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Die Papiermacherin

Titel: Die Papiermacherin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Conny Walden
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Venedigs von einem Ort zum anderen zu begeben. Einige der Inseln waren zwar mit Brücken verbunden, doch konnte man gewiss davon ausgehen, dass ein Großteil der Häuser und Paläste nur über das Wasser zu erreichen war.
    Eine Gondel näherte sich der San Marco. Sie gehörte zu den größeren Booten, die auf der Lagune fuhren, und hatte sogar ein Dach aus besticktem Tuch zum Schutz vor der Sonne. Darunter befanden sich bequeme Sitze. In Konstantinopel hatte Li viele Schiffe und Boote über das Marmarameer fahren sehen. Aber es waren kaum welche darunter gewesen, die ausschließlich der bequemen Wasserreise weniger Personen dienten, wie es die Bauweise dieser Gondel erkennen ließ. Ein halbes Dutzend Männer ruderten sie mit gleichmäßigen Schlägen und offenbar bestens aufeinander abgestimmt. Wenig später legte sie am Schiff an.
    »Genügt eine Strickleiter, oder ist ein Fallreep vonnöten?«, wandte sich Lorenzo D’Antonio an Li.
    »Ich kann zwar nicht schwimmen, aber ich habe auf Trampeltieren und Pferden gesessen, ohne herunterzufallen. Da wird es mir bei einer Strickleiter wohl auch gelingen«, erwiderte Li.
    Li versuchte, die Sprechweise des Venezianers bei einigen Worten bereits nachzuahmen, was diesen anscheinend köstlich amüsierte. »Versucht es nur weiter! Es gibt zwei Möglichkeiten, was dann geschieht.«
    »Und die wären?«
    »Entweder Ihr werdet innerhalb kurzer Zeit ebenso zu einer Venezianerin, wie Ihr in Konstantinopel zur Griechin geworden seid, oder ein fahrender Gaukler wirbt Euch mir ab, um Euch als Attraktion darzubieten!« Lorenzo schien das sehr zu belustigen, Li hingegen wahrte das Lächeln in ihrem Gesicht, erwiderte aber nichts. Lorenzos Worte bestärkten sie nur in ihrer Ansicht, dass im Hinblick auf diesen Mann Vorsicht angebracht war.
    »Ihr solltet einer Dame gegenüber mehr Respekt zeigen«, sagte Arnulf. »Schließlich seid Ihr hier nicht in einer venezianischen Taverne!«
    Lorenzo wurde übertrieben ernst. »Ja, da habt Ihr wohl Recht, Arnulf von Ellingen … Aber ich hoffe, Ihr wollt mich jetzt nicht zum Zweikampf fordern, weil ich Eure Herzdame verletzt habe!« Er grinste. Wie nahe sich Arnulf und Li standen, konnte ihm während der Seereise kaum entgangen sein. Die Art, wie er jetzt lachte, missfiel Li zutiefst. »Ablegen!«, rief Lorenzo, nachdem auch der blinde Christos das Boot bestiegen hatte.
    Sie setzten sich auf die Holzbänke, die mit edlen Sitzkissen gepolstert waren. Die Stickereien darauf erinnerten an den Stil persischer Diwane und Teppiche, wie Li fand, aber sie stammten gewiss nicht von dort. Wahrscheinlich waren diese Kissen von Menschen bestickt worden, die die fernen Vorbilder nie gesehen, sondern allenfalls von ihnen gehört hatten.
    »Dies ist der Ort, an den du das Papier bringen wirst«, raunte Arnulf ihr zu. »Sieh den Hafen, die Schiffe, die Händler, all die überladenen Gondeln, die Waren aus aller Welt in die Lagerhäuser bringen … Über all das wird man Listen führen wollen, und wer weiß, vielleicht wird dein Papier einst von hier aus in die ganze Welt verschifft.«
    »Das sind Träume, Arnulf.«
    »Steht nicht am Anfang immer ein Traum, wenn man etwas Neues versucht?«
    »Du willst mir Mut machen. Aber das brauchst du nicht. Ich werde alles nehmen, wie es kommt. Sieh dir Schiffe mit ihren Segeln an. Blasen ihre Kapitäne selbst den Wind? Nein, sie warten geduldig auf ihn. Und genau das werde ich auch tun …«
    Lorenzo unterhielt sich derweil mit Fra Branaguorno. Während sie an den aus dem Wasser ragenden Palästen und Häusern vorbeikamen, schien er zu fast jedem Hausherrn eine mehr oder minder peinliche Anekdote auf der Zunge zu haben.
    Die Kanäle, durch die sie fuhren, glichen für Li einem Labyrinth. Sie hatte schon nach kurzer Zeit die Orientierung verloren. Aufmerksam nahm sie jede Einzelheit des außergewöhnlichen Anblicks wahr, der sich ihr bot. Geschäftigkeit und Mut schienen hier eine seltene Verbindung eingegangen zu sein. Manche der Lagerhäuser waren von einer erhabeneren Architektur als anderswo Paläste und Bürgerhäuser. Überall sah man Träger beim Be- oder Entladen. Als würde hier die Handelsware der ganzen Welt – oder zumindest des gesamten Mittelmeerraums – umgeschlagen. Auf manchen Inseln stand nur ein einziger Palast, der oft wie eine kleine Wehrburg wirkte. Anderswo drängten sich die Häuser so dicht aneinander, dass man den Eindruck haben konnte, sie müssten sich gegenseitig Halt geben.
    Neben den

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