Die Papiermacherin
mein in diesen Dingen überaus kundiger Fra Branaguorno wirklich Bescheid … Aber vielleicht interessiert es dich, dass ich Thorkild Eisenbringer wiedergetroffen habe!«
In knappen Worten fasste Arnulf ihr die Geschehnisse im Palast zusammen. Sie berührte ihn am Oberarm. »Ich bin froh, dass dir nichts passiert ist!«
Arnulf verzog das Gesicht. »Diesmal war sein Leben mehr gefährdet als das meine – ich hingegen war nur in der Gefahr, eine Dummheit zu begehen.« Arnulf ballte die Hände zu Fäusten. »Einzig das Himmelreich mag Gerechtigkeit kennen – aber nicht die Welt, wie sie nun mal ist. Gero ist tot, und Fra Branaguorno hat den Überfall nur durch ein Wunder überlebt. Aber außer dem Herrn wird niemand Thorkild dafür zur Rechenschaft ziehen, denn er scheint unantastbar zu sein. Mag der Herr wissen, was er für den Kaiser getan hat, um solche Freiheiten zu genießen.«
»Dann überlasse dem Herrn doch das Gericht und maße es dir nicht selbst an!«, erwiderte Li mit großer Deutlichkeit.
Er sah sie erstaunt an und hob die Augenbrauen.
»Du redest schon wie Fra Branaguorno, obwohl du ansonsten kaum etwas mit ihm gemein hast!«
»Es ist die Sorge um dich, die mich so sprechen lässt, Arnulf. Ich weiß, was Thorkild für ein Mensch ist. Ich war seine Gefangene. Aber du tätest gut daran, dem Eisenbringer aus dem Weg zu gehen.«
»Nichts anderes habe ich vor«, versprach Arnulf.
Sie nahm seine Hand und sah ihn an. »Es wird schwer genug für mich, auszuhalten, dass du nicht mehr in meiner Nähe sein wirst – aber wenn dir etwas geschehen würde, könnte ich das nicht ertragen!«
Liebevoll strich er Li eine Haarsträhne aus dem Gesicht, die sich aus ihrer stets straff gekämmten Frisur herausgestohlen hatte.
»Das geht mir mit dir genauso«, sagte er.
»Steht schon fest, mit welchem Schiff Fra Branaguorno und du Konstantinopel verlassen werdet?«
»Nein. Fra Branaguorno spricht im Quartier der Venezianer mit einem Händler namens Lorenzo D’Antonio, der uns vielleicht mitnimmt. Fra Branaguorno scheint in der Lagunenstadt einige Verbindungen zu haben. Aber wo hat er die nicht?«
»Und von Venedig aus ziehst du weiter nach Magdeburg, nehme ich an.«
»Vielleicht erhalte ich auch irgendeine Botschaft, dass ich mich an einen anderen Ort begeben soll, weil sich dort gerade das Heer des Reichs versammelt … Aber falls das nicht der Fall ist, geht es nach Magdeburg.«
»Wie viel Zeit bleibt uns? Ein paar Tage?«
»Die wohl ganz gewiss.«
»Dann sollten wir die Zeit, die der Herr uns schenkt, dafür nutzen, uns nahe zu sein.« Sie umschlang seinen Hals und wollte ihn küssen, aber er fasste sanft ihre Handgelenke.
»Li …«
»Kannst du nicht für immer hierbleiben? Ist ein christlicher Kaiser nicht wie der andere? Du könntest doch auch diesem dienen, genauso gut wie dem in Magdeburg. Griechisch wirst du schon lernen, das ist nicht schwer!« Sie atmete tief durch. »Ich rede törichtes Zeug, nicht wahr?«
»Ich fürchte.«
»Ist es so, dass dich …« Li zögerte, ehe sie die Frage vollendete. »… dass dich jemand in Magdeburg erwartet?« Jetzt, da es heraus war, bereute Li schon, ihn überhaupt gefragt zu haben. Welchen Sinn hatte das, da doch ihr gemeinsames Glück von Anfang an flüchtig gewesen war. Sollte sie sich nicht eher darüber freuen, dass sie sich überhaupt begegnet waren? Schließlich gab es keinerlei Hinweise darauf, dass irgendwo geschrieben stand, sie könnten sich noch einmal wiedersehen.
Maktub, wie es in der Sprache des Propheten hieß.
»Die Antwort ist Ja«, murmelte Arnulf.
Li schluckte. Sie fühlte einen Stich in der Herzgegend. »Eine Ehefrau?«, fragte sie fast tonlos.
»Eine zukünftige Ehefrau«, antwortete Arnulf. »Du hast es verdient, dass ich dir die Wahrheit sage, auch wenn ich wünschte, es wäre anders und ich könnte einfach meinem Herzen folgen.«
»Was würdest du dann tun?«
Sie sahen einander an. Er lächelte, aber es war nicht nur Freude in diesem Lächeln, sondern auch etwas Schweres, Schmerzvolles. »Ich würde dich mit nach Magdeburg nehmen und anschließend auf meine Güter bei Burg Ellingen. Meinem Großvater hat sie König Heinrich gegeben, meinem Vater wurden sie erneut von Otto Magnus übereignet, und ich erhielt diese Güter von Kaiserin Theophanu.«
»Ist solcher Besitz nicht erblich?«, fragte Li.
»Das könnte er werden – wenn ich Woda von Ostfalen heirate. Wir sind uns seit Langem versprochen.«
»Liebst du
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