Die Papiermacherin
winkte Arnulf und Fra Branaguorno herbei und hieß sie mit einer herablassend wirkenden Geste, näher zu kommen.
Petros Makarios sprach nun Latein, das er offenbar ebenso gut beherrschte wie das Griechische. »Ihr seid hier, um einen persönlichen Brief von Kaiser Basileios an Euren Kaiser in Magdeburg entgegenzunehmen«, erklärte er. »Ich gehe davon aus, dass unser kaiserlicher Gast hier zu meiner Rechten« – er deutete auf Johannes Philagathos – »Euch möglicherweise auch das eine oder andere Schriftstück für Kaiser Otto mitgeben wird.«
»Euren Auftrag werde ich mit Gewissenhaftigkeit erfüllen«, versprach Arnulf.
Daraufhin überreichte der Logothet Arnulf ein Dokument in einem versiegelten Umschlag aus Pergament. Es war unmöglich, das Schriftstück zu öffnen, ohne dass sein eigentlicher Adressat dies später bemerken würde – es sei denn, es führte jemand durch, der Zugang zum persönlichen Siegel von Kaiser Basileios hätte.
»Der Landweg ist im Moment für Reisende nicht zu empfehlen«, fuhr Petros Makarios fort, »und wie ich hörte, gibt es auch auf dem Seeweg Schwierigkeiten, falls Ihr gedenkt, über eine Verschiffung nach Venedig nordwärts zu ziehen.«
»Welcher Art sind diese Schwierigkeiten?«
»Ein Händler und Gesandter aus Venedig hat mir erst vor ein paar Tagen von Piratenüberfällen in der Adria berichtet. Die Flotte Venedigs scheint gegen Piratennester in Dalmatien einen regelrechten Krieg zu führen. Der Mann, mit dem ich sprach, heißt Lorenzo D’Antonio – Ihr findet ihn im venezianischen Händlerquartier am Goldenen Horn, falls Ihr Euch über die Lage erkundigen wollt.«
»Lorenzo D’Antonio aus der Familie D’Antonio, die mit den Tiepolos verschwägert ist?«, vergewisserte sich Fra Branaguorno.
»Das mag sein«, nickte Petros Makarios.
»Ich kenne diese Familie sehr gut, vor allem den alten Nicola D’Antonio, dessen Schwiegervater Andrea Tiepolo eine der apostolischen zwölf Familien über Jahre hinweg anführte und der nur deshalb nicht zum Dogen gewählt wurde, weil ihn zuvor der Schlag traf!«
»Ihr scheint gute Verbindungen nach Venedig zu haben«, stellte Petros Makarios fest.
»Wir danken Euch jedenfalls für diesen Hinweis.«
»Noch eines: Die Überbringung dieses Briefs duldet keinen langen Aufschub, so ungünstig die äußeren Umstände auch sein mögen.«
»Selbstverständlich.« Fra Branaguorno bedachte Johannes Philagathos mit einem kurzen Blick und fragte dann an beide gewandt: »Darf ich aus den Begleitumständen dieser Briefübergabe den Schluss ziehen, dass man einer Einigung ein Stück näher gekommen ist, was die Heirat meines Herrn, des Kaisers in Magdeburg, angeht?«
»Es gibt eine Kandidatin, deren Name in dem Brief genannt wird«, ergriff jetzt Johannes Philagathos das Wort. »Aber dieser Name darf noch unter keinen Umständen bekannt werden.«
»Ich verstehe«, gab Fra Branaguorno zurück und verneigte sich tief.
»Ich werde mich ins Quartier der Venezianer begeben, um mit Lorenzo D’Antonio zu sprechen«, kündigte Fra Branaguorno an, nachdem sie den Palast verlassen hatten. »Wer weiß, vielleicht können wir sogar auf seinem Schiff mitfahren, wenn er zurück nach Venedig segelt.«
»Ihr erwähntet, dass Ihr mit der Familie bekannt seid«, sagte Arnulf.
Der Mönch nickte. »Den kleinen Lorenzo sah ich allerdings nur als Säugling, der mit durchdringender Stimme und Blähungen mein Gespräch mit dem alten Nicola unterbrach … Vorausgesetzt, es handelt sich um denselben Lorenzo! Schließlich sterben die Kinder schnell, und die Zahl der christlichen Namen ist klein, sodass man sie immer wieder zu benutzen pflegt … Ich nehme an, Ihr begleitet mich ins Quartier der Venezianer?«
»Ich würde gerne noch etwas anderes erledigen«, erklärte Arnulf.
Fra Branaguorno schaute auf. Ausnahmsweise fiel der Schatten seiner Kapuze nicht über die Augenpartie. Sein Blick wirkte durchdringend.
»Am besten, Ihr nutzt die Gelegenheit, Euch von dieser Papiermacherin ein für allemal zu verabschieden, Arnulf!«
Sie kamen an einer kleinen Kapelle vorbei, die sich zwischen die dicht an dicht stehenden Häuser zwängte. Aus dem Inneren hörten sie Gesänge. Außen neben die Tür hatte jemand mit Blut ein Andreaskreuz gemalt.
»Was bedeutet das?«, fragte Arnulf.
»Fanatische Ikonoklasten«, erklärte Fra Branaguorno. »Die Brut dieser Bilderverächter ist anscheinend nicht auszurotten.«
»Und das Kreuz aus Blut?«
»Schafsblut. Sie
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