Die Peitschenbrüder
Wand gepresst, bis sie endlich sah, wer der Unbekannte war.
Zuerst tauchte der Hinterkopf auf, mit dem langen Zopf, der über den mit dickem schwarzem Bärenfell bewachsenen Rücken bis zu den Hüften reichte.
»Nottr!« entfuhr es Kalathee in einem erstickten Ausruf der Erleichterung.
Der Lorvaner befand sich auf den letzten Stufen der Treppe. Er fuhr herum, die eigene Waffe zum Schlag erhoben. Einen Augenblick starrten sich beide an - die zierliche, ätherisch schöne junge Frau und der narbengesichtige Barbar aus den Wildländern.
Kalathee fasste sich als erste wieder. Sie ließ die Hand mit dem Dolch sinken und sagte vorwurfsvoll: »Du hast mich erschreckt, Nottr! Wieso bist du hier? Du solltest bei den anderen sein.«
»Wieso bist du hier, schöne Kalathee?« stellte Nottr die Gegenfrage. »Ich habe nach dir gesucht. Ich machte mir Sorgen. Es wird dunkel.«
Kalathee nickte, ging wieder an der Treppe vorbei und führte den Lorvaner in die Kammer mit dem Mädchen. Sie deutete auf die Kauernde. »Darum bin ich noch hier. Vielleicht sollten wir sie mitnehmen. Sie scheint anders zu sein als die übrigen, die wir gefunden haben.«
»Sie ist sehr schön«, sagte Nottr leise. Er betrachtete die junge Yortomerin einen Augenblick lang. Es war mittlerweile schwer, im Halbdunkel etwas zu erkennen. Dann drehte er sich ganz plötzlich zu Kalathee um und legte seine Hände auf ihre Arme. »Ich habe nicht die Wahrheit gesagt, Kalathee«, gestand er. »Ich war noch nicht im Quartier und konnte nicht wissen, dass du noch nicht zurück warst. Ich habe dich lange beobachtet, und als ich dich in diesem Haus verschwinden und nicht zurückkommen sah.«
»Ja, Nottr?« fragte Kalathee, verwundert über die Art und Weise, wie der Barbar sie hielt und zu ihr sprach.
»Es.« Nottr schloss die Augen und holte tief Luft. »Es ist so schwer, Kalathee!« Er drehte sich zu der Apathischen um, ohne sie loszulassen, und flüsterte: »Sie ist sehr schön, Kalathee, aber lange nicht so schön wie du. Spürst du es denn nicht? Kannst du es nicht fühlen, dass ich.«
Wie oft hatte er sich die Worte zurechtgelegt, die er ihr sagen wollte, sobald er mit ihr allein war. Wie oft hatte er von diesem Augenblick geträumt. Jetzt stand er da wie ein Kind, das keinen zusammenhängenden Satz über die Lippen brachte.
Er ließ sie los und hielt die Hände vor ihr Gesicht. »Siehst du diese Hände, Kalathee? Mit ihnen habe ich Männer erwürgt. Nun zittern sie. Die Schönheit einer Frau lässt sie zittern, Kalathee. Deine Schönheit. Diese Hände lege ich dir zu Füßen. Sie sollen nur deinem Befehl gehorchen!«
»Nein, Nottr!« Die zierliche Frau sah den Lorvaner aus ihren großen dunklen Augen an und wich unwillkürlich einen Schritt zurück. »Nein, so darfst du nicht reden!«
»Aber ich muss!« brach es aus Nottr heraus. »Ich kann es nicht mehr länger ertragen, in deiner Nähe zu sein und doch so fern von dir. Warum war ich immer bei dir, wenn uns Gefahr drohte, Kalathee? Weil ich dich liebe!«
Es war heraus. Bebend stand Nottr vor Kalathee, in deren Gesicht sich Unglauben und Entsetzen widerspiegelten. »Das ist nicht wahr, Nottr«, flüsterte sie. »Sag, dass es nicht wahr ist, weil es nicht sein darf!«
»Warum nicht?« schrie der Barbar in tiefer Seelenqual. Aus Kalathees Blick sprach jetzt Verständnis, aber auch Ablehnung und Angst. »Weil du nur Augen für ihn hast? Weil du Mythor liebst? Aber er liebt dich nicht! Er liebt keine Frau außer der, deren Bild ich ihm gab!« Nottr steigerte sich immer mehr in eine Erregung hinein, die Kalathee angst machte und sie weiter vor ihm zurückweichen ließ. »Komm mit mir, Kalathee! Wir werden eine neue Heimat finden und.«
»Nein!« schrie sie schrill. »Niemals, Nottr! Ich liebe dich nicht. Ich werde niemals einen anderen als Mythor lieben!«
Nottr starrte sie an, am ganzen Körper bebend. Kalathee lief es eiskalt über den Rücken. In diesem Augenblick wünschte sie sich nichts sehnlicher, als weit weg von diesem Ort zu sein, weit weg von dem Barbaren, der ihr eine solche Angst einjagte. In dem Zustand, in dem er sich jetzt befand, war Nottr zu allem fähig.
Aber er sah sie nur an, schien nicht fassen zu können, dass sie ihn abgewiesen hatte. Dann stieß er einen markerschütternden Schrei aus und rannte an ihr vorbei aus der Kammer. Vor der Treppe blieb er stehen, schüttelte die Faust und brüllte: »Dann geh mit deinem Mythor ins Verderben!«
Er rannte die Treppe hinunter. Kalathee
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