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Die Orks 03 - Das Gesetz der Orks

Titel: Die Orks 03 - Das Gesetz der Orks Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Peinkofer
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dem anderen Mann gegenüber, dem ihre Zuneigung galt.
    Corwyn.
    Wie der König von Tirgas Lan an diesen Ort gekommen war und welchem günstigen Schicksal sie es zu verdanken hatte, dass sie einander ausgerechnet hier begegneten, wo sie schon befürchtet hatte, ihn niemals wiederzusehen, das wusste sie nicht, und im Grunde war es ihr auch gleichgültig. Zu widersprüchlich und verwirrend war das, was sie empfand, in diesem Augenblick, da sich der Kreis schloss.
    Eintausend Jahre lagen zwischen jenen Tagen, da sie einen jungen Mann mit Namen Granock kennen- und lieben gelernt hatte, und den dramatischen Ereignissen, die zur Befreiung Tirgas Lans und zur Errichtung des neuen Königreichs geführt hatten. Die Gefühle jedoch, die Alannah für die beiden Männer hegte, ähnelten sich sehr. Vielleicht deshalb, weil auch die beiden einander ähnlich waren …
    Obgleich sie vor Freude über das unverhoffte Wiedersehen fast vergehen wollte, sprang sie nicht auf, um ihren Gemahl zu begrüßen, den sie gedemütigt und gekränkt im Palast von Tirgas Lan zurückgelassen hatte. Noch immer lag Lhurians blutiges Haupt auf ihren Schoß gebettet, und sie wollte die wenigen Augenblicke, die ihm noch auf Erden blieben, nicht von seiner Seite weichen. Zumindest das war sie ihm schuldig.
    Es war schwer zu deuten, was in Corwyn vor sich ging, denn die Miene des Königs war unbewegt. Sowohl ihm als auch seinen Leibwächtern war anzusehen, dass ein harter Kampf hinter ihnen lag. Viele waren verwundet, ihre Harnische und Kettenhemden beschädigt, die Waffenröcke zerfetzt. Auch einige Piraten befanden sich unter ihnen, deren Anführer, ein bleicher Fleischberg mit kahlem Schädel, die golden blitzenden Zähne bleckte.
    Mit ihren blanken, blutbesudelten Klingen drängten die Männer die verbliebenen Dunkelelfen in eine Ecke. Diese jedoch leisteten keinerlei Widerstand. Der Bann, der die Bewohner Crysalions zu Schatten ihrer selbst gemacht hatte, war gebrochen. Die Bosheit war aus ihren Mienen verschwunden, das mordlüsterne Flackern in ihren Augen erloschen, und sie wirkten benommen und orientierungslos, so als wären sie aus tiefem Schlaf erwacht und wüssten weder, wo sie sich befanden, noch was geschehen war. Corwyns Leibwächter mussten die Piraten davon abhalten, die Wehrlosen zu massakrieren, dann gingen sie daran, die Elfen zu entwaffnen, während sich der König in der Turmkammer umsah.
    Er gewahrte sowohl die Überreste des Annun als auch die Rothgan-Margoks, und natürlich entdeckte er auch die beiden Orks. Wenn er über Rammars und Balboks Anwesenheit verwundert war, so zeigte er es jedoch nicht, sondern trat zu seiner Gemahlin, die ihre Aufmerksamkeit wieder dem alten Zauberer zugewandt hatte.
    »Ich hatte es … dir gesagt«, hauchte Lhurian.
    »Wovon sprichst du?«, fragte Alannah.
    »Dass er überleben würde …« Der alte Zauberer grinste. »Kerle wie er finden immer einen Weg.«
    Sie zwang sich ebenfalls zu einem Lächeln. »So wie du, richtig?«
    »Früher«, räumte er ein. »Heute nicht mehr … Meine Reise … ist hier zu Ende …«
    »Nein«, widersprach sie, jeder Vernunft zum Trotz. »Das darfst du nicht sagen.«
    »Ich bin der Letzte des Ordens«, keuchte er, »ein Relikt aus … vergangener Zeit …«
    »Das ist nicht wahr!«
    »Rothgan war einst … mein Freund … und als er starb … starb auch ein Teil von mir … zu lange gelebt … zu viel gesehen … sehne mich danach, mich auszuruhen.«
    Alannah hatte es aufgegeben zu widersprechen. Das Leben des alten Zauberers zerrann wie Wasser zwischen ihren Fingern, und es war offenkundig, dass die Zeit seines Erdendaseins zu Ende ging. Sie begnügte sich damit, sein Gesicht in den Händen zu halten.
    »Nur … noch einmal«, bat er.
    »Was meinst du?«
    Sein Blick, der bereits flackerte, fokussierte sich mühsam und schaute zu ihr auf. »Nur noch ein einziges Mal«, flüsterte er, »möchte ich das Licht der Sonne auf meinem Gesicht spüren. Nur noch einmal das Leben kosten …«
    Alannah zögerte. Fragend sah sie zu Corwyn hinüber, und zu ihrer Überraschung nickte der König von Tirgas Lan, aus dessen Zügen alle Bitterkeit und aller Zorn gewichen waren.
    Daraufhin schloss sie die Augen und beugte sich hinab, und als ihre Lippen die Lhurians berührten, war es in ihrer Vorstellung nicht der alte Greis, den sie küsste, sondern der junge Mann, nicht kalt und dem Tode nah, sondern voller Wärme, bebend nicht vor Schwäche, sondern vor

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