Die Patin
beiden Armanis. Der eine kratzte sich unter der Sonnenbrille an der Nase, und der andere sagte: »Wirr sind Profils, weißt du doch, Thommas. Halten uns immärrr an Abmachunk.«
»Das will ich doch hoffen«, sagte Kevins Vater. »Diese Abmachung macht nämlich durchaus Sinn, ihr Pappnasen!« Dann wandte er sich wieder an mich. »Diese Jaguars sehen alle gleich aus, nicht wahr? Wir haben nur Kunden von weiter her, das kann ich Ihnen versichern.«
»Der Jaguar von meinem Freund ist gerade geklaut worden«, sagte ich. Es war mehr eine Art lautes Denken. »Das hier kann er also gar nicht sein. Obwohl er genau die gleichen Babyschühchen am Spiegel hängen hat. Zwei Paar, genau wie die hier.« Wieder stockte ich. Wie viele Jaguars mit kleinen Schühchen am Rückspiegel gab es denn sonst noch? Vor allem mit Schühchen, in die das Monogramm E und M gestickt war?
Trotz der Sommerhitze wurde mir plötzlich kalt.
»Das darf doch wohl nicht wahr sein«, sagte Kevins Vater und guckte abwechselnd die Schühchen und die Armanis böse an. Ich machte noch ein paar kleine Schritte rückwärts. Wenn ich schnell genug nach draußen kam, konnte ich vielleicht das Rolltorwieder hinunterlassen, alle einsperren und die Polizei anrufen.
Jetzt kratzten sich alle beide Armanis an der Nase. »Ist dum-merrr Zufall, Thommas, wirrrklich. Warr vill zu tun diese Wohche. Vielleicht wirr haben nicht so genau aufgepasst.«
»Den Jaguar von meinem Freund haben sie am helllichten Tag geklaut, mitten in der Stadt, direkt vor der Kanzlei«, sagte ich, warum, wusste ich selber nicht. Wahrscheinlich war ich lebensmüde. »Er ist Rechtsanwalt, mit exzellenten Kontakten zur Polizei und zur Staatsanwaltschaft.« Während ich sprach, war ich rückwärts hinaus in den Hof gelangt. Aber Kevins Vater war mir gefolgt. Er fuhr sich mit der Hand über die Stirn, wo er eine dunkle Schmierespur hinterließ.
»Ihr seid wirklich Vollidioten, ihr beiden«, sagte er zu den Armanis, während er den Schalter für das Rolltor betätigte. »Wenn Wronski das erfährt, schiebt er euch eure albernen Handys so tief in den Hintern, dass sie oben wieder rauskommen.« Zu mir gewandt setzte er hinzu: »Äh, kleiner Scherz unter Freunden. Kann ich Ihnen vielleicht einen Kaffee anbieten?«
Das Rolltor hatte sich in Bewegung gesetzt. Langsam verschwanden die Armanis und der Jaguar aus unserem Blickfeld.
»Abarr Thomas, wenn sie nun täläffonnierrrt ... ?«, sagte einer der Armanis noch.
»Ruhe jetzt. Niemand wird hier telefonieren, klar?« Kevins Vater ließ das Rolltor einrasten und drehte sich zu mir um. »Und jetzt zu Ihnen ...«
»Tun Sie mir nichts«, wollte ich sagen aber da war Kevins Vater auch schon fortgefahren: »Es ist nicht das, wonach es vielleicht aussieht, wirklich, das müssen Sie mir glauben.«
Nicht?
»Es sieht so aus, als ob das da in Ihrer Werkstatt das Auto meines Freundes ist«, sagte ich. »Welches geklaut wurde.«
»Hören Sie, das sind gute Jungs, da drin«, sagte Kevins Vater. »Die Menschen in Russland leben nicht gerade im Überfluss, wissenSie. Seit der Staat nicht mehr für sie sorgt, müssen sie andere Einkommensquellen auftun, um ihre Familien zu ernähren. Das versuche ich meiner Frau auch ständig klar zu machen. Schließlich ist das doch das Wichtigste, nicht wahr, dass es der Familie gut geht?«
»Ja, schon, aber Autos zu klauen ist nicht unbedingt ...«
»Hören Sie, ich weiß, das muss sich für Sie komisch anhören, aber andere Länder, andere Sitten, und hierzulande hat sich ja auch einiges zum Schlechten hin gewendet, wer kann denn heute noch ... - ich weiß nicht, ob Sie wissen, wie viel man als Kfz-Mechaniker so verdient?«
»Na ja, ich ...«
»Nicht genug, das kann ich Ihnen verraten. Und wenn man fünf Kinder hat und einen alten Vater mit einer viel zu kleinen Rente und ein Enkelkind, dessen Vater ein Schwein ist und keinen Unterhalt zahlt, dann kann man schon mal in etwas hineinrutschen, in das man eigentlich gar nicht hineinrutschen wollte, verstehen Sie?«
»Wenn Sie damit meinen ... aber Sie können doch nicht ...«
»Meine Frau sagt das auch andauernd. Ich soll damit aufhören, sagt sie, sie verdient ja schließlich auch noch was, ja, aber wissen Sie, wie wenig Geld diese Frau für ihre Arbeit im Altersheim bekommt? Dafür, dass sie den alten Leuten den Hintern abputzt? Es ist erschreckend wenig, das können Sie mir glauben, und wenn die Kinder mal größer sind, dann kommen wir vorne und hinten nicht klar mit dem
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