Die Ordensburg: Elfenritter 1 - Roman
Rattenpack! Bruder Dominique war Lilianne keineswegs in den Rücken gefallen. Alles, was er gesagt hatte, war zwischen den beiden abgesprochen gewesen. Charles hätte seine rechte Hand darauf verwettet.
Lilianne hatte ihr Amt niedergelegt, um dem Orden nicht zu schaden. Sie wusste, dass sie zu weit gegangen war, als sie sich gegen seinen Befehl gestellt hatte.
Der Erzverweser trommelte gereizt mit den Fingern auf der Reling. Er hätte es besser wissen müssen! Er hatte schließlich miterlebt, wie sie Schlachten auswich, die sie nicht gewinnen konnte, und dass ihr kein Opfer zu groß war, wenn es um das höhere Wohl der Neuen Ritterschaft ging. Charles hatte schon des Öfteren miterlebt, wie man Brüdern oder Schwestern wegen irgendwelcher Verfehlungen ihre Ämter entzog. Aber dass jemand ein so bedeutendes Amt wie das der Komturin einer Ordensprovinz einfach so aufgab … So hatte Lilianne bestimmen können, wer ihr Nachfolger wurde, und dem Orden die Möglichkeit gegeben, sie zum Sündenbock zu machen und sich von ihren Taten zu distanzieren.
Charles hegte keinen Zweifel daran, dass man Lilianne und die kleine Prinzessin irgendwo verstecken würde. Beide würden der Neuen Ritterschaft noch von Nutzen sein.
Er schlug mit der geballten Faust auf die Reling. Intrigen konnte er selbst auch schmieden! Es war höchste Zeit, etwas gegen die Neue Ritterschaft zu unternehmen. Sie war zu mächtig und zu arrogant geworden. Beherrsche dich, ermahnte
er sich! Er war nicht allein auf dem Achterdeck der Galeasse.
Der Hauptmann seiner Leibwache stand immer noch mit dem Mädchen bei der Treppe. Er wäre auch darauf hereingefallen … Es wäre töricht und würdelos, Hauptmann Rodrik deshalb zur Rechenschaft zu ziehen, obwohl der Ritter zweifellos genau darauf wartete.
Charles musterte das Mädchen. Sie erzitterte unter seinem Blick. Das gefiel ihm. Mit Haaren wäre sie wahrscheinlich leidlich hübsch. Größe und Statur der Kleinen stimmten, sogar ihre Augenfarbe. Der Erzverweser musste schmunzeln. Lilianne war wieder einmal gründlich gewesen.
»Dunja ist also dein Name, meine Liebe.«
Sie nickte.
»Und man hat dir nicht gesagt, warum du den Kopf geschoren bekommen hast und den Platz des anderen Mädchens einnehmen solltest.«
»Nein, Herr. Es hieß, es sei ein Scherz.«
Sie nuschelte ein wenig. Ihre Lippe war aufgeplatzt und geschwollen.
»Ich arbeite in der Küche des Ordenshauses. Sie haben meiner Mutter – die arbeitet auch in der Küche, müsst Ihr wissen, Herr … Also meiner Mutter haben sie eine Goldkrone dafür gegeben, dass man mir …«
Sie stockte und begann dann zu schluchzen.
»Meine Mutter meinte, ein Goldstück gegen ein Läusenest sei das beste Geschäft ihres Lebens. Dann haben sie mich kahl geschoren. Mir haben sie Silber versprochen, wenn ich meine Aufgabe gut mache.«
Charles nickte. Das Mädchen zitterte jetzt nicht mehr. Er gab sich großväterlich wohlwollend. Was nutzte es ihm, wenn sie vor Angst die Zähne nicht auseinanderbekam.
»Und was genau war deine Aufgabe?«
»Ich sollte mich in das schöne Bett mit den weißen Laken legen und wie eine Prinzessin aufführen. Das hat die Herrin zu mir gesagt.«
»Die Komturin selbst hat dich also dazu angestiftet.«
»Ja, Herr. Sie ist in die Küche gekommen. Wir alle kennen sie. Sie ist oft gekommen, um nach dem Rechten zu sehen. Sie ist eine gute Herrin.«
Charles seufzte. Das war das Letzte, was er jetzt hören wollte. Er sah zu Rodrik. Der Ritter hatte seine Haare so kurz geschoren, dass sie von seinem Schädel abstanden und aussahen wie Soldaten, die man in Reih und Glied hatte aufmarschieren lassen. Seine schmalen Lippen und die leicht wulstigen Augenbrauen ließen ihn brutal aussehen. Er war zweifellos ein guter Kämpfer. Aber ihm fehlte Liliannes Finesse. Rodrik würde nie mehr als nur ein Hauptmann sein.
»Was hat die Kleine gemacht, als du ins Zimmer kamst?«
»Gekreischt und die Decke hochgezogen.«
»Ich habe ihm gesagt, dass ich die Falsche bin«, stieß das Mädchen hervor. »Wirklich, Herr! Dann hat er mich geschlagen. «
»Ich hatte angenommen …«
Charles brachte den Ritter mit einem Blick zum Schweigen. Ihm war schon klar, was Rodrik gedacht hatte. Vielleicht hätte auch er der Versuchung nicht widerstanden, sie mit ein oder zwei kräftigen Maulschellen zum Schweigen zu bringen.
»Was würdest du mit ihr tun, Rodrik?«
»Sie ist eine Dienerin der Verräterin Lilianne. Ich glaube nicht, dass sie nicht gewusst hat,
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