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Die Papiermacherin

Titel: Die Papiermacherin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Conny Walden
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zuvor auf dem Pferdemarkt feilgeboten hatten.
    Li war sich nicht sicher, aber sie glaubte, zumindest einen der Reiter wiederzuerkennen. Er ritt ganz in ihrer Nähe, hatte eine ledrige Haut, die von einem Faltenrelief durchzogen wurde. Das Haar war grau durchwirkt und seinen Mantel hielt eine messingfarbene Spange zusammen, die die Form eines gleichschenkligen Dreiecks besaß.
    Das Zeichen der Manichäer!, erkannte Li. Dieser Glaube war selbst in die Kernlande des Reichs der Mitte vorgedrungen, wo seine Missionare behaupteten, der Prophet Mani sei nicht nur der Vollender der Lehre Jesu Christi gewesen, sondern auch eine Wiedergeburt des Weisen Lao-she. Li hatte sich von dem Eiferertum, das man unter den Anhängern Manis so häufig finden konnte, immer abgestoßen gefühlt. Aber all die strengen Regeln und die rigide Moral, der sich die Mani-Gläubigen unterwarfen, hielten sie offenbar nicht davon ab, sich als Räuber und Mörder zu betätigen. Raub und Handel waren für diese Nomaden ohnehin nur zwei Seiten ein und derselben Medaille.
    Den ganzen Tag über ritten sie ununterbrochen – abgesehen von einer kurzen Rast an einem Wasserloch.
    Sie passierten stetig steiler werdende Anhöhen und erreichten schließlich ein gebirgiges Land, in dem der Boden immer steiniger und karger wurde.
    Das Tempo, mit dem die Uiguren die Pferde vorwärtstrieben, ließ etwas nach. Man stellte sich offenbar auf eine weite Reise ein und wollte die Tiere nicht zu Schanden hetzen. Li hielt sich in der Nähe ihres Vaters und versuchte, sich nicht zu weit von ihm zu entfernen, soweit das möglich war, ohne bei den Bewachern Aufsehen zu erregen.
    »Der Mann mit der Narbe – Toruk! Er scheint der Anführer zu sein«, sagte Li, als sie zwischenzeitlich etwas langsamer ritten, um die Pferde zu schonen. Die uigurischen Reiter hatten ein sehr feines Gespür dafür, wie viel sie ihren Reittieren zumuten konnten.
    Wang nickte. »Ja, er könnte der Mann sein, den man anderswo auch den narbigen Schlächter nennt«, meinte er. »Der dicke Perser aus Samarkand hat mir davon berichtet, als ich ihm das Papier für seine Lieferlisten verkauft habe!« Wang war weitaus besser an das Reiten gewöhnt als seine Tochter. Er hatte Li davon erzählt, wie er schon in jungen Jahren als Bote seines Vaters, der ebenfalls Papiermacher war, längere Ritte unternahm. In Bian, mitten im Herzland der Mittleren Reiche, war das zu jener Zeit ohne Gefahr möglich, denn niemand außer den Soldaten des Kaisers durfte Waffen tragen. Der Sohn des Himmels garantierte die Sicherheit für alle, und seine Gesetze hatten in jener Zeit noch unumschränkte Gültigkeit. So musste niemand befürchten, unterwegs von Räuberbanden überfallen zu werden.
    In Xi Xia waren die Verhältnisse in dieser Hinsicht allerdings immer schon weitaus unsicherer gewesen. Es war niemandem zu empfehlen, allein durch die Steppe zu reiten. Einer Frau schon gar nicht. Und selbst vor Karawanen mit schwer bewaffneten Eskorten machte die Gier der Nomadenstämme nicht Halt. Manchmal konnte man sie mit Wegzoll zufriedenstellen. Dass sie sich erdreisteten, einen Ort mit Befestigungsanlagen anzugreifen, kam dagegen selten vor.
    Li war sich inzwischen sicher, dass ihr der Manichäer mit der Dreiecksspange tatsächlich auf dem Markt begegnet war. Vermutlich erinnerte er sich gar nicht daran. Nein, er war auf ganz andere Dinge konzentriert gewesen, erkannte Li. Auch wenn der Manichäer damals so getan hatte, als wäre er einer der unzähligen Händler der Umgebung, hatte er in Wahrheit wohl die Verhältnisse in der Stadt ausgekundschaftet.
    »Was weiß man über den narbigen Schlächter?«, fragte Li, der bereits jeder Muskel ihres Körpers wehtat und die nur noch zu den Göttern betete, dass dieser furchtbare Ritt bald ein Ende haben möge.
    »Er ist der Sohn eines Uiguren-Khans in den westlichen Bergen.«
    »Und der Herr von Xi Xia lässt ihn gewähren?«, fragte Li verständnislos.
    »Du weißt, wie schwach der Kaiser von Xi Xia ist.«
    Der Geselle Gao meldete sich nun zu Wort. »Solange niemand seine ferne Residenz angreift, wird er kaum etwas zu unternehmen versuchen«, war er überzeugt. »Dort schaut man gebannt nach Osten, wie der neue Sohn des Himmels sich behauptet und ob man ihm vielleicht in Zukunft wieder Tribut zahlen muss!«
    Gao war ein gelehriger junger Mann, der das Handwerk des Papiermachers gut erlernt hatte, wie Meister Wang nicht müde wurde zu betonen – schon deswegen, damit Gao nicht auf die

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