Die Orks - Blutrache - Roman
geführt, dass sie ihre Schmerzen noch deutlicher spürten, als sie sich jetzt wieder in Bewegung setzten. Ihre Glieder waren steif, die Muskeln verkrampft. Doch ihre Häscher behandelten sie deshalb keineswegs behutsamer. Scharfe Hiebe mit ledernen Reitgerten beschleunigten ihre Schritte.
So wurden sie bis zu einer Doppeltür getrieben, hinter der die eigentliche Burg begann. Dort drinnen war es für ihre geblendeten Augen finster, und es war viel kühler, was sie als Gnade empfanden.
Wie in allen Festungen, die im Lauf der Jahre vielfach erweitert und verstärkt worden waren, herrschte auch hier ein Durcheinander von Gängen, Fluren und Treppen, durch die sie geleitet wurden. Sie kamen an Kontrollposten vorbei und mussten warten, bis Türen aufgesperrt wurden. Fenster gab es kaum, dafür umso mehr Schießscharten.
Schließlich erreichten sie einen recht großen Saal. Er war mit Holz vertäfelt und hatte eine hohe Decke, die Vorhänge waren als Schutz gegen die Hitze vorgezogen. Als Lichtspender dienten Öllampen und Kerzen, die Luft war stickig. Hoch droben, wo die Vertäfelung endete und der nackte Stein begann, hatten früher Wappen gehangen. Sie waren erst vor Kurzem abgenommen und zerstört worden, dahinter kam heller Granit zum Vorschein.
Im Saal wachten livrierte Leibwächter, außerdem waren einige Zivilbeamte anwesend.
Abgesehen von einem Eichenthron auf einem Podest am anderen Ende war der Raum unmöbliert. Auch der Thron war beschädigt; irgendjemand hatte die Herrschaftszeichen auf der hohen Lehne zerhackt. Die Gefangen mussten vor dem Thron Aufstellung nehmen.
Einige Minuten vergingen in eisigem Schweigen. Sie wechselten einen Blick.
Hinter dem Thron befand sich eine raffiniert versteckte Tür, die mit der Vertäfelung verschmolz. Sie öffnete sich, und jemand trat ein.
Herrscher gibt es in vielen Gewändern. Diejenigen, die ihr Amt erben, sind häufig ohne Anmaßung. Diejenigen, die es ergreifen, treten nicht selten wie brutale Krieger auf. Kantor Hammrik kam daher wie ein Schreiber. Das passte gut zu ihm, da er das Königreich praktisch gekauft hatte. Gekauft in dem Sinne, dass er den blutigen Umsturz und den Königsmord an seinem Vorgänger finanziert hatte.
Hammrik ähnelte einem Federfuchser, weil er das in gewisser Weise auch war. Schon früh im Verlauf seiner verbrecherischen Karriere hatte er die Gleichung zwischen Geld und Macht gelöst. Er hatte seine Lektion gelernt und an der Stelle verinnerlicht, wo man sonst sein Herz hätte vermuten können. Ebenso klug wie skrupellos hatte er sich darauf verlegt, seine unrechtmäßig erworbenen Reichtümer zu benutzen, bis ihn eine Woge aus dem Blut anderer Menschen, von ihm bestellt und bezahlt, nach oben gespült hatte.
Seiner Statur nach hätte man eher vermutet, dass er vor jedem Kampf floh, statt sich darauf einzulassen. Er war eher schmächtig gebaut, und der einzige gut ausgebildete Körperteil war sein Kopf. Auf den Haarverlust hatte er reagiert, indem er sich den Schädel vollständig rasiert hatte, was seine eckigen Gesichtszüge noch hervorhob. Das grobknochige, bartlose Gesicht wurde von scharfen grauen Augen beherrscht. Aber wehe dem, der in ihm tatsächlich nur einen Buchhalter sah.
Als Hammrik hereinkam, wurden die Gefangenen auf die Knie gezwungen. Alle Anwesenden verneigten sich.
»Ah, Micalor Standeven«, sagte der Usurpator, als er sich auf dem gestohlenen Thron niederließ. »Ich dachte
schon, ich könnte mich nie wieder Eurer Gesellschaft erfreuen. «
Der ältere Gefangene schaute auf. »Bin ebenfalls sehr erfreut, Euch zu sehen, Kantor.« Er versuchte es mit lässiger Freundlichkeit.
Hammrik sah ihn hart und drohend an.
»Wollte sagen«, berichtigte Standeven sich hastig, »seid gegrüßt, mein Lehnsherr. Darf ich die Gelegenheit ergreifen, Euch meine Glückwünsche auszusprechen, da Ihr nun auf diesem hohen …«
Hammrik brachte ihn mit einer Geste zum Schweigen. »Lasst uns die Artigkeiten als erledigt betrachten, ja?« Sein Blick fiel auf Standevens Begleiter. »Wie ich sehe, habt Ihr wie üblich Euren Schoßhund mitgebracht.«
»Ja, Herr. Er ist …«
»Er kann für sich selbst sprechen. Wie ist dein Name?«
»Pepperdyne, hoher Herr«, erwiderte der jüngere Gefangene. »Jode Pepperdyne.«
»Du bist sein Leibeigener?«
Pepperdyne nickte.
»Dann bist auch du haftbar.«
»Falls es ein Missverständnis ist, das sich um Geld dreht«, erklärte Standeven, als sei es ihm gerade erst eingefallen, »dann bin ich
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