Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die Patin

Titel: Die Patin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kerstin Gier
Vom Netzwerk:
denen man in wenigen Stunden um Jahre altert.
    Meine Cannelloni aber waren hervorragend. Auch wenn Emily nichts davon anrührte und auch keinen Zweifel daran ließ, warum nicht.
    »Komisch, dass du heute nicht kotzen musst«, sagte sie zu Julius. »Du kotzt doch sonst immer.«
    »Nur bei Mayonnaise«, sagte Julius.
    »Ich dachte, bei allem, was irgendwie eklig ist«, sagte Emily.
    »Nein, nur bei Mayonnaise«, wiederholte Julius.
    Dummerweise drehte sich das Gespräch außerdem immer wieder hartnäckig um Themen wie Rettungsschwimmen, Schach und Gesang, und ich fand es anstrengend, immer und immer wieder zu weniger verfänglichen Themen überzuleiten. Irgendwann bekam ich vor lauter Stress und Rotwein einen Schluckauf und machte andauernd »hicks«. Julius kicherte, aber Emily zuckte jedesMal so übertrieben erschreckt zusammen, als wären meine Hickser laute Rülpser oder etwas noch Schlimmeres.
    Ich versuchte, den Schluckauf mit Luftanhalten und Wassertrinken loszuwerden, und schließlich machte ich sogar einem Kopfstand, weil Anton sagte, es sei das beste Mittel gegen Schluckauf. (Was für ein Glück, dass ich nicht gesagt hatte, ich sei Landesjugendmeisterin im Bodenturnen gewesen, denn dann wäre ich spätestens jetzt aufgeflogen.) Es gab immerhin ein paar spaßige Minuten an diesem Abend, als Nelly, Julius und Anton auch einen Kopfstand versuchten und dabei albern herumhicksten, aber Emilys Blick drückte nichts als Verachtung und Befremden aus, und so setzten wir uns schließlich wieder ernüchtert an den Tisch. Als Anton mir einen Teelöffel Tabasco einflößte, verschwand der Schluckauf dann auch so plötzlich, wie er gekommen war, zusammen mit meinen Mandeln, der Mundschleimhaut und Teilen meiner Speiseröhre. Gegen Emilys Blicke war das Zeug aber geradezu mild. Mittlerweile war ich fest davon überzeugt, dass sie bei sich zu Hause eine Voodoopuppe mit meinen Haaren hatte, in die sie glühende Nadeln zu stecken pflegte.
    Alles in allem war ich fast erleichtert, als sich Anton und Emily schließlich verabschiedeten. Das heißt, Anton verabschiedete sich, Emily hängte sich nur stumm an seinen Arm. Ich brachte die beiden an die Tür.
    »Es war ein sehr schöner Abend«, sagte Anton und beugte sich vor, um mir ein Abschiedsküsschen zu geben. Da ich dachte, er wolle meinen Mund küssen, und Emily guckte, als müsse sie bei diesem Anblick auf den Fußboden kotzen, drehte ich meinen Kopf im letzten Augenblick zur Seite. Der Kuss landete irgendwo auf meinem Ohr.
    »Und vielen Dank für das hervorragende Essen«, setzte Anton etwas steifer hinzu. »Das nächste Mal essen wir dann alle zusammen bei uns, ja? Emily und ich kochen dann was Feines für euch, nicht wahr, Emily? Vielleicht was aus dem Wok.«
    »Das wäre schön«, murmelte ich unglücklich. Mir war, als würde Emily schadenfroh lächeln.
    »Ich habe Hunger«, hörte ich sie sagen, als ich die Tür schon hinter ihnen geschlossen hatte. Und Anton sagte: »Ich mache dir noch ein Butterbrot.«
    »Landesmeisterin im Rückenschwimmen, so, so«, sagte Nelly, als ich zurück in die Küche kam. »Wie schade, dass du uns nie was davon erzählt hast.«
    »Vize-Landesjugendmeisterin«, verbesserte ich sie und begann halbherzig, den Tisch abzuräumen. Julius saß gähnend auf seinem Platz und ließ ein Melonenstück wie ein Schiff um die Teller fahren. »Und ich mag es nun mal nicht, mit meinen sportlichen Erfolgen zu prahlen.«
    »Mama, du schwimmst wie eine Bleiente«, sagte Nelly, und Julius kicherte. »Hättest du dir nicht was anderes ausdenken können?«
    »Tja, so schnell ist mir nichts eingefallen«, sagte ich zerknirscht.
    »Ich kann dir nur empfehlen, niemals mit Anton in die Nähe eines Gewässers zu fahren. Ehe du dich versiehst, musst du in die reißenden Fluten springen, um jemanden zu retten.« Nelly gackerte bei der Vorstellung vergnügt los. »Hoffentlich ist dann jemand in der Nähe, der dich rettet!«
    »Ach, sei still«, sagte ich.
    »Und das mit der Band - also wirklich!« Nelly schüttelte den Kopf »Du singst doch schon La Le Lu so schief dass man davon wieder hellwach wird.«
    Julius kicherte noch mehr. »Das stimmt, Mami. Du kannst wirklich gut schief singen.«
    »Okay, ich hätte vielleicht nicht lügen dürfen«, sagte ich. »Oder wenn, dann etwas geschickter. Aber es ist nun mal passiert, und ich hoffe, ich kann auf euch zählen, wenn mich meine Lügengeschichten in brenzlige Situationen bringen.«
    »Du hast doch keinen Grund zur

Weitere Kostenlose Bücher