Die Orks 02 - Der Schwur der Orks
Keine flüssige Glut kroch mehr an seinen Hängen herab, kein Rauch stieg mehr in den Himmel und verfinsterte die Sonne, und der Berg hatte aufgehört, giftige Dämpfe auszuatmen.
Die Flüchtlinge kehrten zurück, doch Kal Anar gab es nicht mehr; die Stadt war unter einer dicken Schicht Gestein begraben. Aber die Menschen von Kal Anar, unter ihnen auch Lao und seine Familie, waren zuversichtlich. Sie würden eine neue und noch viel größere Stadt an den Hängen des Berges errichten. Corwyn versprach ihnen dabei jede nur erdenkliche Hilfe, und mit dem Wenigen, das ihnen noch geblieben war, bereiteten die Kal Anarer ihren Befreiern einen begeisterten Empfang. Durch ein Spalier Tausender lachender und winkender Menschen zogen Corwyn und Alannah auf den Vorplatz des Turms, der in Zukunft Sitz des königlichen Statthalters sein würde.
Begleitet wurden sie dabei von Quia und Nestor, dem der König gemäß seines Versprechens die Freiheit geschenkt hatte, sowie von zwei Orks.
Rammar und Balbok nahmen den Rummel unterschiedlich auf. Während Balbok offenbar Gefallen daran fand, ging Rammar das Geschrei der Menschen auf die Nerven. Seiner Ansicht nach wurde es Zeit, die Milchgesichter endlich zu verlassen.
Aber vorher gab es noch etwas Wichtiges zu erledigen …
Der König und sein Gefolge ritten bis an den Fuß der Treppe, die aus der erkalteten Lava ragte. Dort stiegen sie von ihren Pferden und erklommen unter dem Jubel der Bevölkerung die Stufen.
»Corwyn! Corwyn!«, rief die Menge begeistert, und Rammar fragte sich ein wenig neidisch, was die Leute an einem ehemaligen Kopfgeldjäger mit nur einem Auge so großartig fanden.
»Menschen von Kal Anar!«, wandte sich der König an die Menge – ein in der Sprache Aruns kundiger Berater, den er aus Tirgas Lan mitgebracht hatte, übersetzte jedes seiner Worte. »Eure Stadt wurde zerstört von der Gewalt des Berges, aber schon in Kürze wird hier eine neue Stadt entstehen, die euch allen Schutz bieten und eine Heimat sein wird. Nicht länger soll sie den Namen tragen, den dunkle Mächte ihr gaben – Tirgas Anar soll sie in Zukunft heißen und Teil des neuen Reiches sein, das sich vom Aufgang der Sonne bis zu ihrem Untergang erstreckt und ganz Erdwelt den Frieden garantieren.«
Erneut brandete Jubel auf, mit dem die Menschen begeistert ihre Zustimmung bekundeten.
»Vorbei sind die Zeiten, in denen Angst und Schrecken in dieser Stadt regierten. Glück und Wohlstand sollen einkehren und ein jeder Bürger sich frei entfalten können – wie zu jener goldenen Zeit, als die Elfenkönige regierten. Die Elfen mögen zukünftig nicht mehr in Erdwelt weilen, aber sie haben uns etwas hinterlassen, worauf wir aufbauen können und das wir nie vergessen wollen: Die tiefe Achtung vor dem Leben und die Einsicht, dass wir nur gemeinsam eine Welt des Friedens schaffen und erhalten können – und wenn ich ›gemeinsam‹ sage, dann meine ich alle Völker Erdwelts.« Er wandte den Kopf und streifte Balbok und Rammar mit einem Blick.
»Zum königlichen Statthalter in Tirgas Anar werde ich Lao ernennen«, fuhr Corwyn fort, »einen Mann aus euren Reihen, der in dunkler Stunde Mut und Tapferkeit bewies und dies fast mit seinem Leben bezahlte. Als Berater wird ihm Nestor von Taik zur Seite stehen, ein Mann mit großer Erfahrung und einer bewegten Vergangenheit, von der er sich geläutert hat. Solange wir unser Ziel, ganz Erdwelt zu befrieden, noch nicht erreicht haben, werden wir auch mit Angriffen rechnen müssen – daher wird Quia die Amazone eure Schwertführerin sein!«
Wieder gab es lauten Beifall, mit dem die Menge jeden Einzelnen der Genannten hochleben ließ. Der einstmals überzeugte Einzelgänger Nestor fühlte sich dadurch nicht wenig geschmeichelt, und zum ersten Mal nach den schrecklichen Ereignissen im Dschungel erschien wieder ein Lächeln auf Quias hübschem Gesicht. Der Mann aus Taik und die Amazone umarmten einander, woraufhin der Jubel sogar noch mehr anschwoll.
»Na großartig«, raunzte Rammar. »Friede, Freude, Eierkuchen – da habt ihr Menschen ja mal wieder genau das, was ihr wollt.«
»Hast du etwas dagegen?«, fragte ihn Corwyn leise, während er der begeisterten Menge zuwinkte.
»Nun ja«, murrte Rammar, »ein bisschen mehr Chaos würde euch Milchgesichtern ganz guttun. Ihr seid so … vorhersehbar.«
»Tatsächlich?«, fragte Alannah grinsend. »Dann verrate mir, warum du meine Maskerade nicht durchschaut hast, wenn wir so vorhersehbar
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