Die Palm-Beach-Verschwoerung
weiß ich schon, Pop.«
Er schloss die Augen. »Die Sache sollte mit links über die Bühne gehen, Ned. Niemand sollte zu Schaden kommen. Glaubst du, ich hätte Mickey auf irgendwas angesetzt, das nicht sauber gewesen wäre? Bobby, Dee … mein Gott, Ned, ich kenne ihren Vater seit dreißig Jahren …«
Als er sich mir doch zuwandte, schimmerten Tränen auf seinem hageren Gesicht. Ich hatte meinen Vater nie weinen sehen. Er blickte mich beinahe wütend an. »Hast du etwa auch nur eine Sekunde lang geglaubt, ich hätte zugelassen, dass sie dich kriegen?«
In diesem Moment zerbrach etwas in mir. Tief in meiner Brust. Hier im Regen. Während mein Bruder dort vor uns im Sarg lag. Man könnte es den Hass nennen, der sich in mir aufgestaut hatte. Meine Entschlossenheit, meinen Vater auf eine bestimmte Weise zu sehen. Jetzt spürte ich diesen Druck hinter den Augen, wusste nicht, was ich tun sollte. Ich streckte meine Hand aus und legte sie vorsichtig auf dem Sarg über seine. Die Furcht in seinem Herzen ließ seine Finger zittern. In diesem Moment spürte ich, wie es sein musste, Angst vor dem Sterben zu haben.
»Ich weiß, was ich getan habe«, sagte er und richtete sich auf. »Und ich werde damit leben müssen. Egal, wie lange das noch sein wird. Jedenfalls« - ich bemerkte die Andeutung eines Lächelns - »bin ich froh, dass mit dir alles gut ging, Neddie.«
Meine Stimme schnappte über. »Es ging mit mir nicht alles gut, Pop. Dave ist tot. Ich komme ins Gefängnis. Mein Gott, Dad, wer ist es?«
Er ballte seine Hand zu einer Faust. Langsam stieß er den Atem aus, als würde er gegen einen Schwur ankämpfen, den er schon vor Jahren geleistet hatte. »Ich kenne ihn aus Boston, wo er vor Jahren gelebt hat. Er ist weggezogen. Das hat ihm genützt. Und sie brauchten eine Mannschaft, die nicht aus der Stadt kam.«
»Wer?«
Mein Vater nannte mir den Namen.
Ich hatte das Gefühl, als wäre mein Brustkorb zu eng. Innerhalb von einer Sekunde war mir alles klar.
»Er wollte eine Mannschaft, die nicht aus der Stadt kam«, wiederholte mein Vater. »Und ich hatte doch eine, oder?« Schließlich blickte er mich wieder an. »Es sah alles nach einem einfachen Zahltag aus, Ned. Als würde man nur auf die Bank gehen und eine Million abheben. Geteilte Asse, Ned. Du weißt, was ich meine?«
Er streichelte mit der Hand den glänzenden, vom Regen nassen Sargdeckel. »Dave hätte das auch verstanden.«
Ich trat einen Schritt näher und legte eine Hand auf seine Schulter. »Ja, Pop, ich weiß, was du meinst.«
85
Detective Carl Breen trank seinen Starbucks auf einer Bank mit Blick auf den Jachthafen, der auf der anderen Seite der Brücke abseits des Flagler Drive lag. Ellie drehte sich zu ihm. »Sie müssen mir helfen, Carl.«
Sie beobachteten die schicken weißen Jachten am gegenüberliegenden Ufer, wahre Prachtstücke, die von Crewmitgliedern in weißen Uniformen abgespritzt wurden.
»Warum ich?«, fragte Breen. »Warum gehen Sie nicht zu Lawson? Sie beide scheinen sich doch gut zu verstehen.«
»Er hat tolle Freunde, Carl. Stratton gehört dazu. Deswegen bin ich hier.«
»Slip ist in Ordnung«, erwiderte Breen und lächelte. Er meinte Lawson. »Er ist nur schon so lange hier.«
»Ich bin sicher, dass er okay ist«, bestätigte Ellie. »Aber denen, für die er arbeitet, traue ich nicht.«
Eine Möwe krächzte auf einem Anlegeplatz in der Nähe. Breen schüttelte den Kopf.
»Sie haben sich in den paar Wochen, seit Sie in meinen Tatort reingestolpert sind, gut gemacht. Der meistgesuchte Verdächtige von Amerika purzelt Ihnen in den Schoß. Jetzt beschuldigen Sie einen der wichtigsten Menschen in der Stadt.«
»Das Geschäft mit der Kunst blüht, Carl. Was soll ich sagen? Und ich würde es nicht so ausdrücken, dass er mir in den Schoß gefallen ist. Ich wurde entführt, wissen Sie noch?«
Breen hob seine Hände. »Hey, ich hatte das als Kompliment gemeint. Also, was springt für mich dabei raus?«
»Die größte Festnahme Ihrer Karriere«, antwortete Ellie.
Breen lachte amüsiert, nahm den letzten Schluck von seinem Kaffee und zerknüllte den Becher. »Okay, ich höre …«
»Stratton hat Tess McAuliffe ermorden lassen«, begann Ellie. Ihren Blick hielt sie starr auf Breen gerichtet.
»Ich wusste, dass Sie das sagen«, entgegnete er abfällig.
»Ja? Aber wahrscheinlich wussten Sie nicht, dass Tess McAuliffe nicht ihr richtiger Name war. Sie hieß Marty Miller. Und der Grund, warum Sie nichts über sie finden
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