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Die Patin

Titel: Die Patin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kerstin Gier
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in den Ofen geschoben hatte, sah ich auf die Uhr. Nelly hatte schon wieder eine halbe Stunde Verspätung. Dabei hatte sie versprochen, pünktlich um sieben da zu sein und sich diesmal nicht wie ein pubertierendes, handysüchtiges Ekelpaket zu benehmen.
    »Bei Paris verstellst du dich doch auch«, hatte ich ihr vorgeworfen.
    »Wenn du also bei der neuen Freundin deines Vaters eins auf nettes, wohl erzogenes Mädchen machen kannst, warum dann nicht auch bei Anton?«
    »Erstens verstelle ich mich nicht, wenn ich nett bin«, hatte Nelly gesagt. »Zweitens bin ich nett zu Paris, weil sie mir den iPod geschenkt hat und diese supertolle, superteure Wimperntusche, mit der meine Wimpern so wahnsinnig lang aussehen, und drittens ist das mit Paris und Papa viel ernster als dieses platonische Ding zwischen dir und Anton.«
    »Es ist nicht platonisch«, hatte ich widersprochen. »Nur weil wir noch nicht ... Das geht dich auch gar nichts an.«
    »Papa hat auch gesagt, dass du Anton nicht aus seinem steifen Anzug geschält kriegst, da würde er jede Wette eingehen.« Nelly hatte hinterhältig gegrinst.
    »Wie bitte?« Was fiel Lorenz denn ein? Wollte er damit sagen, ich sei zu doof oder zu unattraktiv, um einen Mann wie Anton ins Bett zu kriegen? Oder meinte er, Anton wäre zu verklemmt dafür? In beiden Fällen war es eine Frechheit! »Du kannst deinem Vater ausrichten, dass selbst der platonische Sex mit Anton besser ist als der unplatonische mit ihm«, hatte ich mich hinreißen lassen zu rufen. (Ein Ausspruch, der sicher mal in Nellys Memoiren mit dem Titel Wie meine Mutter mich fiirs Leben verkorkste Verwendung finden würde.)
    »Platonischen Sex gibt es nicht, Mama«, hatte Nelly nur gesagt. Hat da ein bisschen Mitleid in ihrer Stimme mitgeschwungen?
    Wenn ich jetzt Anton so ansah, in seinem »Freizeit-Ensemble« von Armani und mit seiner Tochter am Arm, überkamen mich selber wieder Zweifel, ob wir wohl jemals die platonische Ebene würden verlassen können. Mit Emily an seinem Ärmel fand ich ihn ehrlich gesagt bedeutend weniger erotisch. Aber vielleicht würde sie ja am Ärmel seines Jacketts kleben bleiben, wenn er es auszog und an die Garderobe hängte?
    »Ich mag keine Cannelloni«, sagte Emily.
    »Das stimmt doch gar nicht, Spätzchen«, sagte Anton. »Du liebst italienische Küche.«
    »Ja, alles außer Cannelloni«, sagte Emily.
    Tja, so geht es mir mit Kindern, ich mag alle außer Emily, schoss es mir durch den Kopf Dafür schämte ich mich sofort wieder. Das arme Kind hatte es ja auch nicht leicht. Emilys Mutter, eine erfolgreiche, bildschöne Investmentfonds-Brokerin oder wie das hieß, lebte mit Emilys älterer Schwester Molly in London. Emily war bei Anton geblieben und wurde nicht nur von einer Kinderfrau, sondern auch von Antons Mutter betreut. Kein Wunder, dass sie ein bisschen seltsam war. Ich meine, mich machten ja schon ein paar Minuten in der Gegenwart dieser Frau verrückt.
    Anton musste mal aufs Klo. Nur mit viel Überredungskunst konnte er Emily davon überzeugen, so lange bei mir in der Küche zu bleiben.
    »Kannst du irgendwas Besonderes?«, fragte Emily, nachdem sie eine weitere Minute geschwiegen hatte. Es war das erste Mal, dass sie das Wort direkt an mich richtete, und ich war beinahe ein bisschen aufgeregt.
    »Klar«, sagte ich. »Cannelloni zum Beispiel. Meine sind besonders gut. Und ich mache eine supergute Erdbeermarmelade. Und ...«
    »Ich meine, ob du irgendwas Besonderes kannst«, wiederholte Emily. »Außer Hausfrauensachen.«
    Oh weh, jetzt hatte sie mich erwischt. Außer Hausfrauensachen konnte ich nämlich nichts besonders, es sei denn, es war etwas Besonderes, dass ich mit meiner Zunge meine Nasenspitze berühren konnte. Ich war weder musikalisch noch ein Sportass noch hatte ich jemals ein gutes Gedicht geschrieben. Ich konnte nur im Zahlenraum zwischen eins und hundert einigermaßen sicher kopfrechnen und war außerstande, meine Waschmaschine selber zu reparieren, wenn sie kaputt war. Ich war nichts als eine beinahe geschiedene Frau mit zwei Kindern und einem abgebrochenen Psychologie-Studium.
    Emily guckte so, als wisse sie das ganz genau. Sie hatte diesen »Ich weiß, was für eine jämmerliche Person du bist«-Blick drauf exakt wie ihre Großmutter.
    »Tja, weißt du, ich habe mal in einer Band mitgemacht, als Sängerin«, sagte ich langsam. »Falls das was Besonderes für dich ist. Und ich war schleswig-holsteinische Vizemeisterin im, äh, Schach.« Weil Emilys Gesicht völlig

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