Die Orks 03 - Das Gesetz der Orks
nicht um jeden Preis. Wenn ich es tue, dann nicht als dein Gefangener.«
»Sondern?«
»Als dein Verbündeter und Freund«, erwiderte Ruuhl, und in Corwyns Ohren hörte es sich an wie das Zischeln einer Schlange. »Ich biete dir meine Dienste an, König von Tirgas Lan. Sei klug und nimm sie an, solange noch Zeit dazu ist.«
Corwyn brauchte einen Moment, um so viel Dreistigkeit zu verdauen. Dann lachte er spöttisch auf. »Ist das dein Ernst?«
»Ganz gewiss.«
»Dann bist du noch viel verrückter, als ich dachte. Ich brauche deine Freundschaft nicht, Dunkelelf. Und um ehrlich zu sein: Ich will sie auch nicht.«
»So wenig wie ich die deine«, hielt Ruuhl dagegen. »Jedoch muss man seinen Zielen zuliebe bisweilen bestimmte Allianzen eingehen, nicht wahr? Ich will zu den Fernen Gestaden, zurück zu meinem Herrscher – du willst dorthin, um deiner verlorenen Liebe nachzuspüren …«
»Alannah ist nicht verloren«, stellte Corwyn wütend klar – und im nächsten Moment wurde ihm bewusst, dass er damit mehr verraten hatte, als er hatte sagen wollen.
»Aber natürlich nicht.« Der Dunkelelf lachte leise. »Ich hatte recht, nicht wahr? Sie ist tatsächlich zu dir zurückgekehrt, aber schon kurz darauf hat sie dich wieder verlassen. Der Zauberer hat sie gezwungen, sie zu begleiten, richtig? Sie ist ihm nicht aus freien Stücken gefolgt, sondern weil sie keine Wahl hatte. Ich verstehe …«
Obwohl seine Worte vor Sarkasmus trieften und Corwyn nur zu klar war, was sie bewirken sollten, konnte er sich ihrer Wirkung nicht entziehen. Wäre es tatsächlich so gewesen, wie Ruuhl sagte, wäre alles einfacher gewesen.
Corwyn war nicht geübt in Ränkeschmieden. Er war ein Mann, der lieber handelte als nachdachte und der es gewohnt war, offen auszusprechen, was in seinem Kopf vorging. Wenn es um Strategien ging oder um ausgefeilte Pläne, war Alannah ihm um einiges überlegen.
Es hatte eine Zeit gegeben, da hatte er dies an ihr bewundert. Doch inzwischen hatte er den Eindruck, dass sie genau diese Fähigkeiten gegen ihn ausspielte …
»Du bist so einfach zu durchschauen, Menschenkönig«, sagte Dun'ras Ruuhl. »Deine Enttäuschung und dein verletzter Stolz sind dir anzusehen. Immerzu fragst du dich: Wie hat sie mir das nur antun können? Wie konnte sie mich nur so enttäuschen? Und ich will dir etwas verraten, Menschenkönig: Deine Sorgen sind durchaus berechtigt.«
Es gelang Corwyn nicht, sein Erschrecken ganz zu verbergen, worauf Ruuhl abermals lachte. »Du kennst Alannah nicht so gut, wie ich sie kenne. Und du weißt nichts von ihrem Vorleben.«
»Welches Vorleben?«, fragte Corwyn mit belegter Stimme. »Verrate mir endlich, was du weißt!«
»Als dein Gefangener?« Ruuhl richtete sich halb auf, sodass die Ketten um seine Hand- und Fußgelenke klirrten. »Niemals, falscher König! Wenn ich dir helfen und dein Heer zu den Fernen Gestaden führen soll, dann nur als dein Verbündeter.«
Er brachte es fertig, trotz der schweren Ketten seine Hand auszustrecken und sie Corwyn hinzuhalten. Der starrte auf die knochige graue Rechte und war sichtlich hin- und hergerissen.
Was sollte er tun? Den Grundsätzen treu bleiben, denen er sich als König von Tirgas Lan verpflichtet hatte? Das hieße, das Angebot des Feindes auszuschlagen und somit vielleicht zum zweiten Mal in seinem Leben eine große Liebe zu verlieren. Erneut in den Abgrund aus Verzweiflung und Selbsthass zu stürzen, aus dem er diesmal wohl nicht mehr entkommen würde. Oder sollte er eine Allianz eingehen, die zwar seinen Prinzipien zuwiderlief, ihm jedoch Alannah zurückbringen konnte?
Die Verlockung war groß. Zu groß für einen Mann wie Corwyn. Er redete sich ein, dass er immer noch König wäre und die Macht in Händen hielte. Dass das Bündnis mit Dun'ras Ruuhl ja schließlich nicht von langer Dauer sein würde und er es jederzeit beenden konnte. Und dass er, selbst wenn er sich Ruuhls Forderung zum Schein beugte, noch immer Herr seiner Entscheidungen war.
Doch im Grunde wusste Corwyn, dass er mit all diesen Argumenten in Wahrheit nur sein Gewissen beruhigen wollte. Denn der Pakt, den er zu schließen im Begriff war, war kein gewöhnliches Bündnis.
Es war ein Bündnis mit dem Bösen …
Aber er hatte bereits einen Gefangenen zu Tode foltern lassen. Folgte er also nicht längst dem Pfad der Dunkelheit?
»Also gut, wie du willst«, erklärte er mit fester Stimme, trat vor und ergriff die knochige Rechte. »Wir sind also Verbündete. Aber ich
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