Die Ordensburg: Elfenritter 1 - Roman
Fleisch erhoben sich die Seemänner auf beiden Seiten des Laufstegs. Binnen eines Augenblicks war Silwyna von Feinden umzingelt, doch die bewaffneten Ruderer standen so dicht, dass sie sich gegenseitig behinderten.
Arkebusenschüsse knatterten entlang der Reling. Ganz nahe hörte die Elfe ein Pferd wiehern. Und dann drang Fenryls vertraute Stimme durch den Schlachtlärm. Endlich waren die Reiter heran!
Silwyna unterlief einen Hellebardenhieb, rammte ihrem Gegner den Korb des Rapiers ins Gesicht, wandte sich abrupt wieder um und sah sich einem vollgerüsteten Ordensritter gegenüber. Mit einem wuchtigen Hieb versuchte er, sie hinab zu den Ruderbänken zu stoßen. Silwyna blockte den Angriff und fing die Klinge mit der hochgebogenen Parierstange des Rapiers. Eine Drehung hebelte dem Ritter das verkantete Schwert aus der Hand. Doch statt zurückzuweichen, hob der Ordenskrieger den gerüsteten Arm, um ihr Rapier zur Seite zu drücken. Seine gepanzerte Linke schnellte vor. Die Eisenschuppen des Handschuhs schrammten Silwyna über die Augenbraue, als sie sich wegduckte. Ein Kniestoß verfehlte nur knapp ihr Kinn.
Wütend stieß sie den Hirschfänger nach oben, in die ungeschützte Achsel des Kriegers. Die Klinge drang bis zum Heft in das Fleisch. Blut spuckend brach der Ritter zusammen. Der Elfe blieb keine Zeit, ihre Waffe zu befreien. Sie griff
nach dem Parierdolch am Gürtel des sterbenden Ritters und wich einem Axthieb aus.
Der Mann, der eben die Meute der Ruderer gegen sie aufgestachelt hatte, stand nun vor ihr. Etwas streifte Silwynas Stiefel. Die bewaffneten Seeleute stachen mit Entermessern nach ihren ungeschützten Beinen. Silwyna fluchte und versuchte, sich mit einem Sprung in Sicherheit zu bringen, doch überall entlang des Laufstegs wurden Waffen gegen sie erhoben. Sie musste wahnsinnig gewesen sein, allein ein vollbemanntes Schiff anzugreifen.
Eine Pikenspitze zerschlitzte ihre Hose und hinterließ eine blutende Schramme auf ihrem Oberschenkel. Der Seemann vor ihr schwang seine Axt wie eine Sense.
»Reißt sie in Stücke!« Speichel spritze ihr entgegen, als er sie anschrie. »Bringt sie um und werft sie zu der gotteslästerlichen Elfenbrut auf das Eis hinab! Tjured beschützt uns! Wir werden siegen!«
Die Maurawani wich dem Axtblatt mit einem Seitschritt aus. Ihre Klinge schnellte vor wie eine zustoßende Schlange. Das Rapier stieß in ein Auge. Mit einem Knacken durchschlug es den Schädel. Der Axtkämpfer fiel wie vom Blitz getroffen. Entsetzt wichen die Seeleute vor ihr zurück. Sie waren bärenstark, gestählt durch die Arbeit an den Rudern, und sie waren gewiss auch tapfer, aber der Elfe waren sie nicht gewachsen. Im Vergleich zu der Maurawani, die Jahrhunderte überlebt hatte, waren sie wie Kinder, die mit Stöcken in den Händen gegen einen Ritter im Harnisch antraten.
Eine Wolke schob sich vor den Mond und trank sein silbernes Licht. Nur die großen Laternen am Heck der Galeere erhellten nun noch den Kampfplatz. Das schmale Deck war rutschig vom vielen Blut.
Die Elfe setzte ihre Schritte sicher. Sie mied es, direkt in
die Laternen zu blicken. Ihre Augen waren an die Dunkelheit gewöhnt.
Für die Ruderer war sie jetzt kaum mehr als ein unsteter Schatten. Ein Schatten, aus dem funkelnder Silberstahl schnitt. Tänzerisch bewegte sich die Maurawani zwischen den Männern hindurch, blockte Hiebe mit Entermessern, setzte manchmal einen Stich oder schlug mit dem Knauf oder dem Korb ihrer Waffen zu. Sie hatte Respekt vor diesen Männern, die wussten, dass sie gegen sie nicht bestehen konnten, aber dennoch kämpften, weil es für sie eine Frage der Ehre war, sich nicht fortzuducken. Sie versuchte, keinen von ihnen zu töten. Sie waren die Verblendeten. Die Ordensritter waren der Feind, der kein Erbarmen verdiente.
Langsamer als erwartet kam Silwyna über den schmalen Laufsteg voran. Aus den Augenwinkeln sah sie die Schnitter über die Reling stürmen und erkannte inmitten der schwarz gewappneten Kämpfer aus Langollion den Fürsten Fenryl.
Silwyna blockte einen wuchtigen Schlag, der auf ihren Kopf gezielt hatte, und stieß dann mit dem Knauf des Rapiers mitten ins Gesicht ihres Gegners. Selbst im Kampflärm hörte sie die Nase des Ruderers brechen. Er taumelte zurück. Wieder hatte sie zwei Schritt auf dem Weg zum Lager auf dem Achterdeck gewonnen.
Jemand griff nach ihrem linken Fuß. Ein gerader Stich hinab, und zwei Finger purzelten auf die blutverschmierten Planken. Silwyna wandte sich um,
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