströmungen aussetzen?
Sie hatte Alvarez ausgehorcht. Das Meer rings um die Halbinsel galt als unschiffbar. Silwyna musste sich eingestehen, dass sie keine Ahnung hatte, wie sie das Versprechen halten sollte, das sie Gishild gegeben hatte. Die Prinzessin vertraute ihr noch immer, obwohl sie viele Monate gebraucht hatte,
um sie zu finden. Sie durfte dort nicht mehr lange bleiben, dachte die Elfe in verzweifelter Wut. Sie würde gar nicht merken, wie sie langsam vereinnahmt wurde. Wie sich ihr Denken und Fühlen änderte, während sie noch der Überzeugung war, sie könne sich gegen die Lehren der Priester verschließen. Trotzig zu seinen alten Göttern zu beten und seinen Lehrmeistern das Leben schwer zu machen, war nicht alles. Schließlich gab es dort auch Männer wie Alvarez, die zu mögen man sich nicht verdrehen musste. Die sich ein reines Herz erhalten hatten, obwohl sie von der Ordensschule kamen. Männer, die aufrichtig glaubten, was sie gelernt hatten.
Silwyna hatte sich dem Lager bis auf ein paar Schritt genähert. Die fünf Menschenkinder blickten in die Flammen, das hatte sie blind für die Nacht gemacht. Ein Alter mit einer Pfeife im Mundwinkel stocherte in der Glut des Feuers herum, sodass Funken dem Himmel entgegenstiegen. Neben ihm kauerte ein netter junger Blondschopf, der gewissenhaft seine Pistolen reinigte. Dem Kerl wuchs kaum der erste Flaum. Wahrscheinlich versuchte er seine Sache stets besonders gut zu machen, um sich zu beweisen. Ein Dritter hatte die Füße dem Feuer entgegengestreckt, lehnte gegen einen Fels und hatte sich die Krempe seines Hutes tief ins Gesicht gezogen. Ein Rapier lehnte neben ihm griffbereit und ein Paar schwerer Pistolen. Ob sie vielleicht Deserteure waren?
Ein Kerl mit rotem Vollbart und rasiertem Schädel rührte mit einem langen Holzlöffel in dem Kupferkessel. Neben ihm lagen blutige Fellfetzen und Knochen. Der Letzte im Bunde schnitzte mit einem breiten Messer an einem Stecken herum.
Sie sollte weitergehen, dachte Silwyna. Diese fünf waren keine gute Gesellschaft.
Der Duft von Fleisch und Zwiebeln stieg ihr in die Nase. Die Elfe lockerte sich. Sollten sie nur Streit suchen mit ihr! Dann würde sie eben alleine essen.
Sie trat in den Lichtkreis des Feuers.
»Reicht euer Mahl noch für einen Gast?«
Der Kerl, der scheinbar gedöst hatte, war erstaunlich schnell für einen Menschen. Während die anderen sie noch mit offenem Maul anglotzten, hielt er plötzlich eine Pistole in der Hand. Er hatte ein scharf geschnittenes Gesicht und kalte, dunkle Augen.
»Wer bist du?«
Silwyna nahm ihr Bündel von der Schulter, in dem ihr Rapier verborgen war.
»Eine einsame Reisende, die ein Lager für die Nacht sucht.«
Der Alte, der im Feuer gestochert hatte, kicherte und klopfte auf einen flachen Stein neben sich.
»Komm, setz dich. Ein Lager suchst du? Ich bin so dürr, dass unter meiner Decke auch zwei Platz finden.«
»Wir brauchen keinen weiteren Esser«, beschwerte sich der Koch. »Diese beiden lausigen Murmeltiere haben nicht mal genug Fleisch, um einen von uns richtig satt zu machen.«
»Vielleicht vergilt sie dir dein Fleisch mit ihrem Fleisch, Paolo.« Der Söldner mit den kalten Augen deutete mit der Stiefelspitze in ihre Richtung. »Unter ihrem Umhang trägt sie Safran.«
Der Junge mit den Pistolen starrte sie mit unverhohlener Gier an.
Silwynas Rechte tastete nach dem Griff des Rapiers in ihrem Bündel. »Unter euch sehe ich keinen, bei dem ich in Versuchung geraten könnte.«
»Dann hast du noch nicht genau genug hingeschaut«,
feixte der Alte. »Und lass dich nicht allein von Äußerlichkeiten blenden. Es sind die inneren Werte, die zählen, und sonst nichts.«
Der blonde Jüngling kratzte sich aufreizend im Schritt.
»Quatsch nicht! Für so ein junges hübsches Ding zählt allein das Innere des Hosenstalls. Und das tote Stückchen Fleisch, das du dort aufgebahrt hast, wird sie bestimmt nicht beglücken.«
Er füllte Pulver in den Lauf einer Pistole, nahm den kurzen Ladestock und
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