Die Orks 01 - Die Rückkehr der Orks
Große Tor am Ende der Hauptstraße auf. Loreto atmete auf, denn jenseits des Tores lag der nächtliche Wald, der nun, da Farawyns Fluch erloschen war, nicht mehr Tod und Verderben bedeutete, sondern rettende Zuflucht.
Die Straßen von Tirgas Lan hallten wider vom Geschrei der Orks, die die Zitadelle verlassen und die Verfolgung aufgenommen hatten. Immer wieder prasselten Pfeile auf die flüchtenden Elfen und Zwerge nieder, und nicht wenige von ihnen endeten mit einem der gefiederten Schäfte im Rücken. Jene, die verletzt waren und daher nicht schnell genug fliehen konnten, metzelten die Orks gnadenlos nieder. Die Unholde waren unersättlich in ihrer Gier nach Blut und Gewalt.
Loreto schlug das Herz bis in den Hals, und er fragte sich, ob er die Fernen Gestade jemals sehen würde. Furcht schnürte ihm die Kehle zu, und er gab seinem Pferd die Sporen, was allerdings wenig nutzte, denn vor dem Elfenfürsten drängte sich die Masse des fliehenden Heeres, sodass es kein Durchkommen gab, während sich die Krieger in wilder Panik durch das Nadelöhr des Tors zwängten.
Immer wieder blickte sich Loreto um, sah die Horde der Orks näher und näher kommen. Schon hatten die Unholde die nächsten Flüchtenden eingeholt und hackten sie kurzerhand nieder. Kopflose Körper blieben zurück; die Häupter der Ermordeten aber warfen die Orks den Elfen und Zwergen hinterher, als wollten sie ihnen damit zu verstehen geben, was sie erwartete.
Der Blutdurst dieser Bestien kannte keine Grenzen, und Loreto kam die schreckliche Erkenntnis, dass er es trotz aller Versuche, am Leben zu bleiben, nicht nach den Fernen Gestaden schaffen würde …
»Fürst Loreto! Seht!«
Es war Eilan, der diese Worte rief, der junge Bogenschütze, der treu an der Seite seines treulosen Herrn geblieben war. Mit zitternder Hand deutete er die Straße hinab zur Zitadelle.
Etwas brach mit Urgewalt aus der von Türmen gekrönten Kuppel. Etwas, das hoch in die mondbeschienenen Wolken stieg und dort für einen Moment verharrte. Etwas, das aussah wie …
»Der Dragnadh«, flüsterte Loreto und konnte nicht glauben, dass er diese Kreatur, die er sein Leben lang für einen Mythos gehalten hatte, tatsächlich mit eigenen Augen sah. Dann wiederholte er, diesmal rufend: »Der Dragnadh!«
Einige der Soldaten blieben stehen und wandten sich um, und alle erblickten sie die riesige Kreatur, die nur aus blanken Knochen bestand und sich nichtsdestotrotz mit beängstigender Kraft bewegte. Ein durchdringender Schrei drang aus der hohlen Brust des untoten Drachen, und er stieß hinab auf die Wehrgänge der Zitadelle, wo sich johlende und kreischende Orks zu Hunderten drängten – und mit gleißend blauem Feuer, das er aus seinem Rachen spie, fiel der Dragnadh über sie her.
»Der Dragnadh! Der Dragnadh …!«
Immer mehr Elfenkrieger hielten in ihrer Flucht inne und beobachteten fassungslos, was auf den Festungsmauern vor sich ging. Schreiende Orks und Gnomen sprangen auf den Zinnen umher, eingehüllt von kaltem Feuer, das sie bei lebendigem Leib verzehrte. Ihr Zetern und Kreischen war fürchterlich, noch schrecklicher aber war das Gebrüll, das der Dragnadh jeder seiner Attacken folgen ließ. Immer wieder stieg der untote Drache auf, um erneut wie ein Raubvogel hinabzustoßen und den Unholden auf den Wehrgängen Tod und Verderben zu bringen.
Loreto war stumm vor Staunen.
Der Sage nach war der Dragnadh einst ein mächtiger Drache gewesen, der in uralter Zeit vom Elfenkönig Sigwyn bezwungen worden war. Auf seinem Hort hatte man die Stadt Tirgas Lan errichtet, und im Gegenzug dafür, dass Sigwyn ihn am Leben ließ, hatte der Drache den Königsschatz bewacht. Einen feierlichen Eid hatte er darauf geleistet, der ihn der Überlieferung nach selbst über den Tod hinaus an seine Pflichten band.
Wie es hieß, hatte der Drache in der letzten Schlacht um Tirgas Lan den Tod gefunden …
Als die Elfenkrieger und Zwerge begriffen, dass sie unerwartete Hilfe erhalten hatten, und als sie sahen, wie ihre unbarmherzigen Feinde auf den Mauern der Zitadelle ebenso unbarmherzig dahingerafft wurden, verfielen sie in lauten Jubel. Fäuste wurden triumphierend emporgereckt und Waffen zum nachtgrauen Himmel gehoben.
Inzwischen stand die Zitadelle in blauen Flammen, von den Orks auf den Wehrgängen war nichts mehr zu sehen. Mit seinen weiten knochigen Flügeln schlagend, setzte der Dragnadh über die Mauer und flog fauchend die Hauptstraße hinab, den Orks hinterdrein, die die
Weitere Kostenlose Bücher