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Die Peitschenbrüder

Die Peitschenbrüder

Titel: Die Peitschenbrüder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Hoffmann
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konnte.
    *
    Während Mythor, Kalathee, Nottr und Sadagar sich daranmachten, möglichst viele Gebäude Lockwergens zu durchsuchen, näherte sich der Stadt von Süden her auf dem Landweg eine wilde, zusammengewürfelte Horde, eine Spur aus Tod und Verwüstung nach sich ziehend. Woher sie kam, brannten ganze Dörfer und lagen einsame Gehöfte in Trümmern. Sie bestand aus Männern und Frauen übelster Sorte, Banditen und Plünderern, Räubern und Mördern, die vielen verschiedenen Völkern entstammten. An ihren Waffen klebte das Blut jener, die nicht frühzeitig genug davor gewarnt worden waren, dass der Einäugige Goltan mit seinen Peitschenbrüdern wieder auf Raubzug war.
    An der Spitze der Horde marschierte ein Gigant, dessen Körper allein aus Muskelpaketen und Fettmassen zu bestehen schien. Er hatte nur ein Auge. Wo das andere sitzen sollte, klaffte eine hässliche, leere Höhle. Er war bekleidet mit dem Fell eines grauen Bären, das seine Brust zur Hälfte bedeckte und bis zu den Knien reichte. Es wurde von einem handbreiten Ledergürtel gehalten. Der Kopf des Giganten war kahlgeschoren. Schweiß glänzte im Licht der Sonne.
    Dieser Mann war Goltan - Goltan, der Einäugige, Goltan mit der Peitsche.
    Jedes der fünfzig Mitglieder seiner Bande trug eine Peitsche, doch sie alle waren nur erbärmliche Nachbildungen der Waffe in Goltans Hand. Es ging das Gerücht, dass Goltans Peitsche einstmals ein magisches Werkzeug des Lichtes gewesen sei, das in den Händen des Riesen unter dessen schrecklichem Einfluss zu einem grausamen Werkzeug geworden war. Hatten ihr einmal positive magische Kräfte innegewohnt, so hatten sich diese in ihr Gegenteil verkehrt.
    Der Griff der Peitsche bestand aus hartem Metall und war glatt und wie poliert von Goltans schwieligen Händen. Aus diesem Griff heraus spross ein zehn Schritt langer, fingerdicker Faden, völlig farblos, aber unzerreißbar und auch mit einem Schwert nicht zu durchtrennen. Dazu war er in der Lage, Schwertklingen und Schilde zu durchschlagen. Es gab nichts, was dieser Peitsche widerstehen konnte, wenn sie in Goltans Hand lebendig wurde. Mit ihr war Goltan unbezwingbar und gefürchtet im ganzen nördlichen Yortomen. Nur mit vorgehaltener Hand sprach man von ihm und den Peitschenbrüdern.
    Und Goltans zweifelhafter Ruhm war es gewesen, der die fünfzig, die nun mit ihm zogen, dazu bewogen hatte, sich ihm anzuschließen. Es gab kein Dorf, das vor ihnen sicher war. Selbst mit einer kleineren Stadt nahmen sie es auf.
    Nur nach Lockwergen hatten sie sich noch nicht gewagt, denn die Stadtwachen und die Krieger des Königs Nadar waren selbst für sie zu stark.
    Nun aber hatten sie erfahren, dass Lockwergen verlassen sein sollte. Das Gerücht ging um, die Caer hätten dort eine so schreckliche Waffe eingesetzt, dass sie mitsamt den Bewohnern der Hauptstadt Yortomens von ihr vernichtet worden seien. Drudin selbst habe daraufhin den weiteren Umgang mit dieser magischen Waffe untersagt.
    Auf einer Anhöhe ließ Goltan die Peitschenbrüder halten. Lockwergen war noch weit, die Turme der Stadtmauern waren noch nicht am Horizont zu sehen. Es war Vormittag, und beim letzten Nachtlager waren die letzten Vorräte der Bande aufgebraucht worden. Den Banditen knurrte der Magen.
    Goltan erspähte einen einsam gelegenen Bauernhof in einem Tal. »Wir versorgen uns dort unten!« rief er mit dröhnender Stimme. »Wir machen eine Rast von ein paar Stunden!«
    Einige Männer und Frauen hinter ihm murmelten ihre Zustimmung. Zusätzliche Beute auf dem Weg zur Hauptstadt war ihnen nur willkommen. Andere schüttelten finster die Köpfe. Ein Mann von etwa vierzig Jahren und mit einem von Narben entstellten Gesicht boxte sich zu Goltan durch und knurrte: »Wozu brauchen wir eine Rast? Wir können Lockwergen in ein paar Stunden erreichen. Mir wäre es lieber, wenn wir im Hellen ankämen.«
    Goltan entgegnete nichts. Für ihn antwortete eine noch junge Frau, deren rotes Haar in fettigen Strähnen über ihre Augen und weit über die Schultern fiel. Ihre Kleidung bestand aus bunten, zusammengenähten Fetzen, die gerade ihre Blößen bedeckten, und kniehohen Schaftstiefeln. Früher mochte sie einmal sehr schön gewesen sein. Goldene Reifen zierten ihre Handgelenke. An den Fingern trug sie wulstige Ringe. Seit dem Aufbruch der Peitschenbrüder von ihrem Unterschlupf in den Bergen des Nordens war sie nicht von Goltans Seite gewichen.
    »Du hast gehört, was Goltan sagte, Jesserk. Haben dir die Schauergeschichten

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