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Die Patin

Titel: Die Patin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kerstin Gier
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versuchte es dreimal hintereinander, obwohl ich natürlich nicht vorhatte, »Spihlzeuch« zu kaufen oder zu verschenken. Aber nichts rührte sich. Das Horrorszenario vor meinem inneren Auge ließ sich nicht mehr ausblenden. Vielleicht waren sie ja alle auf dem Weg ins Krankenhaus. Das bisschen Hund konnte einem Vierjährigen ohne weiteres den Arm abbeißen. Aber wenn das so war, dann würde ich Hannibal und Lecter eigenhändig die Zungen aus dem Maul ziehen und Kevin um den Hals knoten.
    Aus dem Schuppen hörte man Geräusche, Metall auf Metall. Aha, da war doch noch jemand. Ich spurtete die Treppe hinunter und klopfte mit dem Pfefferspray gegen das Rolltor.
    »Hallo! Hallo! Ist da jemand?«
    Drinnen im Schuppen lief gerade ein Motor auf Hochtouren, deshalb ging mein Geklopfe ungehört unter. Ich fand einen Schalter und ließ kurz entschlossen das Rolltor hochfahren.
    Das Motorengeräusch erstarb.
    Drinnen sah es aus wie in einer typischen Kfz-Werkstatt. In Regalen an den Wänden entlang stapelten sich gekrümmte Auspuffrohre und andere Ersatzteile, auf einer Hebebühne war ein Jaguar ohne Nummernschild aufgebockt, und darunter lag ein Mann in einem blauen Arbeitsoverall. Links und rechts von der Hebebühne standen - und das war untypisch für eine typische Kfz-Werkstatt - zwei große, breitschultrige Männer in schwarzen Anzügen (von Armani, das erkannte ich mittlerweile in Sekundenbruchteilen) und mit schwarzen Sonnenbrillen, die sie in ihre akkurat geschnittenen Haare geschoben hatten. Sie waren symmetrisch aufgestellt und hatten eine so steife, gerade Haltung, dass ich sie im ersten Augenblick für Skulpturen hielt. Aber als die Nachmittagssonne durch das offene Rolltor den Schuppen flutete, blinzelten sie überrascht ins Gegenlicht. Beide griffen synchron in die Innentasche ihres Jacketts.
    Später wurde mir klar, dass ich vielleicht auch einen etwasbefremdlichen Anblick geboten habe, mit dem Pfefferspray in der hocherhobenen rechten Hand.
    Der Mann im Blaumann rollte unter dem Jaguar hervor und setzte sich auf »Hören Sie, ich habe Ihnen doch schon am Telefon gesagt, dass ich arbeiten muss«, sagte er. »Wenn Sie unbedingt mit jemandem über Justins Noten reden wollen, dann müssen Sie schon warten, bis meine Frau nach Hause kommt.«
    »Ja, nein, aber ich will gar nicht über Justins Noten reden«, stotterte ich, den Blick immer noch irritiert auf die beiden Armani-Männer gerichtet. Sie hatten nun ihre Sonnenbrillen von der Stirn auf die Nasen geschoben, und ich konnte ihre Augen nicht mehr erkennen. »Ich ... ich suche eigentlich nur meine Kinder.«
    »Ach so, ich dachte, Sie sind Justins Lehrerin«, sagte der Blaumann. »Die möchte uns unbedingt die Schuld an Justins Noten anhängen. Dabei sag ich immer, dass das reine Lehrersache ist. Sehen Sie doch mal unseren Kevin an, der schreibt fast nur Einsen, und der hat schließlich dieselben Eltern, oder?«
    »Tatsächlich?«, sagte ich ehrlich erstaunt. Kevin sah so gar nicht wie ein Streber aus. Vielleicht sollte Nelly in Zukunft auch mal mit ihm Mathe lernen. Die beiden Armanis rührten sich nicht. In den Gläsern ihrer Sonnenbrille spiegelte sich der sonnenbeschienene Hof Ich konnte sehen, wie sich die Katze auf der Motorhaube des alten Autos draußen reckte und streckte. Irgendwie unheimlich. »Meine Tochter ist bei Kevin in der Klasse. Sie wollte ihn heute besuchen ...«
    »Ach, die kleine Nele«, sagte Kevins Vater. »Kesses Mädchen, wirklich süß. Gestatten - Klose!«
    »Bauer«, sagte ich.
    »Freut mich. Ich hab aber keine Ahnung, wo die Kinder stecken.«
    »Wenn nur die Hunde sie nicht gefressen haben«, sagte ich mit einem nervösen Lachen.
    »Das glaube ich nicht«, sagte Kevins Vater. »Entschuldigen Sie,aber ich muss jetzt weitermachen. Der Schlitten hier muss heute noch fertig werden. Der Kunde ist ungeduldig. Vielleicht suchen Sie mal hinten im Garten.«
    »So einen Jaguar hat mein Freund auch«, sagte ich und trat ein bisschen näher. »Genau mit diesen schwarzen Lederpolstern und dem ganzen Wurzelholz.« Ich stockte. »Also wirklich, genau die gleichen Polster.«
    Ein unbehagliches Schweigen folgte dieser Feststellung. Ich verspürte plötzlich das Bedürfnis, wieder rückwärts gen Rolltor zu schleichen. Was genau suchten die beiden Armani-Typen eigentlich in ihrer Anzugtasche?
    »Das kann aber nicht sein«, sagte Kevins Vater und stand auf »Der Jaguar hier ist aus einer anderen Stadt. Nicht wahr, Jungs?«
    Jetzt kam etwas Leben in die

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