Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die Päpstin

Titel: Die Päpstin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
Vom Netzwerk:
weniger Minuten wurde deutlich, daß die Kräfte in der Schlacht hoffnungslos ungleich verteilt
     waren. Die sarazenische Kavallerie ritt rücksichtslos über die vorderen Linien der römischen Fußsoldaten hinweg, und die Angreifer
     hieben und stachen mit ihren Krummsäbeln auf die Gegner ein.
    Die römischen Milizionäre in den hinteren Reihen des Heeres sahen nichts von dem Gemetzel, das sich vorn abspielte. Noch immer
     siegessicher drängten sie sich gegenseitig voran, voller Kampfeslust und Ungeduld. Reihe um Reihe der römischen Miliz wurde
     nach vorn getrieben und fiel unter den Schwertern der Sarazenen. Bald türmten sich die Leichen der gefallenen Römer und bildeten
     eine tückische Stolperfalle für die Nachrückenden.
    Es war ein Massaker. Geschlagen und von Entsetzen gepackt, wich die Miliz bald darauf in wirrer Unordnung zurück. »Lauft!«
     riefen die Soldaten, als ihr zersprengtes Heer über das Feld getrieben wurde wie Spreu im Wind. »Lauft um euer Leben!«
    Die Sarazenen machten sich gar nicht erst die Mühe, den Feind zu verfolgen, denn ihr Sieg hatte ihnen einen viel kostbareren
     Preis eingebracht: die ungeschützte Peterskirche. Wie ein dunkler Schwarm schlossen sie einen Ring um das Gotteshaus. Sie
     stiegen nicht aus den Sätteln, sondern trieben ihre Pferde geradewegs die Stufen der Treppe hinauf und fuhren wie ein Keil
     durch die Türen ins Innere des Domes.
    Atemlos beobachteten die Römer von den Mauern aus das Geschehen. Eine Minute verging. Dann noch eine. Kein Donnerschlag ließ
     die Erde erbeben, kein Meer aus Flammen ergoß sich vom Himmel. Statt dessen drangen die unverkennbaren Geräusche von splitterndem
     Holz und dröhnendem Metall aus dem Innern des Domes. Die Sarazenen plünderten den Altar.
    »Das kann nicht sein«, flüsterte Sergius. »Das kann nicht sein.«
    Eine Gruppe Sarazenen kam aus dem Dom zum Vorschein. Sie reckten das goldene Kreuz des Konstantin in die Höhe. |425| Menschen hatten ihr Leben gelassen, hieß es, nur um dieses Kreuz berühren zu dürfen. Doch nun warfen die Sarazenen es sich
     übermütig einander zu und lachten, als sie es in einer obszönen, abscheulichen Parodie zwischen ihren Beinen auf und ab bewegten.
    Mit dumpfem Stöhnen sank Sergius auf die Knie und ließ das kleine Kruzifix fallen.
    »Heiligkeit!« Johanna eilte zu ihm.
    Er verzog vor Schmerz das Gesicht und drückte sich eine Hand auf die Brust.
    »Bringt ihn von hier fort«, befahl Johanna. Arighis und mehrere Wächter kamen herbei und hoben Sergius auf, hielten ihn in
     den Armen wie ein Kind und trugen ihn die Mauer hinunter ins nächste Haus, wo sie ihn auf ein Lager aus dickem Stroh betteten.
    Sergius atmete schwer und unregelmäßig. Johanna gab ihm ein Mittel, das ihm zu helfen schien, denn in sein blasses Gesicht
     kehrte ein wenig Farbe zurück, und sein Atem ging leichter.
    »Sie sind an den Toren!« schrien draußen Stimmen. »Herrgott, hilf uns! Sie sind an den Toren!«
    Sergius versuchte, sich vom Lager zu erheben.
    Johanna drückte ihn sanft zurück. »Ihr dürft Euch nicht bewegen.«
    Seine Bemühungen hatten Sergius Kraft gekostet; fest preßte er die Lippen zusammen. »Sprich du an meiner Stelle«, bat er.
     »Wende ihre Herzen und Gedanken dem Herrgott zu … hilf ihnen … bereite sie darauf vor, daß …« Sein Mund bewegte sich qualvoll,
     doch er brachte keinen Laut mehr hervor.
    »Ja, ja«, versprach Johanna, denn es war offensichtlich, daß Sergius nur durch eine Zustimmung zu beruhigen war. »Ich werde
     tun, was Ihr sagt. Aber jetzt müßt Ihr ruhen.«
    Er nickte und legte sich zurück. Seine Lider flatterten und schlossen sich, als Johannas Mittel seine Wirkung entfaltete.
     Sie konnte jetzt nichts mehr für ihn tun; sie mußte auf die heilsame Wirkung des Schlafs und ihrer Arznei hoffen.
    Johanna ließ Sergius bei dem besorgten Arighis zurück und trat hinaus auf die Straße.
    Ein berstendes Geräusch, laut wie ein Donnerschlag, ertönte ganz in der Nähe und ließ Johanna vor Angst zusammenzucken.
    |426| »Was ist geschehen?« fragte sie einen Trupp Gardesoldaten, der ins Stadtinnere flüchtete.
    »Diese heidnischen Hunde beschießen das Tor!« rief einer der Männer ihr über die Schulter zu.
    Johanna kehrte zum Platz zurück. Todesfurcht hatte die Menge in Panik versetzt. Männer schlugen sich klagend an die Brust
     oder rauften sich das Haar; Frauen kreischten hysterisch und rissen sich mit den Fingernägeln die Wangen auf, bis das Blut
     strömte.

Weitere Kostenlose Bücher