Die Orestie
vorauseilender Hast
Gramempörter Haß mich fort!
Vierte Gegenstrophe
ORESTES.
Trifft der gewaltige Gott
Einst sie mit flammender Hand,
Weh, weh, zerschmettert er sie, dann geschieht dem Lande das Seine;
Und Recht fleh ich für freches Unrecht!
Höret, ihr Unteren, mich zur Rache!
CHORFÜHRERIN.
Und es ist ein Gesetz, daß sterbend der Strom
Des vergossenen Bluts Blut wieder verlangt,
Und es fordert, es schreit die Erinnys Tod
Für jeden, der je umkam, Unheil,
Das heraufführt anderes Unheil!
Sechste Strophe
ELEKTRA.
Wo weilt nun ihr, der Nacht Gewalten, wo?
Schauet doch ihr, der Erschlagnen allmächtige Flüche!
Ihr sehet uns, letztes Reis des Atreusstammes,
Ohn Rat und Schutz, ehrentblößt
Und heimatlos! Zeus, wohin uns wenden?
Fünfte Gegenstrophe
CHOR.
Emporkocht wieder mir des Herzens Blut, hör ich dich also jammern!
Jegliche Hoffnung flieht!
Es nachtet in meinem Busen, hör ich auf deine Klage!
Doch dann wieder scheucht sichrer Mut kühnen Blicks
Hinweg jeglichen Gram,
Daß ich es freundlich tagen seh!
Sechste Gegenstrophe
ORESTES.
Welch Wort denn trifft's? Verzeihlich sei zumal,
Was wir geduldet von der, die geboren uns!
Doch nimmermehr lischt sich auch das andre fort –
Nein, gleich dem blutdürstgen Wolf,
Nie satt noch müd sei der Mutter mein Haß!
Siebente Strophe
ELEKTRA.
Mit wildem Totschlag traf sie ihn, der kissischen
Blutlechzenden Waffendirne gleich;
Weitausgeschwungen im wilden Wechsel jagte sich
Hinabgeschmettert ihres Armes hastger Schlag
Hoch nieder, jäh herab!
Im Echo widerhallte
Mein jammerschlaggetroffen, mein unselig Haupt!
Achte Strophe
Weh dir, ruchloses Weib! Weh dir, Mutter!
Wie der Feind den Feind verscharrt,
Den König so, ungeehrt,
So sonder Wehklage hast
Du tränenlos deinen Herrn begraben!
Neunte Strophe
ORESTES.
O nenne das Schmach und Schande. Weh mir!
Doch büßen soll meines Vaters Schmach sie!
Auf Gottes Kraft bau ich fest!
Auf meine Hand trau ich fest!
Erschlag ich sie, sterben will ich gern dann!
Neunte Gegenstrophe
ELEKTRA.
Dann ward sein Leichnam, o denk, verstümmelt,
Begraben schmachvoll wie erschlagen!
Und schnöde List sann sie dir,
Ersann für dein Leben Tod!
Siebente Gegenstrophe
Des Vaters furchtbar schmacherfüllt Geschick weißest du,
Weißt deines Vaters schnöden Tod!
Mich selber schob man weg,
Unwürdig, schmachvoll, ehrentblößt;
Hinausgestoßen vom Palast wie ein reudger Hund,
Vergaß ich das Lachen, brach ich in bittre Tränen aus,
Froh, wenn ich verhehlte meines Grames nassen Blick!
Was du vernommen, Bruder, schreib es dir ins Herz,
Achte Gegenstrophe
Durchs Ohr bohre tief sich dieses Wort dir
Ein in des Herzens stillen Grund!
Das alles war wahrlich so!
Das andre frag deinen Zorn!
Du mußt mit furchtloser Kraft genaht sein!
Zehnte Strophe
ORESTES.
Ich rufe dich, Vater, sei den Deinen nah!
ELEKTRA.
Mit ruf ich dich, Vater, bitterweinend dich!
CHOR.
Wir allzumal stimmen lauten Rufes ein!
Erhör uns, steig ans Licht empor,
Wider die Feinde hilf du!
Zehnte Gegenstrophe
ORESTES.
So kämpfe Macht gegen Macht, Recht gegen Recht!
ELEKTRA.
O Götter, jetzt endet unser Recht gerecht!
CHOR.
Mich überströmt Zittern, hör ich euer Flehn!
Das Gottverhängte harret längst;
Flehet ihr drum, heraufsteigt's!
Elfte Strophe
O des verwandten Wehs!
O des verhängten Mordes schneidender blutger Mißlaut!
Weh, weh! Gräßliche Blutverwandtschaft!
Weh, weh! nimmergestillter Jammer!
Elfte Gegenstrophe
Rettung erscheint dem Haus
Nicht von Entfernten, nicht von Fremden, von ihnen selbst nur,
In bluttriefenden Haders Fortgang;
Und das sing ich den Göttern drunten!
CHORFÜHRERIN.
Ihr drunten, vernehmt, ihr Selgen der Nacht,
Hört dieses Gebet! Beistand und Kraft
Schickt gnädig zum Siege den Kindern!
Orestes und Elektra setzen sich auf die Stufen des Grabes.
ORESTES.
Mein Vater, der du nicht königlichen Todes starbst,
Du gib die Herrschaft deines Hauses mir zurück!
ELEKTRA.
Auch ich, o Vater, bete dies Gebet zu dir;
Du hilf mir, wenn ich Aigisthos' Los mit enden helf!
ORESTES.
Es würden dann Festmahle von den Menschen dir
Geweiht; wenn aber nicht, so bleibst beim Totenfest
Von deines Landes Opferbrand du ungeehrt!
ELEKTRA.
Und Spenden will ich dir von meinem Erbe dann
Bei meiner Hochzeit bringen aus dem Vaterhaus,
Will fromm
Weitere Kostenlose Bücher