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Die Patin

Titel: Die Patin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kerstin Gier
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Mexiko - vermisse dich.«
    Anton schrieb zurück: »Ronnie weiß schon, was er tut. Wie geht es Mimi?«
    »Sie will das Maya-Gold für sich. Vermisse dich«, schrieb ich.
    Anton simste: »Worauf wartet Mimi noch? Condor fliegt täglich von Düsseldorf nach Cancún.«
    »Sie packt schon die Koffer«, schrieb ich zurück. »VERMISSE DICH!«
    Antons Antwort kam umgehend: »Komme Freitag zurück. Um 20 Uhr bei dir? Sieh zu, dass alle deine Untermieter die Nacht woanders verbringen.«
    Ich war entzückt. Hätte ich stutzig werden müssen, weil er nichts davon schrieb, dass er mich auch vermisste? Verliebte haben immer so eine eindimensionale Sicht der Dinge.
    Und alle Verliebten sind ein bisschen verrückt, wenn auch jeder auf seine ganz spezielle Weise.
    Anne zum Beispiel war immer noch zwischen ihrer Liebe zu Jo und ihren Verpflichtungen Hansjürgen gegenüber hin und her gerissen. Sie hatte eine Heidenangst, Hansjürgen könne schnallen, dass sie genauso untreu war wie er, und sie und die Kinder aus dem Haus werfen. Wenn sie bei mir war - und das war sie ziemlich oft -, redete sie ohne Punkt und Komma.
    »Noch hat er, glaube ich, nichts gemerkt«, sagte sie. »Obwohl es mir unendlich schwer fallt, mich normal zu benehmen. Gestern kam ein Brief von einer Anwaltskanzlei, und ich dachte schon, Hansjürgen hätte die Scheidung eingereicht. Ich binleichenblass geworden! Aber es war nur Post vom Anwalt meines Vaters. Er hat offensichtlich ein Testament hinterlassen.« Sie seufzte schwer. »Heute Nachmittag habe ich einen Termin bei dem Anwalt. Hansjürgen meint, ich soll aufpassen, möglicherweise hat mein Vater ja in seinen letzten Krankheitsjahren irgendeinen Unsinn angestellt und Schulden hinterlassen. Aber das wüsste ich doch, oder? Ich hatte die Vollmacht über sein Giro, und seine Rente hat ziemlich genau für die Heimkosten ausgereicht, und sonst hatte er ja keinerlei Ausgaben mehr. Was noch auf dem Konto war, hat nicht mal für die Beerdigungskosten gereicht, die musste ich von meinem Ersparten bezahlen. Wenn er Schulden hat, muss ich die dann übernehmen, oder kann man sich da verweigern? Ich würde ja gern Anton fragen, bevor ich noch mehr Probleme an der Backe habe. Schulden sind wirklich das Letzte, das ich jetzt noch brauchen kann.«
    »Ja, ja, ohne Moos nichts los«, sagte ich. Es war inzwischen Freitag. Wir waren in meinem roten Schlafzimmer, und Anne jammerte jetzt schon eine halbe Stunde über dieses Thema. Alle aktuellen Komplikationen ihres Lebens schienen auf einen einzigen Nenner hinauszulaufen: zu wenig Geld. Als ob Geld die einzig mögliche Lösung aller Probleme sei. Oder andersherum: als ob es ohne Geld unmöglich sei, glücklich zu sein.
    Selbst die dramatische Tatsache, dass Ronnie nach Mexiko geflogen war und dort lebensgefährliche Höhlentauchaktionen durchführen wollte, hatte Anne nur folgende Bemerkung entlockt: »Oje! Was meinst du denn, wie lange sein Geld da unten reichen wird?« Sein Geld! Die Frage war doch viel eher, wie lange seine Luft da unten reichen würde. Ich fürchtete, sie könne ihm noch vor dem Geld ausgehen und bevor Mimi ihn finden konnte. Wenn er tot war, brauchte er allerdings kein Geld mehr, da hatte Anne Recht.
    Vielleicht hat man einfach keinen Sinn für die Dramen anderer Leute, wenn man selber mitten in einem Drama steckt. Und besonders romantisch veranlagt war Anne ja ohnehin nie gewesen.
    »Dass Mimi und Ronnie so mir nichts dir nichts ihre Jobs hinwerfen und abhauen können!«, sagte sie. »Was machen sie, wenn sie wieder zur Vernunft kommen? Auf der Straße leben? Das ist doch der helle Wahnsinn!«
    »Die Hauptsache ist doch, dass sie sich überhaupt wieder finden«, sagte ich. »Wovon sie danach leben, ist völlig nebensächlich.«
    »Das finde ich aber nicht«, sagte Anne.
    »Wenn sie sich überhaupt finden«, seufzte ich und warf alle meine Jeans aufs Bett, um ihre Gesäßtaschen nach der Visitenkarte zu durchsuchen, die Paschulke mir gegeben hatte. Darauf würde hoffentlich stehen, wo ich ihn und Bernhard finden konnte. »Yucatán ist riesig, und niemand weiß, welche Höhle Ronnie sich ausgesucht hat, um wild und gefährlich zu tauchen. Es kann Monate dauern, bis Mimi ihn findet. Wenn es dann nicht schon längst zu spät ist.«
    Ich hatte Mimi im Taxi zum Flughafen begleitet. Sie reiste mit einer etwas obskuren Organisation, die wir im Internet aufgetrieben hatte, Mexican Jungle Adventures. Ich hatte meine Bedenken gehabt, aber Mimi meinte, ihr Vorhaben sei

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