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Die Patin

Titel: Die Patin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kerstin Gier
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nie eine geheime Affäre. Ich hatte überhaupt noch nie eine Affäre. Oh Gott, mein Leben ist vollständig aus den Fugen geraten. Wenn wir nur mehr Geld hätten.«
    »Der Pulli steht dir nicht«, sagte ich schnell, bevor der ganze Sermon wieder von vorne losging.
    »Nicht? Jo hat gesagt, dass ich darin aussehe wie eine kleine Waldelfe.« Anne streichelte sich selber zärtlich über den Kopf.
    »Wie eine kleine, bucklige Waldelfe«, sagte ich und drehte Paschulkes Visitenkarte zwischen meinen Fingern. »Wie geht es denn Jos Nase?«
    »Sieht immer noch schlimm aus«, sagte Anne. »Dieser Bernhard ist unheimlich brutal.«
    »Ja, das ist er«, stimmte ich zu. Ich hatte viel darüber nachgedacht. Bernhard schlug alle Leute zusammen, die ihm irgendwie in die Quere kamen. Und er kam damit durch, weil die Leute Angst vor ihm hatten. Das war völlig normal bei Leuten, die es nicht gewohnt waren, ihre Probleme mit Gewalt zu lösen. Und andere Leute kannte Bernhard nicht. Nur deshalb funktionierte seine Welt.
    »Bernhard hat schon zweimal angerufen und Jo zur Schnecke gemacht«, berichtete Anne. »Er glaubt Jo nicht, dass sein Anwalt in England ist und sich die Sache deshalb noch verzögert. Er sagt, bevor er nicht schwarz auf weiß hat, dass sich nichts an der Sorgerechtsregelung ändert und alle Unterhaltszahlungen bleiben wie gehabt, darf Jo seine Tochter nicht sehen. Wenn er dort anruft, holt Bianca Joanne einfach nicht ans Telefon.«
    »Wie gemein«, sagte ich.
    »Jo ist völlig fertig«, nickte Anne. »Gestern erst hat er Joanne im Hintergrund weinen gehört, und er hat Bianca angefleht, sie doch wenigstens eine Minute mit ihm sprechen zu lassen. Aber nein - die Frau ist hart wie Stein. Ihr Herz ist auch mit Botox betäubt, wenn du mich fragst, völlig reglos, sogar dem eigenen Kind gegenüber! Und alles nur wegen Geld! Geld regiert die Welt.«
    »Arme Joanne«, sagte ich. »Jetzt denkt sie, ihr Papa habe sie im Stich gelassen. Oder er sei zu feige, sich gegen Bernhard zu wehren.«
    »Was würdest du denn machen, wenn dieser Mann dein Kind bedrohen würde?«
    »Ich würde ... Ich weiß nicht. Ich würde sie entführen und mit ihr irgendwohin gehen, wo Bernhard uns nicht finden könnte«, sagte ich.
    »Ja, aber das ist illegal, und da kann Bianca dann Klage einreichen, und dann wird alles nur noch viel komplizierter und teurer und überhaupt!« Anne schüttelte den Kopf. »Wenn man nur mehr Geld hätte ...«
    Jetzt fing das schon wieder an!
    »Leg mal 'ne andere Platte auf Anne«, sagte ich und faltete die Jeans eine nach der anderen zurück in den Schrank.
    »Was sollte die Aktion eigentlich?«, fragte Anne. »Raus mit den Jeans, rein mit den Jeans. Hast du nach Geld gesucht? Oder nach Tampons?«
    »In der Hosentasche? Wohl kaum.«
    »Also, ich verwahre meine Tampons immer in meinen Hosen-und Kitteltaschen«, sagte Anne. »Wenn ich meine Tage kriege, dann immer so plötzlich und sturzflutartig, dass ...« Sie stockte und schlug sich die Hand vor den Mund.
    »Was ist los?«, fragte ich. »Ist dir eingefallen, dass sie die Preise für Damen-Hygieneartikel erhöht haben? Schrecklich, schrecklich! Ja, wenn man genügend Geld hätte, dann könnte man sich für die nächsten zehn Jahre eindecken, aber leider, leider ...«
    »Ugug!« Anne hatte immer noch die Hand vor ihrem Mund.
    »Was ist kaputt?«
    Anne fing übergangslos an zu schreien. »Der Wievielte ist heute?«, schrie sie. »Ist etwa schon August?«
    »Ja«, sagte ich. »Schon etwa zwei bis drei Wochen.«
    »Bin ich denn total bescheuert?«, schrie Anne. »Bin ich denn von allen guten Geistern verlassen?«
    »Ähm, tja ...«
    »Jetzt!«, schrie Anne, und bei manchen Wörtern schrie sie mehr als bei anderen, aber man konnte nicht unbedingt ein System darin erkennen: »Jetzt ist die Kacke aber wirklich am Dampfen!«
    Ich kniff ein wenig gereizt die Augen zusammen. »Sei doch so gut und sag mir endlich, was los ist, Anne.«
    »Sterilisiert ist er, das ist los«, schrie Anne.
    »Wer bitte?«
    »Noch vor Jaspers Geburt hat er das machen lassen«, brüllte sie. »Und ich war heilfroh darüber. Stell dir nur mal vor, wie viele Halbgeschwister er sonst für Max und Jasper schon hätte zeugen können!«
    »Hansjürgen? Hansjürgen ist sterilisiert?«
    »Jetzt kommt alles raus«, schrie Anne. »Das ist das Ende. Das ist meine Strafe! Für das, was ich getan habe. Das geschieht mir ganz recht.«
    »Hör auf zu schreien!« Ich war fast so weit, ihr links und rechts eine zu

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