Die Party Queen von Manhattan - Roman
junge Frau nickte ein paarmal ernst mit dem Kopf, warf mir einen Blick zu und murmelte etwas Unverständliches. Höflich drehte ich mich zur Seite. Ob hier wohl heute noch irgendeiner mit mir sprechen würde?
»Hallo? Hallo? Wie war noch gleich der Name?«, hörte ich sie fragen, während ich mir schon einmal den Rest der Truppe ansah. Der Anteil der Männer und Frauen hielt sich die Waage, und das Gleiche galt für ihr geradezu unverschämt attraktives Äußeres. Meine Augen wurden immer größer. Plötzlich tippte mich jemand auf den Rücken.
»He«, sagte die Superdürre. »Wie heißt du?«
»Ich?«, fragte ich blöde, in der Annahme, sie hätte noch wen in der Leitung.
Sie lachte. Kein besonders nettes Lachen. »Meinst du vielleicht, hier ist sonst noch jemand, den ich nicht kenne? Ich bin Elisa.« Sie gab mir die Hand, die eiskalt und sehr, sehr dünn war. An ihrem knochigen Ringfinger schlackerte ein Diamantring.
»Ach, so. Hi. Ich bin Bette Robinson«, antwortete ich nach einer kleinen Schrecksekunde. »Ich fange heute an.«
»Ja, schon gehört. Also dann: Willkommen an Bord. Während Kelly telefoniert, was bestimmt noch eine Weile dauert, kann ich dich ja schon mal den andern vorstellen.« Sie schlang
ihr welliges, rotblondes Haar zu einem fransigen Knoten und fasste es von unten mit einer Haarklemme. Ein paar Strähnen, die sich lösten, strich sie sich elegant hinters Ohr. Sie betastete den Knoten, um sich zu vergewissern, dass er auch ja richtig - das heißt: zerzaust genug - saß. Das alles wirkte so lässig cool, dass ich fast neidisch wurde. Den krönenden Abschluss bildete eine riesige schwarze Sonnenbrille, die die ganze Frisurenpracht zusammenhielt. Wie an den silbernen Gs auf den Bügeln - sogar für einen Modemuffel wie mich - unschwer zu erkennen war, handelte es sich um ein Modell von Gucci. Ich hätte dieser Verschönerungszeremonie noch stundenlang zuschauen können, so souverän und anmutig lief sie ab.
Elisa stand auf, ging um den Tisch herum und schaltete dreimal hintereinander das Licht ein und aus. Sofort erhob sich ringsum ein Chor von Entschuldigungen: Man habe soeben auf der anderen Leitung einen lebenswichtigen Anruf bekommen und werde sich, wenn es recht sei, in ein paar Minuten wieder melden. Fast gleichzeitig fassten sechs manikürte Hände an sechs Ohren und nahmen sechs Headsets ab. Ohne ein Wort sagen zu müssen, hatte sich Elisa die ungeteilte Aufmerksamkeit des ganzen Büros gesichert.
»Hallo, Leute. Das ist Bette Robinson. Sie wird hauptsächlich mit Leo und mir zusammenarbeiten, also macht ihr das Leben nicht so schwer, okay?«
Alle nickten.
»Hi«, brachte ich mit krächzender Stimme heraus.
»Das ist Skye«, sagte Elisa und deutete auf eine zappelige junge Frau in einem engen, langärmligen schwarzen T-Shirt, einem fünf Zentimeter breiten Ledergürtel mit einer riesigen, strassbesetzten Schnalle über dunkelblauen Jeans und den fantastischsten Cowboystiefeln, die ich je gesehen hatte. Sie trug eine ultrajungenhafte Kurzhaarfrisur, die ihre kurvenreiche, durch und durch feminine Figur nur noch mehr betonte. Am liebsten hätte ich sie nur bewundernd angestarrt, aber ich riss
mich zusammen und rang mir ein Hallo ab. Skye erwiderte meinen Gruß mit einem unergründlichen Lächeln. »Skye arbeitet momentan an dem Auftrag für Kooba-Handtaschen«, erläuterte Elisa, bevor sie mit dem nackten Finger auf den nächsten schick angezogenen Menschen deutete. »Das ist Leo, er schmeißt den Laden zusammen mit mir - und ab jetzt auch noch mit dir«, fügte sie in einem Ton hinzu, den ich nicht ganz einordnen konnte.
»Hi. Schön, dich kennen zu lernen«, sagte Leo, stand auf und gab mir ein Küsschen auf die Wange. »Man freut sich doch immer über ein neues hübsches Gesicht im Büro.« Dann drehte er sich wieder zu Elisa um: »Tut mir Leid, aber ich muss los. Ich bin mit diesem Typen von Diesel-Jeans zum Frühstück verabredet. Sagst du Kelly Bescheid?« Sie nickte. Er schlang sich seinen Rucksack über die Schulter und lief zur Tür.
»Davide, sag Bette hallo«, befahl Elisa dem letzten Mann, der noch am Tisch saß. Mit seinen von dichten Wimpern umrahmten, dunklen Augen spähte er düster unter einer üppig schwarzen Mähne hervor. Er fuhr sich mit den Fingern durchs Haar und starrte mich an. Nach ein paar quälend langen Sekunden ließ er sich zu einem höchst dubios klingenden »Allo« herab.
»Hi, Davide«, sagte ich. »Was ist denn das für ein toller
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