Die Päpste: Herrscher über den Glauben - von Petrus bis Franziskus - Ein SPIEGEL-Buch (German Edition)
Kaiser, dass ein Konzil für Clemens VII . wie ein Abführmittel sei – er werde alles daran setzen, es nur ja nicht trinken zu müssen, aus Angst, es könne seine Macht schmälern.
Geradezu jämmerlich präsentierten sich die Päpste in den Religionskriegen zwischen protestantischen und katholischen Mächten seit dem späten 16. Jahrhundert: Die Kurie unterstützte hier und da die katholische Seite mit Geld, hielt sich politisch jedoch weitgehend heraus und weigerte sich, mit Protestanten auch nur zu verhandeln.
Sogar den Westfälischen Frieden von 1648, in dem Europa nach dem Dreißigjährigen Krieg neu geordnet und ein Nebeneinander von Protestanten und Katholiken etabliert wurde, lehnte Papst Innozenz X. rundweg ab. Damit manövrierte Rom sich selbst ins politische Abseits: »Die politische Weltgeltung des Papsttums ist zu Ende«, bringt es der Geschichtswissenschaftler Burkhard Roberg auf den Punkt.
Die Gläubigen, die Ostern 1650 aus Anlass des »Heiligen Jahres« nach Rom pilgerten, merkten davon nichts. Innozenz X. überwältigte sie mit einem pompösen Barockspektakel: Tausende von Kerzen und Lampen verwandelten das Pantheon – nun die Kirche Santa Maria ad Martyres – in ein Lichtermeer. Vor den Augen katholischer Fürsten aus ganz Europa zog dann am Ostermorgen die spanische Auferstehungsbruderschaft über die Piazza Navona, Chöre stimmten Jubelgesänge an, Feuerwerk malte Figuren an den Himmel. Unmissverständlich die Botschaft: Dies ist nicht das sündige Babylon, dies ist die glänzende Ewige Stadt, der Mittelpunkt der Christenheit.
Der Kurie war allmählich bewusst geworden, dass Reformen im Inneren der Kirche dringend nottaten. Deshalb hatte Papst Paul III. nach langem Zögern 1545 doch ein Konzil nach Trient einberufen. Zum ersten Mal definierten die Kirchenoberen dort die Unterschiede zum protestantischen Bekenntnis. Sie vereinheitlichten die Messbücher, überarbeiteten das kirchliche Recht und beschlossen eine verbindliche lateinische Bibelausgabe.
Nicht nur gegenüber den Bischöfen straffte der Papst sein Regiment: Die hatten künftig regelmäßig persönlich in Rom zu erscheinen und waren zudem gehalten, an ihrem Dienstsitz zu leben. Auch in der Kurie stärkte der Papst seinen Einfluss: Er verteilte die nun maximal 70 Kardinäle auf 15 dem Pontifex unterstellte Kongregationen und machte sie zu einer Art Hofbeamten.
Bald herrschte auch im Vatikan ein absolutistisches Regiment. Die Konzilsbewegung, die die Entwicklung der Kirche auf eine breite Basis stellen wollte, war nach Trient so gut wie tot.
Die erwünschte Wirkung hatte das Konzil ja gebracht: Rom gewann Ende des 16. Jahrhunderts in den katholischen Ländern wieder deutlich an Ansehen. Die Päpste bemühten sich um sittliche Disziplin, um dem Vorwurf der Protestanten zu begegnen, die Kurie sei ein liederlicher, verwahrloster Haufen. Aufwind brachten zudem Missionserfolge unter der 1622 etablierten »Congreatio de Propaganda Fide« in Amerika, Afrika, in China oder auf dem indischen Subkontinent, wo neue Kirchenprovinzen die Abkehr großer Teile Europas von Rom wettmachen konnten.
Eine wichtige Stütze waren die Jesuiten. Die Schulen und Universitäten des 1534 gegründeten Ordens, der sich dem Papst zu strengstem Gehorsam verpflichtet hatte, halfen, die neuen reformkatholischen Prinzipien durchzusetzen. Welche Bedeutung die Päpste der militärisch straff organisierten »Gesellschaft Jesu« beimaßen, zeigt ein Standbild ihres Gründers Ignatius von Loyola im Petersdom: Er tritt den Teufel in Gestalt Martin Luthers zu Boden.
Auch die Reformpäpste konnten die Laster der Renaissance-Zeit nicht ausrotten. Zwischen 1500 und 1800 waren fast 70 Prozent der Kardinäle mit einem Papst verwandt; Nepotismus, die Begünstigung von Neffen und anderen Familienangehörigen, spielte in der Kurie weiterhin eine zentrale Rolle. Der Ämterkauf für hohe Posten in der päpstlichen Verwaltung war bis 1694 ebenfalls üblich.
Keiner der Päpste im 17. Jahrhundert hatte ein Priesterseminar besucht oder Theologie studiert. Die meisten waren Juristen, denen Nachruhm ebenso wichtig war wie die Herrschaft über die Kirche. Symptomatisch dafür ließ Paul V. 1612 über dem Eingang der Peterskirche das Wappen seiner Familie einmeißeln, Alexander VII . schmückte 50 Jahre später die Kolonnaden rund um den Petersplatz gleich mehrfach mit seinem Familienzeichen.
Doch die Bauwut der Heiligen Väter machte Rom auch zu einer beeindruckenden Metropole, die
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