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Die Ordensburg: Elfenritter 1 - Roman

Die Ordensburg: Elfenritter 1 - Roman

Titel: Die Ordensburg: Elfenritter 1 - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Hennen
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wollte das nicht sehen! Das da im Spiegel war nicht sie! Das war eine Fremde!
    Der Barbier zog neue Laken auf ihr Bett. Dann hob er sie vom Stuhl und legte sie behutsam auf das Lager zurück. So hatte ihr Vater sie früher ins Bett gebracht … Wo er jetzt wohl war? Warum hatte er sie nicht gerettet? Sie presste die
Lippen zusammen und konnte ein Schluchzen doch nicht unterdrücken.
    Charles beugte sich über sie. »Sei tapfer, meine Kleine.«
    Er küsste sie auf die Stirn. Sein Atem roch nach Zwiebeln.
    »Halt durch, ich werde dich bald von hier fortbringen lassen«, flüsterte er ihr verstohlen ins Ohr. »Dann wird es dir besser gehen, Prinzessin. Ich bringe dich zurück zu deinem Vater.«

DAS KAHL GESCHORENE MÄDCHEN

    Sie musste fliehen! Vier Tage lang lag sie nun schon auf dem Bett und blickte aus dem Fenster in den Himmel. Man hatte ihr eine Glocke gebracht. Wenn sie etwas wollte, musste sie nur läuten. Sie war hilflos wie ein Neugeborenes … Doch sie durfte nicht einfach aufgeben! Silwyna hatte ihr beigebracht zu kämpfen. Vergiss das nicht, ermahnte sich Gishild.
    Einen Spiegel hatten sie ihr neben das Bett gestellt. Er zeigte ihr den fremden Kopf mit der verschorften Schramme. Die Welt, an die sie gewöhnt war, war verschwunden, und das Mädchen, das sie einmal gewesen war, war ebenfalls verschwunden. Aus dem Spiegel sah sie eine kahlköpfige Fratze mit dunklen Rändern unter den Augen an. Das war nicht sie! Man hatte ihr die Gishild, die sie einmal gewesen war, gestohlen. Sie wusste nicht, was diese Tjuredanbeter aus ihr machen wollten, aber sie würde sich nicht einfach fügen.

    Der Priester war freundlich zu ihr. Er hatte sie ein paarmal besucht und ihr versprochen, sie aus der Gewalt der Ritterin zu befreien. Bald schon … Aber selbst er hatte ihr nicht verraten, was geschehen war. Warum nicht? Was verheimlichten sie vor ihr? Was war mit ihren Eltern? Warum kam niemand, um sie zu befreien? Es gab keinen Ort, den Silwyna nicht erreichen konnte. Warum holte die Elfe sie nicht hier heraus?
    Der Zorn gab Gishild Kraft. Der Schmerz in der Brust brannte nicht mehr so wild wie an dem Tag, an dem sie erwacht war. Sie würde kämpfen. Wütend stemmte sie sich hoch. Jede Bewegung quälte sie. Sie musste das aushalten.
    Ganz langsam schwang sie die Beine über die Bettkante. Es war warm in dem weißen Zimmer. Jedes Mal wurde außen ein Riegel vor die Türe gelegt, wenn ihr Besuch sie verließ.
    Zweimal war Lilianne hier gewesen. Sie hatte sich einfach vor das Bett gestellt und sie angesehen. Kein Wort hatte die Ritterin gesagt. Und Gishild war zu stolz gewesen, die Komturin anzusprechen. Sie war die Verkörperung all dessen, was sie hasste. Die ganze Grausamkeit der Tjuredkirche hatte in ihr Gestalt gewonnen. Niemals würde sie sich diesem Mannweib unterwerfen. Da ginge sie schon lieber mit dem Verwesenden …
    Vorsichtig setzte Gishild die Füße auf den Boden. Die Steinplatten waren angenehm kühl. Es war ein heißer Spätsommertag. Der bleifarbene Horizont kündigte ein Gewitter an.
    Ganz vorsichtig erhob sie sich. Sie hatte Angst, dass ihre Beine sie vielleicht nicht tragen würden. Ihr wurde schwindelig; das lange Liegen hatte sie schwach gemacht. Mit seitlich ausgestreckten Armen hielt sie das Gleichgewicht und ging dem Fenster entgegen. Sie sehnte sich danach, endlich etwas anderes zu sehen als weiße Wände, den Blutbaum und ein kleines Stück Himmel.

    Ihr wurde jetzt ein wenig übel. Den Blick fest auf die steinerne Fensterbank gerichtet, beschleunigte sie ihre Schritte. Fünf Schritt nur, und sie fühlte sich völlig erschöpft!
    Erleichtert stützte sie sich auf dem breiten Sims auf.
    Unter ihr ging es zwanzig Schritt in die Tiefe. Sie befand sich in einem Turm an einem breiten Laufgraben, der Teil der inneren Festungswerke war. Überall sah sie Arbeiter, die Gräben aushoben und Mauern errichteten. Sie wusste nicht, in welcher Stadt sie war, aber der Ritterorden scheute keine Mühen, um sich hier für die Ewigkeit einzugraben. Sie errichteten wohl eines dieser merkwürdigen neuen Festungswerke, wie Brandax sie auch in Firnstayn zu bauen begonnen hatte. Der Kobold hatte ihr voller Begeisterung davon erzählt. Sie hatte ihm damals nicht richtig zugehört. Sie mochte ihn nicht! Sein Gesicht war abstoßend. Die zugefeilten Zähne erinnerten sie an Rattenzähne. Er hatte einen widerlichen Sinn für Humor und schien Gefallen daran zu finden, dass sein Anblick sie erschreckte.
    Was würde sie dafür

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