Die Ordensburg: Elfenritter 1 - Roman
Das Ergebnis war eindeutig. Gishild war die Einzige, die für sich stimmte. Er sah ihr an, wie schwer sie es nahm. Wie die anderen entschieden hatten, war nicht gerecht. Aber sie konnten nicht noch länger warten. Das Getöse auf den Zuschauerrängen wurde immer lauter. Für sie müsste es so aussehen, als hätten sieben Löwen nicht den Mut, gegen den letzten Drachen vorzugehen.
Luc nahm sein gepolstertes Schwert und schritt über die letzte Kette. Der Drache sah überrascht aus. Augenscheinlich konnte er sein Glück kaum fassen, nur einem Löwen gegenüberzutreten. Er lud Luc mit einer Geste ein, die Plattform zu betreten, die den Flaggenmast umgab, damit beide auf festem Boden standen.
Schon nach dem ersten Schlagabtausch wusste Luc, dass er den Drachen besiegen könnte. Sein Gegner war gut, aber er war demoralisiert. Er rechnete mit der Niederlage; auch wenn er niemals aufgeben würde, war er im Grunde schon besiegt. Er kämpfte unter seinen Möglichkeiten.
Luc stieß durch die Deckung des Drachen und versetzte ihm einen heftigen Schlag gegen das Knie. In dem Moment wusste er, dass es ihm nichts bedeutete, ob er siegte. Er hatte gewollt, dass die Löwen gewinnen. Das war wichtig. Mit dem Banner in der Hand beim Flaggenmast zu stehen, war ihm egal. Ja, es gab etwas, das würde ihm sehr viel mehr Freude bereiten.
Er trat zurück und wartete ab, bis der Drache sicher stand.
Wie konnte er seine Niederlage herbeiführen, ohne dass es auffiel? Der Drache griff ihn kaum an. Er verteidigte sich nur noch. Er musste ihn reizen. Irgendeine absurde Beleidigung ersinnen, die ein letztes Aufbäumen hervorrief. Nur so würde seine Niederlage glaubwürdig aussehen.
»Stimmt es, dass du nachts noch nach deiner Mutter rufst?«
Der Junge blickte auf, eher überrascht als wütend.
»Magst du sie jetzt nicht auch rufen? Oder soll ich das für dich tun?« Er äffte seine Stimme nach. »Oh, Mama, Hilfe. Der böse Junge will mich hauen!«
»Halt’s Maul!«
Es wirkte, dachte Luc.
»Mama, bitte sag dem Jungen, dass er mich nicht schmutzig machen darf!« Auf den Rängen herrschte eisige Stille. Niemand lachte über Lucs Scherze.
»Pass auf, dass du nicht gleich im Schlamm liegst.«
Der Drache stürmte vor und deckte ihn mit wütenden Schlägen ein. Luc wich zurück und ließ es so aussehen, als habe er Mühe, sich zu widersetzen. Und dann trat er über den Rand der Plattform. Mit einem Fuß nur, aber das genügte. Der Drache nutzte sofort die Gelegenheit und rammte ihn mit der Schulter. Luc stieß einen Schrei aus und fiel.
Er landete weich im Schlamm, während der Drache über ihm in wildes Triumphgeheul verfiel. Jetzt hatten die Löwen keine andere Wahl mehr, als Gishild zu schicken.
Sie strahlte über das ganze Gesicht. Hübsch war sie, wenn sie lächelte. Wenn sie nur nicht so widerborstig wäre! Sie verzichtete darauf, irgendwelche Elfentricks zur Schau zu stellen, sondern kämpfte ruhig und selbstsicher. Und sie brauchte nicht lange, um den Drachen zu ihm hinab in den Schlamm zu schicken.
Dann stieg sie hinauf auf den Mast und nahm das Banner der Drachen ab. Wild schwenkte sie es über ihrem Kopf.
»Sieg, Löwen. Sieg!«
Ihre überschwängliche Begeisterung zu sehen war besser, als selbst dort oben zu stehen, dachte Luc. Ihm genügte es zu wissen, dass er diesen Sieg geschaffen hatte und diesen Augenblick des Glücks für Gishild. Und er hatte ihnen allen die Galeere erspart. Ein einziger Sieg war dafür genug. Sie würden nicht das Schandmal des schwarzen Ruders in ihrem Wappenschild tragen! Das war es ihm wert, auch eine harte Strafe auf sich zu nehmen.
Auf den Rängen rings herum war es still. Nur wenige applaudierten dem Sieg der Löwen.
Luc watete zum Ufer. Kaum dass er auf festem Boden stand, traten zwei Ritter an ihn heran.
»Luc de Lanzac?«
»Ja?«
»Auf Befehl des Primarchen stehst du unter Arrest. Noch heute wird ein Ehrengericht zusammentreten und über dein Schicksal entscheiden.«
EIN EINSAMES TAL
Silwyna war erschöpft und wütend auf sich. Sie hätte sich nicht so gehen lassen dürfen! Ihre Wut hatte ihr zunächst Kraft gegeben. Sie war gewandert. Viel zu lange. Immer noch einen Pass höher hinauf in die Berge. Gegen jede Vernunft,
ohne Pause. Sie hatte darauf gehofft, dass ihr Zorn mit der Müdigkeit weichen würde. Sie hätte es besser wissen müssen. Und dennoch war sie überrascht, wie oft sie an den Kapitän denken musste. Die Seinen würden ihn aufs Rad flechten, wenn sie wüssten, wen
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