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Die Papiermacherin

Titel: Die Papiermacherin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Conny Walden
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Mitte und Samarkand gezogen sind, werden sonst vergessen sein, aber sie haben mit ihrem Blut dafür bezahlt, dass man sich an sie erinnert.« Er lächelte fast mild. »Ich werde nur mit meinem sauer erworbenen Silber dafür zu zahlen haben, aber das lässt sich verschmerzen.« Er beugte sich vor. »Seid ihr etwa nicht des Schreibens mächtig?«, wunderte er sich.
    »Doch, gewiss«, sagte Li.
    »Aber wir schreiben die Zeichen, die im Reich der Mitte üblich sind«, erklärte Wang sogleich. »Und ein wenig von der Schrift, in der das Uigurische geschrieben wird, Herr …«
    »Das ist gut«, sagte der ältere Toruk, und ein zufriedener Ausdruck machte sich auf seinem Gesicht breit. »Das ist sogar sehr gut, denn ich will, dass mein Buch nicht nur eine Art von Zeichen enthält! Dieselben Worte sollen in möglichst vielen Arten von Zeichen wiederholt werden! Ich will, dass die Kunde meiner Taten und der meiner Gefährten überall verstanden wird – gleichgültig, welche Sprache dort gesprochen und welche Zeichen geschrieben werden! So werdet ihr mir eine große Hilfe sein …«
    »Ja, Herr«, sagte Wang unterwürfig, und auch Li senkte den Kopf.
    »Und nun hinaus mit euch. Verliert keine Zeit, denn ich spüre, dass die meine immer mehr dahinschwindet …«
    In der nächsten Zeit besserte sich die Lage für Li, Wang und Gao erheblich. Der ältere Toruk sorgte dafür, dass sie besser versorgt wurden und alles bekamen, was sie zur Herstellung des Papiers brauchten.
    »Ich glaube, er will nur unser Talent auf die Probe stellen, um später einen höheren Preis zu erzielen«, sagte Gao einmal, als sie dabei waren, Lumpen zu zerkleinern, die man ihnen zur Verfügung gestellt hatte. Mit einfachen Holzknüppeln droschen die drei darauf ein. Schließlich gab es hier weder die Kraft eines durch Strömung angetriebenen Mühlrads noch die Hände zahlreicher Knechte und Tagelöhner, die diese Arbeit für sie verrichten konnten, wie es daheim der Fall gewesen war. Aber Wang meinte, es habe durchaus sein Gutes, wenn die Arbeit nicht so schnell von der Hand gehe.
    »Solange unsere Arbeit nicht beendet ist, sind wir wertvoll für unseren Herrn«, sagte er. »Wer weiß, wie es uns danach ergeht!«
    »Wenn wir diese Städte erreichen sollten, von denen unser Herr sprach … Vielleicht wäre das sogar zu unserem Besten und wir könnten dort ein gutes Leben führen«, meinte Li. »Schließlich sagte er doch, dass es dort Menschen aus dem Han-Volk gibt. Und unser Handwerk dürfte nirgendwo mehr gefragt sein als an einem Ort, von dem man sich erzählt, dass jeden Tag ein Buch geschrieben wird!«
    »Die Pracht eines Reichs erstrahlt zumeist in der Ferne heller als aus der Nähe!«, erwiderte Wang deutlich skeptischer.
    »Also, ich hätte nichts dagegen, mal wieder in einer zivilisierten Umgebung zu leben«, meinte Gao. »Anstatt hier in der Wildnis, zusammen mit Tieren und in Kleidern, die einen so hässlich machen, dass sich in Xi Xia die Kinder vor einem erschrecken würden.«
    »Wir müssen es nehmen, wie es kommt«, sagte Wang.
    Tage und Wochen vergingen mit harter Arbeit. Die Lumpen zu zerschlagen war anstrengend, und davon abgesehen hatten sie sehr unterschiedliche Qualität. Es mangelte vor allem an den für die Papierherstellung nötigen Gerätschaften. Gefäße fehlten ebenso wie geeignete Werkzeuge zum Schöpfen.
    So blieb nichts anderes übrig, als alles Notwendige selbst herzustellen, soweit dies möglich war. Die einzigen wasserdichten Gefäße der Uiguren waren Schläuche aus Tierhäuten oder Tonkrüge. Beides ließ sich nicht verwenden. Holz gab es kaum – und das wenige, das vorhanden war, wurde in erster Linie als Brennmaterial gebraucht.
    Wang hob schließlich eine Grube im Erdreich aus – so breit wie die ausgestreckten Arme eines erwachsenen Mannes und ebenso lang. Die Grube war zwei Handbreit tief und wurde mit gegerbten Tierhäuten auf ähnliche Weise ausgelegt, wie er es in den Jurten gesehen hatte.
    Sie sollte das Schöpfbecken werden.
    Zum zweiten Mal musste Li beim älteren Toruk vorsprechen, damit zumindest einer von ihnen das Lager verlassen durfte, um einen Baum zu suchen, dessen Rinde genug Harz zum Abdichten der Grube lieferte. Außerdem brauchte man geeignete Pflanzen. Ihre Fasern sollten den Lumpen beigemengt werden und das Papier geschmeidiger machen. Zerschlagener Bambus verlieh ihm eine größere Festigkeit, aber die Hoffnung, in dieser Gegend irgendwo Bambus zu finden, hatte Li von vornherein

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