Die Peitschenbrüder
in ihr Ohr. »Ich weiß, dass ich etwas Schreckliches getan habe. Aber ich will es wiedergutmachen. Du kannst mir dabei nur helfen, indem du still hier sitzen bleibst und...«
Nottr zögerte. Er sah Kalathee in die Augen und sah, dass sie ihm nicht glaubte. Aber er musste es riskieren, musste sie davon überzeugen, dass er es ernst meinte, auf die Gefahr hin, dass sie ihm in den Rücken fiel.
»Du kannst etwas Besseres tun. Du hast gesehen, wohin die Bande ihre Ponys gebracht hat. Sie stehen angepflockt zwischen den Bäumen hinter den Hütten, am Hang des Hügels zur Rechten. In der Dunkelheit sieht dich niemand. Das Licht der Feuer reicht nicht bis dorthin. Kalathee, ich verlange jetzt sehr viel von dir. Es wird auf Augenblicke ankommen. Ich muss hinaus, um zu verhindern, dass Goltan Mythor erschlägt wie einen Hund. Mythor ist geschwächt, und Goltan riskiert einen Kampf gegen ihn nur dann, wenn er sich seiner Sache vollkommen sicher ist. Wahrscheinlich hat Mythor einen von Sars Teufelstränken im Leib. Ich hörte, wie Goltan ihn zum Trinken zwang. Kalathee.« Nottr blickte dem Mädchen ernst in die Augen und glaubte sehen zu können, dass die Ablehnung ein wenig gewichen war. »Traust du dir zu, dich zu den Pferden zu schleichen, wenn ich dich aus der Hütte bringe, und sie bis auf vier davonzujagen?«
Sie starrte ihn immer noch an. Endlich nickte sie.
»Dann wartest du dort auf uns. Wenn wir scheitern, sterben wir sowieso. Nur du kannst dich vielleicht auf einem Pony in Sicherheit bringen. Bevor die Peitschenbrüder ihre Reittiere wieder eingefangen haben, kannst du aus der Schlucht sein. Wenn du siehst, dass Mythor und ich unterliegen, dann flieh! Sieh nicht mehr zurück! Wenigstens du musst leben! Ich versuche, Mythor herauszuhauen und Sadagar zu befreien. Wir kommen zu dir.«
Nottr nahm seine Hand von Kalathees Mund. Sie schrie nicht. Ungläubigkeit sprach aus ihrem Blick. »Nottr, du.«
»Sei jetzt still. Wir haben keinen Augenblick zu verlieren. Tu, was ich dir gesagt habe, auch wenn es noch so schwer ist. Versprichst du mir das?«
Nach Augenblicken, die Nottr wie eine Ewigkeit vorkamen, nickte sie wieder, und doch wusste er, dass sie das Tal nicht ohne die Freunde verlassen würde. Aber Nottr gab nicht auf. Er lauschte. Das Grölen der betrunkenen Peitschenbrüder kündigte den Beginn des Kampfes an. Immer wieder verhöhnte Goltan Mythor. Nottr schlich sich zur Tür und öffnete sie einen winzigen Spaltbreit. Keine Wachen standen davor. Mythor stand zwischen den Feuern, sah Goltan an und griff an. Er stürmte nicht auf den Einäugigen zu, sondern taumelte. Es war, wie Nottr befürchtet hatte. Schnell war er wieder bei Kalathee. Er hatte noch das Messer, mit dem er sie von den Fesseln befreit hatte, und begann, damit kleinere Äste und Bast aus der hinteren Wand der Hütte zu lösen und den Boden aufzukratzen. Er schwitzte.
Wenn nun nicht alle Banditen dem Zweikampf zusahen?
Bald war ein Loch unter der Wand entstanden, groß genug für Kalathee, um hindurchzuschlüpfen. Nottr rannte zur Tür und sah durch den Spalt, dass Mythor am Boden lag. Goltan stand breitbeinig vor ihm und verhöhnte ihn. Die Banditen gerieten in Raserei. Sie feuerten Goltan an. Mythor richtete sich auf.
Das wievielte Mal seit Beginn des Kampfes? Nottr sah blutige Schrammen an Mythors Stirn. Goltan wollte ihn quälen, mit ihm spielen.
Nottr lief zu Kalathee und nahm ihre Hände. Sie zitterte leicht, aber in ihren Augen stand kein Abscheu mehr. Ein wenig Zweifel, aber in der Hauptsache Angst und Schrecken.
»Du musst jetzt gehen, Kalathee. Versuche zu tun, was ich dir gesagt habe. Du allein kannst uns retten, wenn wir das da.«, er deutete mit dem Daumen über die Schulter, ». lebend überstehen. Warte auf uns oder reite los, wenn du Goltans Triumphschrei hörst. Und dann reite wie der Wind!«
»Nottr, ich.«
»Es ist gut, Kalathee. Wir haben jetzt keine Zeit für Erklärungen. Du versuchst mich zu verstehen, und ich versuche dich zu begreifen. Und nun geh schnell und lass dich nicht sehen! Bleib im Schatten der Hütten, bis du bei den Bäumen bist!«
Sie wollte noch etwas sagen, aber dann drehte sie sich abrupt um, ließ sich auf die Knie fallen und schob sich durch die Öffnung aus der Hütte heraus.
Nottr wartete. Erst als er nichts hörte, rannte er wieder zur Tür. Mythor stand vor Goltan, schwankend, aber das Schwert nach wie vor fest in der Hand. Goltan kämpfte mit Fäusten und Füßen. Immer wieder wich er
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