Die Papiermacherin
kam.«
»Aber gewiss!«, gab Lorenzo zurück. »Der Notar unserer Familie wird ein solches Schreiben aufsetzen, wenn Euch daran so viel liegt … Doch die Zeit, bis der Kontrakt fertig ist, sollten wir keineswegs ungenutzt verstreichen lassen!«
Am Abend fand ein großes Bankett im Haupthaus statt. Bedienstete und Herrschaften fanden sich gleichermaßen ein, dazu legten zuvor eine Reihe von Gondeln am Steg des Palazzo D’Antonio an und brachten Gäste aus anderen Teilen der Lagunenstadt. Freunde und Bekannte, aber vor allem Geschäftspartner D’Antonios.
Es wurde viel aufgetischt – vor allem unmäßig viel Fleisch, wie Li fand, das nur so vor Fett troff. An die Speisen der Perser und Araber hatte sie sich mit einiger Mühe gewöhnt, wobei Li deren Angewohnheit, alles Mögliche in Kohlblätter zu wickeln, besonders fürchtete, weil sie nach dem Genuss oft schreckliche Bauchschmerzen litt. Aber was ihr hier im Übermaß vorgesetzt wurde, erinnerte sie eher an die Speisen der Uiguren. Dasselbe galt für die Bevorzugung von Milch- und Käsegerichten, die Li erwiesenermaßen ebenfalls schlecht vertrug.
Gegen das Fleisch war an sich nichts einzuwenden, sofern es richtig durchgegart wurde – was nicht immer der Fall war. Und dabei wäre es ein Leichtes gewesen, dies sicherzustellen! Warum schnitt man es nicht klein, bevor man es garte, anstatt halbe Schweine über dem Feuer zu drehen und damit nicht nur Brennholz zu verschwenden, sondern auch einen Braten zu bekommen, der an manchen Stellen verbrannt und an anderen nicht durchgegart war.
Arnulf hatte hier wenig Bedenken und griff kräftig zu. Anscheinend war er solche Speisen gewöhnt und hatte sowohl seinen Körper als auch seinen Geschmackssinn entsprechend abgehärtet. Aber vielleicht war es für einen Angehörigen des Krieger- und Ritterstandes ja sinnvoll, notfalls eine schlecht gegarte Jagdbeute verzehren zu können, wenn man sich weitab von jeder Burg auf eigene Faust ernähren musste.
Am Kopf der Tafel hatte Nicola D’Antonio Platz genommen, Lorenzos Vater und das derzeitige Oberhaupt der Familie. Seine Frau hieß Emilia, wie Li nach einer Weile aus den Gesprächen heraushörte. Sie fiel vor allem durch ihr überaus schrilles Gelächter auf.
»Ich lade immer die Armen zu meinen Festmahlen, wie es sich gehört und wie jeder Christ das tun sollte!«, rief Nicola D’Antonio mit vollem Mund. »Seltsamerweise kommen die nicht zu mir, sondern nur die Reichen. Das muss wohl an dem Mangel an Booten in unserer Stadt liegen!« Nicola lachte dröhnend, und ein Teil seiner Gäste fiel in das Gelächter ein.
Lorenzo verdrehte nur die Augen, ohne dass sein Vater dies sehen konnte. Li hatte den Verdacht, dass Nicola D’Antonio diesen Witz nicht zum ersten Mal erzählte. Jedenfalls neigte er auch in den folgenden, immer etwas angeberischen Anekdoten, die er zum Besten gab, zur Wiederholung. Daher fand Li es kaum bedauernswert, dass ihre Kenntnisse in der Mundart der Venezianer noch nicht ausreichten, um jedes Wort zu verstehen.
Drei weitere Tage würde Arnulf von Ellingen in Venedig bleiben. Während Fra Branaguorno damit beschäftigt war, Pferde und Proviant zu besorgen, bestiegen Arnulf und Li eine Gondel und fuhren zum Platz von San Marco.
Der Dom war nach wie vor eine Baustelle, an der mehrere hundert Mann arbeiteten. Arnulf meinte, dass der Bau seit seinem letzten Aufenthalt in Venedig kaum vorwärtsgekommen sei.
»Ich möchte dir noch etwas zeigen«, sagte er.
»Was?«
»Lass dich überraschen.«
Sie schlenderten zusammen durch die angrenzenden Gassen, überquerten einen schmalen Nebenkanal über eine einfache Brücke mit gusseisernem Geländer, die kaum breit genug war, um nebeneinander darüberzugehen. Dann erreichten sie ein Gebäude, in dessen unterstem Stockwerk sich eine Apotheke befand – gut erkennbar an dem Bildnis eines von einer Schlange umwundenen Äskulapstabs.
Li kannte solche Orte, an denen Heilpflanzen und Drogen gehandelt wurden, aus Konstantinopel, wo sie dasselbe Erkennungszeichen verwendeten.
»Ich bin weder krank, noch brauche ich ein Kraut, das mich die Tage, an denen eine Frau blutet, ohne Verdruss überstehen lässt!«, wunderte sie sich.
»Das weiß ich«, lächelte er.
»Der einzige Schmerz, den ich fühle, betrifft meine Seele und nicht den Körper. Er ist durch kein Heilkraut der Welt heilbar – weißt du das auch?«
Er nahm ihre Hand und drückte sie zärtlich. »Ich möchte dir etwas schenken.«
»Eine Arznei?
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