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Die Patin

Titel: Die Patin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kerstin Gier
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regungslos blieb, setzte ich noch einen drauf: »Und im Schwimmen auch. Ich war beim DLRG als Rettungsschwimmerin. In den Ferien habe ich an den Badestränden auf den Inseln die Touristen aus dem Wasser gezogen und wiederbelebt.«
    »Tatsächlich?«, fragte Anton. Er konnte offenbar schneller pinkeln als Elmar, der Dackel meiner Eltern, auf Pellworm. »Du warst Landesmeisterin von Schleswig-Holstein? Toll.«
    »Hm«, machte ich unbehaglich. »Landes jugend meisterin. Vize- Landesjugendmeisterin, um genau zu sein.«
    »Großartig«, sagte Anton, offenbar beeindruckt. »Welche Disziplin?«
    »Rücken«, sagte ich schnell. Wenn man schon lügt, dann muss man es fließend und wortreich tun. Herumstammeln oder lange überlegen ist in jedem Fall verdächtig. »Und die Staffel haben wir auch gewonnen, wir, äh, wir Pellwormer Mädchen vom, äh, SV Pellworm.« In Wirklichkeit war die einzige Sportart, die man als Mädchen auf Pellworm vereinsmäßig ausüben konnte, Trachtengruppentanz. Ich war ein halbes Jahr lang dort Mitglied gewesen, bis man mich suspendiert hatte, weil ich mit meinen langen, schlaksigen Armen und den spitzen Ellenbogen immer irgendwem gegen die Nase gestoßen war. Man hatte mir den Spitznamen Horror-Windmühle verpasst, weil ich alle anderen um zwei Kopflängen überragt hatte, meine Arme stets wild durch die Luft ruderten und die blöde Tracht mir vorne und hinten nicht gepasst hatte. Aber das würde ich Anton und Emily sicher nicht auf die Nase binden. Es war sowieso zu spät. Er hielt mich bereits für eine Sportskanone ersten Ranges.
    »Und Schach auch«, sagte er. »Ich bin schwer beeindruckt. Mit einem Laien wie mir willst du dann sicher nicht mal spielen, oder? Ich liebe Schach, alle Männer unserer Familie lieben Schach, aber ich bin natürlich nicht besonders begabt ...«
    Mist. Mist. Mist. »Warum nicht?«, sagte ich leichthin. »Im Winter, wenn ein Feuerchen im Kamin brennt, wäre eine Partie sicher ganz gemütlich.« Bis dahin würde ich einen Schach-Crash-Kursus gemacht haben. Ob sie so was an der Volkshochschule anboten?
    »Seit wann spielst du denn Schach?«, wollte Nelly wissen, die sich wie immer auf leisen Sohlen ins Haus geschlichen hatte. Wie kam es, dass sie beim Herausgehen immer die Tür zuwarf dass der Putz von der Decke bröckelte, aber beim Hereinkommen leise wie eine Katze war?
    Ich lachte, wie ich hoffte, entspannt. »Ich habe schon ewig nicht mehr gespielt. Ich glaube, ich habe nicht mal mehr ein Spiel.« Ich goss mir ein Glas randvoll mit Rotwein und hoffte, dass dabei meine Hand nicht zitterte. »Hallo, mein Schatz. Du bist spät.«
    »Ja, tut mir Leid. Lara das Biest und ich haben noch ... gelernt.« Nelly gab mir einen Kuss.
    Hatte sie Lara gerade ein Biest genannt? Ich zog fragend die Augenbrauen hoch. Das erinnerte Nelly leider daran, dass sie sich heute Abend anständig benehmen wollte.
    »Hallo allerliebstes Mamachen«, sagte sie mit einem ziemlich fiesen Grinsen. Dann drehte sie sich zu Anton um und schüttelte seine Hand. »Guten Abend, Anton«, sagte sie geziert, wobei sie so eine Art Knicks vollführte. Ich nahm wütend einen großen Schluck Rotwein. Warum konnte sie sich nicht einfach mal normal benehmen? »Ach, und da ist ja auch die goldige kleine Emily, hallo. Wo ist denn mein lieber kleiner Bruder?«
    »Oben in seinem kleinen Kämmerlein«, sagte ich genauso geziert und kippte den Rotwein mit hastigen Zügen in mich hinein. »Würdest du ihn bitte holen? Das Essen ist in zwanzig Minuten fertig, und ihr könntet den Tisch decken.«
    »Aber klar«, sagte Nelly, ein affektiertes Lächeln auf den Lippen. »Das machen wir doch immer. Wir decken den Tisch und singen und tanzen dabei. Möchtest du uns vielleicht helfen, Emily?«
    »Nein«, sagte Emily.
    Als ich mir nachschenkte, hielt Anton mir sein Glas auch wieder zum Auffüllen hin. Ganz offensichtlich war er nur halb so cool, wie er sich gab.
    Ich lächelte ihn zaghaft an, aber als er zurücklächelte, bekam Emily einen Hustenanfall.
    »Ich bin allergisch gegen Hausstaub«, sagte sie, als Anton das Lächeln wieder eingestellt hatte. »Allerdings nur, wenn er in großen Mengen auftritt.«
    Ich nippte gierig an meinem Rotwein und mied Antons Blick, weil ich fürchtete, darin würden sich meine Mordgelüste spiegeln.
    Der Abend wurde dann auch kein großer Erfolg in Sachen »Familienzusammenführung«. Und er machte Antons und meine Beziehung kein bisschen weniger platonisch. Es war eher einer dieser Abende, an

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