Die Ordensburg: Elfenritter 1 - Roman
auf und warf sich nach vorn. Er krallte sich an das Gewand der Kapitänin und verlor endgültig das Gleichgewicht. Einen Moment hing er an Mascha geklammert über dem Schlamm. Die Kapitänin stieß ihm mit kurzen Hieben den Knauf ihres Schwertes ins Gesicht, doch Giacomo ließ nicht los.
Luc sah seinen Kameraden bluten. Wütend dachte er an Leons Ausführungen über Ritterlichkeit. Das also war ritterlich! Das Einzige, was sie mit ihren schlammgefüllten Wasserschläuchen verletzt hatten, waren Ehrgefühl und Stolz.
Luc hob seinen Kampfstab. Er würde nicht mehr rechtzeitig kommen, das wusste er. Aber es war ihm egal. Er würde auch dann noch auf Mascha einprügeln, wenn das Spiel entschieden war, weil sie die Fahne der Löwen in den Schlamm gestoßen hatte. Man würde ihn dafür bestrafen. Aber er würde ohnehin bestraft. Da spielte das keine Rolle mehr.
Gishild dachte wohl ähnlich. Aus den Augenwinkeln sah er, wie auch sie sich in Bewegung setzte.
Es war totenstill. Hunderte Augenpaare verfolgten, wie Giacomo
verprügelt wurde. Wehrlos steckte er die Schläge ein. Einen Arm zu heben, um sein Gesicht zu schützen, hieße loszulassen und in den Schlamm zu stürzen.
Immer heftiger schlug Mascha zu, um den Jungen loszuwerden. Und dann geschah es! Sie stieß einen wütenden Schrei aus, beugte sich zurück und versuchte wieder ins Gleichgewicht zu kommen. Da biss Giacomo ihr in den Oberschenkel. Sie fluchte, schlug noch einmal zu und fiel zusammen mit dem Jungen von der Kette.
Luc hielt inne. Die beiden lagen im Schlamm. Er sah Anne-Marie auf Giacomo zuwaten, um ihm ans Ufer zu helfen. Mascha schlug mit den Fäusten in den Schlamm und fluchte. Dann packte sie den Jungen.
Luc lief schneller. Sie würde doch nicht …
Doch sie klopfte Giacomo auf die Schulter. »Elender, kleiner Mistkerl. Du hast Mut. Komm.«
»Los, holt das Drachenbanner!«, rief Joaquino den Löwen zu.
Luc sah zum anderen Ende des Spielfelds. Nur zwei Drachen waren noch übrig. Sie konnten es wirklich schaffen, zu gewinnen.
Alle Löwen stürmten jetzt vor. Gishild war so ausgelassen, dass sie beim Laufen kleine Sprünge machte. Luc mochte gar nicht hinsehen. Es wäre zu blöd, jetzt wegen solcher Kapriolen in den Schlamm zu stürzen. Aber sie bewegte sich so sicher, als stünde sie auf festem Boden.
Die beiden letzten Drachen wehrten sich tapfer. Sie hatten zwei der Pfähle in der Dreierreihe vor dem Flaggenmast besetzt. Bernadette schlüpfte durch die Lücke beim mittleren Pfahl. Einer der Drachen warf ihr seinen Sandsack hinterher und traf sie im Nacken, sodass sie stürzte. Dann warf er sich waffenlos den Löwen entgegen und riss gleich zwei von ihnen
mit hinab, so wie Giacomo seine Kapitänin niedergerissen hatte.
Auch Joaquino war im Schlamm gelandet. Der letzte Drache zog sich fluchend über die Kette zurück. Er wollte seinen Kampf am Flaggenmast austragen. Die Löwen zögerten. Keiner wollte vorpreschen, um dann wie Bernadette noch in den letzten Augenblicken des Spiels von der Kette zu fallen.
Luc und Gishild hatten zu den anderen Spielern aufgeschlossen. Trotz aller Verluste waren sie immer noch sieben. Am Ausgang des Spiels gab es keinen Zweifel mehr.
Das Publikum war auf Seiten des letzten Drachen. Sie feuerten ihn in Sprechchören an, die Ehrlosen in den Schlamm zu stoßen.
Und die Löwen zögerten. Ihnen fehlte Joaquino, ihr Kapitän. Die Stimme, auf die sie alle hörten.
»Wollen wir uns ein Stück unserer Ehre zurückerobern?«, fragte Gishild. »Nur einer von uns geht. Machen wir einen Zweikampf daraus. Zu siebt gegen einen zu stehen, wäre nicht gut.«
»Und wenn er uns einen nach dem anderen in den Schlamm schickt?«
Sie lächelte breit. »Zweifelt ihr etwa daran, dass Tjured auf unserer Seite steht?«
Luc hoffte inständig, dass sie jetzt nicht noch etwas über ihre Heidengötter sagte. Das war das Letzte, was sie noch brauchten. Er konnte förmlich spüren, wie sie an diese Götzen dachte.
»Luc sollte gehen. Deine Art zu kämpfen …«
»Ja?«
»Wir haben schon genug Ärger. Wir brauchen es nicht auch noch, dass sie sich über deinen seltsamen Stil zu fechten das Maul zerreißen.«
»Wir beide machen ein Wettrennen«, schlug Luc vor, um jedem Streit aus dem Weg zu gehen.
Gishild lachte. »Dann werde ich dir besser zehn Schritt Vorsprung lassen, sonst steht schon fest, wie das Rennen ausgehen wird.«
»Nein! Das ist zu ernst! Luc wird gehen! Stimmen wir ab.«
Luc enthielt sich. Ihm war das Ganze peinlich.
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