Die Orks 01 - Die Rückkehr der Orks
flüchtenden Elfenkrieger und Zwerge verfolgt hatten. Längst hatten die Unholde begriffen, dass ihnen ein neuer, mächtiger Feind erwachsen war, aber ihr Verstand war zu tumb und zu sehr im Blutrausch gefangen, als dass sie die Flucht ergriffen. Zähnefletschend stellten sie sich dem Dragnadh entgegen – um im nächsten Moment von einem blauen Feuerball verzehrt zu werden, der durch die Straße rollte.
Reihenweise fielen die Unholde dem kalten Drachenfeuer zum Opfer. Es gab kein Entrinnen. Einige, die doch noch die Flucht ergreifen wollten, packte der Dragnadh mit knochigen Klauen und zerfetzte sie. Es war ein entsetzliches Massaker, das auf der Hauptstraße von Tirgas Lan tobte, und es dauerte nur wenige Augenblicke – dann war kein Ork und kein Gnom mehr am Leben. Wo sich eben noch Hunderte blutrünstiger Unholde gedrängt hatten, schwelten schwarze Haufen, von denen bestialischer Gestank ausging.
Der Dragnadh betrachtete sein Werk und knurrte vor grimmiger Genugtuung. Dann wandte er sich den Elfen und Zwergen zu.
Loreto erschrak.
Seine Freude darüber, die Orks untergehen zu sehen, war so groß gewesen, dass er nicht auf den Gedanken gekommen war, der Dragnadh könnte auch ihn und seine Leute angreifen – schließlich waren sie Elfen und damit Nachkommen der rechtmäßigen Herren dieser Stadt. Andererseits, so dämmerte Loreto, waren sie ebenso widerrechtlich in Tirgas Lan eingedrungen wie die Unholde, und es war fraglich, ob der Dragnadh einen Unterschied zwischen ihnen machte.
Die Elfenkrieger schrien entsetzt, als der untote Drache auf seinen Knochenschwingen heranflog. Dicht über ihre Köpfe zog er hinweg, geradewegs auf Loreto zu.
Der Elfenfürst bedauerte, sein Pferd bestiegen zu haben, sodass er weithin sichtbar aus der Masse ragte, und ihm war klar, dass es für eine Flucht zu spät war. Entsetzt starrte er dem Dragnadh entgegen, der sich fauchend näherte – um nur eine Lanzenlänge von ihm entfernt zu verharren. Mit den Flügeln schlagend, hielt sich der Dragnadh in der Luft, und der Blick seiner leeren Augenhöhlen, in denen blaues Feuer glomm, richtete sich auf Loreto.
Der Elfenfürst hatte das Gefühl, als würde die untote Kreatur bis auf den Grund seiner Seele blicken und ihn genauestens durchschauen. Einen endlos scheinenden Augenblick lang starrten der Dragnadh und der Elf einander an. Dann erhob sich der Dragnadh wieder, um unter wütendem Fauchen zur Zitadelle zurückzukehren – und Loreto wusste, was er zu tun hatte.
»Zum Angriff!«, befahl er mit lauter Stimme und zog sein Schwert.
»Was?«, fragte Eilan verwirrt. »Aber, Herr …«
»Zum Angriff!«, wiederholte Loreto und riss sein Pferd herum. »Die Unholde sind vernichtet, Tirgas Lan ist unser!«
Damit gab er seinem Tier die Sporen, und eine Gasse bildete sich in den Reihen der Krieger. Auf klappernden Hufen jagte Loreto an ihnen vorbei, die Elfenklinge hoch erhoben, der Zitadelle entgegen.
Nur einen kurzen Augenblick zögerten seine Leute, dann gaben die Unterführer den Befehl, ihm zu folgen, und unter markerschütterndem Gebrüll stürmten die Elfen – und unter ihnen auch die Zwerge – die Straße entlang, diesmal nicht in wilder Flucht, sondern siegesgewiss, vorbei an den schwelenden Überresten der Orks.
Der Dragnadh jedoch war zur Zitadelle zurückgekehrt …
In der Schatzkammer war das Unterste zuoberst gekehrt.
Die Goldberge, die sich in der weiten Halle getürmt hatten, waren eingeebnet, Standbilder und Schatztruhen unter Lawinen aus Münzen und Edelsteinen begraben, und in der Mitte der Schatzkammer klaffte ein riesiger Krater, wo sich der Dragnadh aus der Tiefe seines Hortes emporgewühlt hatte.
Dass es in der Schatzkammer nach Tod und Schwefel stank, kümmerte Rammar und Balbok nicht. Vom eingerissenen Rand des Schachts im Thronsaal waren sie hinabgesprungen, um in den Knien federnd auf Münzen aus Gold und Silber zu landen.
Balbok raffte alles an sich, was in greifbarer Nähe war, und prüfte nicht erst nach, ob es sich um wertvolle oder weniger wertvolle Stücke handelte. Rammar hingegen schaute sich alles genau an, ehe er es in der Tasche seines Lederrocks verschwinden ließ, Münzen und Diamanten, Ringe und Ketten. Die Elfenkrone, die er für einen kurzen Moment getragen und die ihm so sehr gefallen hatte, konnte er nirgends entdecken. Der blaue Lichtstrahl, in dem sie geschwebt hatte, war erloschen, und Rammar nahm an, dass das gute Stück irgendwo unter dem Silber und Gold begraben war.
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