Die Orks 03 - Das Gesetz der Orks
mich.«
»Aye, Käpt'n«, bestätigte der Anführer des Trupps, der die Orks aus ihrem Gefängnis geholt hatte. Er wollte seinen Männern soeben den Befehl geben, die Gefangenen abzuführen – als Rammar in wüstes Gebrüll verfiel.
Jäh war ihm aufgegangen, dass nicht etwa sein Bruder, sondern er selbst es war, der sie gefährlich nahe an den Rand von Kuruls Grube gebracht hatte, und ihm war klar geworden, dass es nur einen Weg gab, zumindest noch ein wenig länger am Leben zu bleiben – indem er den wilden Ork spielte!
Mit den Augen rollend und die Zähne fletschend, hieb er wütend um sich und trieb seine Bewacher zurück, sowohl zu Balboks als auch zu Kapitän Cassaros heller Freude.
»Sieh an«, rief das Oberhaupt der Piraten von seinem hohen Sitz herab, »wie es aussieht, habe ich euch wohl unterschätzt!«
»Das hast du«, bestätigte Rammar beflissen, »und wenn du nicht dort oben sitzen würdest, hätte ich dir schon längst die Nase aus dem Gesicht gebissen, Mensch!«
Die Wächter zuckten zusammen, ebenso wie die Piraten, die rings auf den Rängen kauerten und die Geschehnisse schweigend verfolgten. Aller Blicke richteten sich nervös auf ihr Oberhaupt, und Rammar fragte sich schon, ob er vielleicht ein wenig zu weit gegangen war und zu dick aufgetragen hatte. Aber plötzlich zog sich Cassaros Mund in die Breite, und zu aller Verblüffung verfiel der Piratenhäuptling in schallendes Gelächter.
»Sollen wir sie jetzt den Haien vorwerfen, Käpt'n?«, erkundigte sich der Anführer des Wachtrupps.
»Um nichts in der Welt«, wehrte Cassaro ab, den Rammars Wutausbruch glänzend zu amüsieren schien. »Hast du vielleicht noch mehr Drohungen parat, Ork?«
»Aber ja«, versicherte Rammar schnaubend. »Wie würde es dir gefallen, dein Gesicht in deinem asar wiederzufinden? Oder soll ich dir lieber ein paar hübsche Knoten in deine Beine machen? Einen shnorshor wie dich rauche ich in der poibh. Gib mir nur einen saparak, und ich werde dir eine neue Visage schnitzen, so wahr ich Rammar der schrecklich Rasende bin!«
»Und ich bin Balbok«, fügte sein Bruder nicht weniger grimmig hinzu, während er furchterregend mit den Augen rollte, »der ungemein Brutale, Bezwinger von Graishak und Stammvater der Amazonen, Held von Kal Anar und …«
»Schon gut, es reicht«, raunte Rammar ihm zu und versetzte ihm einen harten Rippenstoß. »Bist du ein Zwerg, dass du ihm gleich deine ganze Saga erzählen musst?«
»Douk, ich dachte nur …«
Balbok unterbrach sich, weil Kapitän Cassaro erneut in schallendes Gelächter verfiel und sich wiederum trefflich zu amüsieren schien – auf Kosten der Orks, wie Rammar verunsichert feststellte.
»Was ist so komisch?«, erkundigte er sich.
»Ihr«, antwortete Cassaro rundheraus. »In all den Jahren habe ich nach einem Unhold gesucht, wie er in der Überlieferung beschrieben wird: grün, grässlich und grausam. Aber alles, was ich fand, waren verweichlichte Memmen.«
»Ich weiß«, sagte Rammar und machte eine wegwerfende Handbewegung, während er seine alten Feindbilder bemühte. »Ochgurash'hai sind das. Einer wie der andere.«
»Aber ihr seid anders«, stellte Cassaro fest. »Verkommen und niederträchtig, so wie Orks unserer Überlieferung nach sein sollten.«
»Das will ich meinen«, versicherte Balbok und warf sich stolz in die Brust, hocherfreut darüber, dass der Mensch die Vorzüge eines Orks aus echtem Tod und Horn zu schätzen wusste. »Auf der ganzen Insel werdet Ihr keine verkommeneren und niederträchtigeren Kreaturen finden als uns.«
»Ausgezeichnet.« Cassaro rieb sich die beringten Hände. »Und wer von euch beiden ist nun der bösere Ork?«
»Das bin ich!«, verkündete Rammar. »Ohne jeden Zweifel!«
»Woher willst du das wissen?«, fragte Balbok.
»Ich weiß es einfach, korr?«
»Douk.« Der Hagere schüttelte den Kopf. »Ich bin mindestens ebenso böse wie du.«
»Lächerlich.«
»Ach ja?« Balbok warf sich in die Brust. »Immerhin fresse ich Menschenfleisch – im Gegensatz zu einem gewissen anderen Ork!«
»Na warte!« Rammars Schweinsäuglein verengten sich zu Schlitzen, was selten ein gutes Zeichen war. Vorhin mochten ihn die Ketten daran gehindert haben, seinem Bruder das große Maul zu stopfen – nun hatte er (zumindest vergleichsweise) freie Klaue. Einen Augenblick lang überlegte er, wie er es Balbok heimzahlen könnte. Dann hob er den rechten Fuß und stampfte auf dessen rechten Zeh.
Ein Stöhnen entrang sich Balboks Kehle,
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