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Die Patin

Titel: Die Patin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kerstin Gier
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Abkürzung?«
    »Apollonia«, sagte Anton.
    Na bitte, das passte doch wieder.
    »Und die Leute hießen übrigens von Erswert«, sagte Anton. Er sah aus, als ob er sich nur mühsam ein Lachen verkneifen könne. »Sie sind alte Freunde von meinen Eltern, früher habe ich Tante Julchen und Onkel Fred zu ihnen gesagt.«
    »Zu wem?«, fragte ich irritiert.
    »Zu den Leuten, die du Eiswurst genannt hast«, sagte Anton.
    »Was?« Ich wurde nachträglich knallrot. Wie dämlich! Ich meine, wer hieß denn schon Eiswurst? Und dann auch noch mit einem »von« davor. Ich hätte mich ohrfeigen können, dass ich den Namen auch noch so oft wiederholt hatte. Aber warum hatte Anton mich nicht in die Rippen gestoßen beim ersten Mal?
    Überhaupt - warum grinste er so blöd?
    »Tut mir Leid«, sagte ich. »Ich wollte wirklich einen guten Eindruck machen, als deine Klientin.«
    »Oh, das hast du bestimmt«, sagte Anton. Spätestens jetzt hätte er sagen müssen, dass ich für ihn weit mehr als seine Klientin war, aber er tat es nicht. Vielleicht war seine Hand nur ganz aus Versehen in meinem Nacken gelandet, weil Anton einen Platz gebraucht hatte, wo er sie ablegen konnte. Ich widmete mich verunsichert der Speisekarte. Bis jetzt verlief der Abend so ganz anders, als Mimi und Anne es für mich geplant hatten. Wenn das so weiterging, würde der Augenblick wohl niemals kommen, in dem ich meine Beine lasziv übereinander schlagen, Anton tief in die Augen blicken und ihm mit leiser Stimme mitteilen sollte, dass ich keine Unterwäsche trug. Wie sollte ich da auch eine geschickte Überleitung finden? »Apropos Eiswurst, du, ich habe übrigens unter diesem Kleid absolut nichts drunter ...«
    Ich konnte gar nicht verstehen, wie ich mich dazu hatte überreden lassen.
    Es war überhaupt nur passiert, weil meine Freundinnen nicht fassen konnten, dass zwischen Anton und mir noch nichts gelaufen war. Beide hatten sie am Nachmittag in meinem Schlafzimmer herumgelungert und mir bei den Vorbereitungen für dieses Rendezvous geholfen. Das heißt, Mimi hatte geholfen (sie lieh mir das Kleid, Ohrringe und Kosmetika), Anne hatte mich nur noch nervöser gemacht, als ich ohnehin schon war.
    »Und ihr habt wirklich noch nicht ... ?« Sie hatte mich mit großen Augen angesehen.
    Ich hatte den Kopf geschüttelt.
    »Nicht mal ... ?«
    »Na ja - beinahe«, sagte ich.
    Anne seufzte. »Aber geküsst habt ihr euch doch wenigstens, oder?«
    »Ich dachte, das meintest du gerade«, sagte ich verwirrt. »Herrje«, sagte Anne.
    »Ich verstehe das auch nicht«, sagte Mimi. Sie lag rücklings auf meinem Bett, die Füße auf dem Kopfkissen, und streichelte sich den Bauch. Sie war in der zwölften Woche schwanger und streichelte sich permanent über den Bauch. »Ihr wart doch in den letzten vier Wochen mindestens sechsmal miteinander aus.«
    »Fünfmal«, sagte ich. »Zweimal essen, einmal Kino, einmal Theater.«
    »Das sind nur viermal«, stellte Anne klar. Sie hockte neben Mimi auf dem Bett und stützte ihre erdigen Hände auf dem weißenLeinen ab. Ihre freien Nachmittage verbrachte sie überwiegend mit Gartenarbeit. Sogar wenn sie bei mir war, zupfte sie immer irgendwo Unkraut aus den Beeten.
    »Letztes Wochenende waren wir mit den Kindern zum Wandern im Siebengebirge«, sagte ich. »Aber daran erinnere ich mich nur ungern.« Antons Tochter Emily hatte außer mit Anton mit niemandem gesprochen, meine Tochter Nelly hatte ununterbrochen telefoniert und SMS verschickt, und mein Sohn Julius hatte sich auf dem Drachenfels in die schöne Aussicht übergeben. Dummerweise war Plexiglas zwischen ihm und der schönen Aussicht gewesen.
    »Aber Anton und du, ihr habt unterwegs Händchen gehalten«, sagte Mimi hoffnungsvoll.
    Ich schüttelte wieder den Kopf. »Wie man's nimmt. Ich hab Julius' Händchen gehalten und Anton Emilys. Es war ein ziemlicher Reinfall, und wir haben beschlossen, den Kindern noch ein wenig Zeit zu geben, sich an die Situation zu gewöhnen.«
    »Na toll«, sagte Anne. »Und ich dachte, wenigstens du hast ein aufregendes Liebesleben.«
    »Aufregend ist es ja«, sagte ich.
    Anne und Mimi wechselten einen ziemlich überheblichen Blick.
    »Wie alt bist du noch mal, Constanze?«, fragte Mimi.
    »Fünfunddreißig«, sagte ich und unterdrückte einen Seufzer.
    »Und wann hattest du das letzte Mal Sex?«
    »Mit einem Mann«, setzte Anne hinzu. »Vibrator gilt nicht.«
    Ich wurde ein bisschen rot. Anne und Mimi hatten keine Probleme damit, mit Begriffen wie »Vibrator«,

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