Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Ordnung der Sterne über Como: Roman (German Edition)

Die Ordnung der Sterne über Como: Roman (German Edition)

Titel: Die Ordnung der Sterne über Como: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monika Zeiner
Vom Netzwerk:
nichts?«
    »Ich hatte dir das Stück gezeigt. ›Das Leben der Dinge‹, beschissener Titel.«
    »Warum hast du mir nichts gesagt?«
    »Ich weiß nicht. Ich fand es nicht so wichtig.«
    »Und warum sagst du es mir jetzt?«
    »Es soll hier aufgeführt werden. Im Konzerthaus.«
    »Aha. Vielen Dank, ich meine, herzlichen Glückwunsch für die Information. Ich meine, du weißt schon.« Tom, mit einem langen Blick auf die verkalkte blinde Wand der Duschkabine, die neben dem Küchenfenster stand, das ebenso blind erschien an diesem Morgen aufgrund der grauen Düsternis draußen, verschränkte die Arme und verzichtete auf die andere Brötchenhälfte, die in einem Marmeladengeschmiere auf dem Teller lag. »Ich muss los, ich muss zur Hochschule«, sagte er und stand auf.
    Als er am Abend wiederkam, hatte er eine Flasche Sekt dabei und ein Päckchen Gras. Marc hatte die Wohnung geputzt, hatte gekocht, Spaghetti Bolognese, und schon im langen Flur, wo sie in Ermangelung eines Kellers die Kohlen lagerten, roch es nach Küchendampf und Wärme.
    »Hier«, sagte Tom. »Er ist gekühlt.«
    »Danke«, sagte Marc. »Es tut mir leid. Es kam mir … Es ist nicht so wichtig.«
    »Ja, ja«, sagte Tom.
    Außerdem, sagte Marc, nachdem sie sich an den Tisch gesetzt hatten, halte er nicht viel von diesen Preisen. Er habe schon einmal einen bekommen, sagte er. Den Kulturpreis der Stadt Bayreuth, der gleichzeitig ein Designpreis gewesen und an zwei Künstler , einen Musik- und einen Designkünstler, zu gleichen Teilen gegangen sei. Es sei einen Abend lang ein grandioser Affenzirkus veranstaltet worden, mit Kommunalpolitikern, Bürgermeister und Honoratioren der Stadt, unter anderem dem Münchner Kulturminister als Highlight, der ihn persönlich begrüßt und seine Kompositionen, die er nicht kannte, gelobt habe, gesagt habe, seinetwegen, Marc Baldurs wegen, sei er hier, worauf er dann in seiner offiziellen Laudatio aber mit keinem einzigen Wort auf Musik eingegangen sei, sagte Marc, sondern ausschließlich auf Design! Nämlich Design sei die Kunst, den Alltag zu verschönern, sei die Kunst überhaupt, habe der Kulturminister, der sich ihm gegenüber als großer Musikfan beschrieben habe, in allen Variationen gesagt, bis man sich anschließend wie wild geworden auf das Buffet stürzte, als hätte man jahrelang nichts gegessen, während nur der Design- und der Musikkünstler irgendwie keinen Appetit gehabt hätten, sagte er, genauso wenig vermutlich wie der Redenschreiber des Ministers, der schlicht und einfach nicht gewusst habe, dass es ein Design- und Musikpreis gewesen sei und es zwei Preisträger gegeben habe, der Arme, sagte Marc und bekam einen Lachanfall.
    Tom lachte mit.
    »Diese Preise«, sagte Marc, nun wieder ernst auf eine Gabelmit Spaghetti blickend, »sind eigentlich eine Demütigung, sie werden gewohnheitsmäßig von Leuten verliehen, die nicht das Geringste verstehen, also sind sie nie inhaltlich, fördern nie das Talent, sondern immer nur die Eitelkeit, das Talent zur Eitelkeit höchstens«, sagte er und schob die Gabel in den Mund. »Die Begabung zur Eitelkeit«, wiederholte er kauend, die man als förderungswert und einer Komponistenbiographie als zuträglich erachte, was vielleicht letztlich sogar stimme. Tom lachte und hielt es aber für übertrieben. »Ja, ja«, sagte er.
    Nach dem Essen setzten sie sich auf die Couch und bauten einen Joint, zur Feier des Tages, wie Tom meinte, des verspäteten Tages. Marc hatte sogar den Ofen im Wohnzimmer angeschürt, das im Winter kaum zu heizen war. Ein riesiger quadratischer Raum umgab sie, mit seiner vertrauten Leere, mit den hohen Decken, dem abgeblätterten Stuck und zwei braun lackierten Flügeltüren.
    »Ich wollte dich was fragen«, sagte Marc, indem er sich mit der Hand über die Stirn fuhr und den Kopf in den Nacken drückte. »Spielst du es?«
    »Was spiele ich?«
    Marc räusperte sich: »Ich hätte gern, dass du es spielst.«
    Nur sehr langsam begann Tom zu begreifen. »Du willst, dass ich das Stück spiele? Im Konzerthaus?«
    Marc nickte. Tom nicht. »Marc, ich bin Jazzer«, sagte er, obwohl dies seinem Freund bereits geläufig war. »Ich kann nicht nach Noten spielen und schon gar nicht im Konzerthaus! Unmöglich!«, sprach er, »es ist ganz unmöglich.« Er schloss die Augen, und um auch das Thema zu schließen, schüttelte er den Kopf.Obwohl das Konzert erst im Sommer zusammen mit mehreren anderen Aufführungen über die Bühne gehen sollte, fand das erste Treffen mit

Weitere Kostenlose Bücher