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Die Orks 03 - Das Gesetz der Orks

Titel: Die Orks 03 - Das Gesetz der Orks Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Peinkofer
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Verlangen.
    Erinnerungen, die tausend Jahre alt waren, fluteten durch ihr Bewusstsein, riefen ihr Augenblicke und Begebenheiten ins Gedächtnis, die ihr zugleich fremd und vertraut waren. Und für einen kurzen Moment hatte sie wieder das Gefühl, Thynia zu sein, eine Novizin wider Willen, die gezwungen war, zwischen zwei Männern zu wählen, und es doch nicht konnte …
    Die Erinnerungen verflogen, ebenso wie die Wärme auf Lhurians Lippen. Als sie sich wieder voneinander lösten, war der alte Zauberer wieder um Jahre gealtert.
    »Ich … danke dir«, flüsterte er und versuchte ein Lächeln, das ihm jedoch nicht mehr gelingen wollte. »Nun geh«, forderte er sie auf. »Ich habe getan, was ich tun musste. Werde du glücklich mit ihm. Du hast es verdient, Thynia. Du hast es …«
    Es blieb ihm versagt, den Satz zu Ende zu sprechen.
    Noch einmal bäumte sich der geschundene Körper des Zauberers auf, dann entkrampfte er sich, und Lhurians Haupt, das Alannah die ganze Zeit über in ihren Händen gehalten hatte, fiel zur Seite.
    »Leb wohl, Geliebter«, flüsterte die Elfin fast unhörbar und sprach ein lautloses Gebet. Lhurian – oder Granock, wie er ursprünglich geheißen hatte – war ein Mensch gewesen. Dennoch empfahl sie ihn ihren Ahnen mit der Bitte, sich seiner unsterblichen Seele anzunehmen und ihn dorthin zu geleiten, wo immerwährender Friede und Freude herrschten.
    Wo immer das sein mochte …
    »Er war ein großer Mann«, bemerkte plötzlich jemand neben ihr, und zu ihrer Verblüffung erkannte sie Corwyns Stimme.
    »Ich weiß«, sagte sie nur und nickte in stiller Trauer, während sie Lhurian die Augen schloss, ihn auf die Stirn küsste und sein lebloses Haupt auf dem Boden bettete.
    »Vielleicht«, fuhr Corwyn vorsichtig fort, »ist es ja längst zu spät dafür – aber ich bitte dich von Herzen, einem sturen alten Kerl zu verzeihen.«
    »Ich habe ihm längst verziehen«, erklärte Alannah.
    »Ich spreche nicht von Granock«, sagte Corwyn und ließ schuldbewusst den Kopf sinken. »Statt dir einfach zu vertrauen, habe ich den wilden Mann gespielt und mich wie ein Narr benommen.«
    Sie hatte den Kopf gewandt und schaute ihn an. »Weshalb hast du nicht in Tirgas Lan auf mich gewartet? Wusstest du nicht, dass ich zu dir zurückkehren würde?«
    »Wie ich schon sagte«, erwiderte er, »ich war ein Narr, blind vor Zorn und Eifersucht. Und ich musste entdecken, wozu die dunkle Seite in mir fähig ist.«
    »Wir alle haben eine dunkle Seite.« Alannah blickte schaudernd dorthin, wo die sterblichen Überreste Rothgans lagen. »Aber wir sind in der Lage, aus unseren Fehlern zu lernen.«
    »Das hoffe ich«, sagte er leise – und streckte zaghaft die Hand nach ihr aus. Die Elfin ergriff sie, und zum ersten Mal nach langer Zeit glaubte Corwyn wieder das Band zu spüren, das zwischen ihnen bestand.
    Er schloss sie in die Arme, und anders als bei ihrem überstürzten Abschied in Tirgas Lan war da kein Widerstand. Trotz allem, was gewesen war, schien Alannahs Liebe zu ihm ungebrochen, und was auch immer in der Vergangenheit gewesen war, sie hatten einander vergeben. Nur die Gegenwart zählte und das, was sie gemeinsam daraus machen würden.
    Die Zukunft …
    »Geliebter«, hauchte sie dankbar, während sie seine Umarmung innig erwiderte, »du bist zur rechten Zeit gekommen – dabei sind seit unserer Abreise aus Tirgas Lan nur wenige Tage vergangen.«
    »Wochen«, berichtigte er.
    »Keineswegs.« Alannah schaute ihn erstaunt an. »Lhurian und ich sind erst vor …« Sie unterbrach sich, als ihr dämmerte, wie dieses Phänomen zu erklären war. »Zeit«, flüsterte sie, »das ist es! Der beschädigte Kristall hat nicht nur die Ordnung der Natur auf den Kopf gestellt, sondern auch jene der Zeit! Aus diesem Grund konnte Margok trotz seines Zustands die Jahrhunderte überdauern – weil die Zeit an den Fernen Gestaden rascher verstrich als anderswo. Der beschädigte Annun musste dies bewirkt haben, ebenso wie den doppelten Balbok.«
    »Wen?«, fragte Corwyn verständnislos.
    »Nicht wichtig«, meinte sie. »Mich würde vielmehr interessieren, wie es dir gelingen konnte, den geheimen Hort meines Volkes zu finden.«
    »Dun'ras Ruuhl«, sagte der König nur.
    Alannah erschrak. Sie löste sich aus seiner Umarmung und trat einen Schritt zurück. »Ruuhl?«, fragte sie. »Ist er hier?«
    »Nein.« Corwyn schüttelte den Kopf. »Er hat meine Gedanken die längste Zeit vergiftet.«
    »Du – hast ihn getötet?«
    »Und

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