Die Päpstin
unterstreichen. »Ich
kann nicht fort, denn Eure Frau braucht mich. Euren ältesten Sohn können wir auch nicht schicken. Er scheint zwar ein kräftiger
Bursche zu sein, aber bei einem solchen Wetter könnte er sich verirren, und dann wär’s aus mit ihm. Ich hätte mich beinahe
selbst verlaufen.«
Unter seinen dunklen, buschigen Brauen hervor starrte der Dorfpriester Hrotrud düster an. »Also gut«, sagte er. »Dann gehe
ich selbst.« Als er sich aus dem Stuhl erhob, schüttelte Hrotrud ungeduldig den Kopf.
|13| »Das nützt nichts. Bis Ihr zurück seid, ist es zu spät. Wenn Ihr wollt, daß Eure Frau und das Kind überleben, brauche ich
Eure
Hilfe, und zwar rasch.«
»
Meine
Hilfe? Hast du den Verstand verloren, Weib? Das«, er wies mit allen Anzeichen von Abscheu auf das Bett, »ist Sache der Frauen.
Schlecht und unrein. Ich habe nichts damit zu tun.«
»Dann wird Eure Frau sterben.«
»Das liegt in Gottes Hand, nicht in der meinen.«
Hrotrud zuckte die Achseln. »Mir soll’s egal sein. Aber Ihr werdet Schwierigkeiten haben, zwei Kinder ohne Mutter großzuziehen.«
Der Dorfpriester starrte Hrotrud an. »Warum sollte ich dir glauben? Die beiden Jungen hat sie auch zur Welt gebracht, ohne
daß es Komplikationen gab. Meine Gebete haben ihr Kraft gegeben. Du kannst gar nicht wissen, ob die Gefahr besteht, daß sie
stirbt.«
Das war zuviel. Priester oder nicht – daß der Mann ihre Fähigkeiten als Hebamme in Frage stellte, konnte sie nicht hinnehmen.
»
Ihr
wißt gar nichts«, sagte sie mit scharfer Stimme. »Ihr habt sie Euch ja nicht einmal angesehen. Geht und schaut sie Euch jetzt
an, und dann sagt mir, ob sie sterben wird oder nicht.«
Der Dorfpriester ging zur Liegestatt und blickte auf seine Frau hinunter. Ihr schweißnasses Haar klebte auf der Haut, die
eine gelblichweiße Farbe angenommen hatte. Um die stumpfen, tief eingesunkenen Augen lagen dunkle Ringe. Wäre nicht ihr schwaches,
unregelmäßiges Atmen gewesen, hätte man Gudrun für tot halten können.
»Nun?« fragte Hrotrud mit drängender Stimme.
Der Dorfpriester fuhr zu ihr herum. »Um Himmels willen, Weib! Warum hast du die anderen Frauen nicht sofort mit hierhergebracht?«
»Wie Ihr selbst gesagt habt, Herr, hat Eure Frau die beiden Söhne ohne die geringsten Schwierigkeiten geboren. Ich hatte keinen
Grund, diesmal damit zu rechnen. Außerdem – wer wäre bei einem solchen Wetter schon bis hierher gekommen?«
Der Dorfpriester ging zur Feuerstelle und schritt vor den flackernden Flammen nervös auf und ab. Schließlich blieb er stehen.
»Was soll ich tun?«
|14| Hrotrud lächelte breit. »Oh, nur sehr wenig, Herr, nur sehr wenig.« Sie führte ihn wieder zur Liegestatt. »Zuerst einmal helft
mir, sie hochzuheben.«
Sie nahmen Gudrun in die Mitte, packten sie unter den Armen und zogen sie hoch. Gudruns Körper war schwer und gedunsen, doch
gemeinsam schafften es Hrotrud und der Dorfpriester, sie auf die Beine zu stellen. Schwankend taumelte Gudrun gegen ihren
Mann. Der Dorfpriester war kräftiger, als Hrotrud geglaubt hatte. Das war gut so, denn gleich würde sie alle seine Kräfte
brauchen.
»Wir müssen das Ungeborene in die richtige Lage bringen. Wenn ich die Anweisung gebe, dann hebt sie hoch, so hoch Ihr nur
könnt. Und schüttelt sie ganz fest.«
Der Dorfpriester nickte; Entschlossenheit kerbte seine Mundwinkel. Gudrun hing wie ein totes Gewicht zwischen ihm und Hrotrud;
der Kopf war ihr auf die Brust gesunken.
»Eins, zwei –
hoch!
« rief Hrotrud. Sie zerrten Gudrun an den Armen in die Höhe und schüttelten sie auf und nieder. Die Ärmste kreischte und versuchte,
sich aus dem Griff zu befreien. Schmerz und Angst verliehen ihr ungeahnte Kräfte; Hrotrud und ihr Helfer mußten sich sehr
mühen, Gudrun zu bändigen.
Hätte er mir doch bloß erlaubt, ihr das Bilsenkraut zu geben!
dachte Hrotrud.
Dann würde sie inzwischen so gut wie nichts mehr spüren.
Rasch ließen sie Gudrun herunter, doch sie wehrte sie weiterhin und schrie pausenlos. Hrotrud erteilte dem Dorfpriester einen
zweiten Befehl, und wieder packten sie Gudrun, hoben sie hoch und schüttelten sie auf und ab; dann legten sie die Frau auf
die Liegestatt. Halb bewußtlos lag sie da und murmelte in ihrer Barbaren-Muttersprache unverständliche Dinge.
Gut
, dachte Hrotrud.
Wenn ich schnell mache, ist alles vorüber, bevor sie wieder richtig bei Sinnen ist.
Hrotrud schob die Hand in Gudruns Unterleib und suchte mit
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