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Die Peitschenbrüder

Die Peitschenbrüder

Titel: Die Peitschenbrüder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Hoffmann
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um eine Stadt einzunehmen, die ihnen keinen Widerstand mehr leisten konnte?
    Inzwischen hatte die über der Stadt lastende Stille für Mythor einen Teil ihres Schreckens verloren, doch der dunkelhaarige junge Mann hütete sich davor, unvorsichtig zu werden. Mit der Zeit konnte man sich auch an die unheimlichste Umgebung gewöhnen, und diese Gewöhnung konnte tödlich sein.
    Die Gefährten mussten ebenso empfinden, wenn selbst Steinmann Sadagar sich allein in die Gassen der Stadt wagte. Und Sadagar war es auch, der nach Mythor als erster von der Suche zurückkehrte.
    Er war erstaunt, Kalathee und Nottr noch nicht vorzufinden. »Ich habe sie nirgendwo gesehen«, antwortete er auf eine entsprechende Frage Mythors.
    Mythor sah durch die offene Tür auf den Marktplatz hinaus. Es begann schon leicht zu dämmern. Er wollte, dass sie alle vier zusammen waren, wenn die Dunkelheit hereinbrach, denn sollte das Verschwinden der Stadtbewohner nur ein Vorspiel zu etwas anderem, noch Schrecklicherem gewesen sein, dann schlug das Unbekannte vielleicht im Dunkeln zu. Wieder waren es Gefühle, die Mythors Denken bestimmten, doch er hatte gelernt, Gefühlen und Vorahnungen den richtigen Stellenwert zuzuordnen. Er konnte sich nicht erklären, warum es ihn so beunruhigte, dass ausgerechnet Kalathee und Nottr jetzt noch als letzte dort draußen waren. Es war, als ob es einen blinden Fleck in seinem Denken gebe.
    Mythor machte sich manchmal Vorwürfe, dass er Kalathee nicht das geben konnte, was sie sich so sehnlich erhoffte. Er erwiderte ihre Liebe nicht. Sein Herz gehörte einer anderen, jener Unbekannten, deren Bild sein kostbarster Schatz war und der er sich mit Leib und Seele verschrieben hatte.
    Er wischte diese Gedanken beiseite und schenkte sich von dem reichlich vorhandenen Wein ein. »Wir warten, bis die Sonne untergeht«, sagte er. »Dann suchen wir nach ihnen.«
    Mythor bedauerte jetzt, keinen der apathischen Yortomer mit in ihr Quartier genommen zu haben. Sollten sich seine schlimmen Befürchtungen bewahrheiten, so hätten die Apathischen ihn und die Gefährten vielleicht auf die eine oder andere Weise warnen können.
    Von irgendwoher kam ein langgezogener Schrei. Sadagar zuckte zusammen und hatte die Hände an seinen Messern.
    »Einer von ihnen«, sagte Mythor. Sie hatten diese Schreie schon mehrmals gehört. Sie hatten sie zu den Apathischen geführt. Doch jetzt ertappte sich Mythor dabei, wie er selbst leicht zusammenfuhr.
    Das Gläserne Schwert lag griffbereit vor ihm auf dem Tisch.
    Draußen wurden die Schatten länger. Der Schrei verstummte. Die Stadt war wieder still.
    *
    Kalathee schrak zusammen, als sie die Schritte hörte. Sie befand sich im oberen Stockwerk eines stolzen Bürgerhauses, in einer Kammer am Ende eines langen Korridors. Sie wusste, dass sie längst zum Quartier zurückgekehrt sein sollte, doch vor ihr auf dem Boden kauerte eine junge Frau wie sie, in samtene Gewänder gehüllt, die sie sich zerrissen hatte. Es war nicht nur das Gefühl, hier jemanden gefunden zu haben, der einmal genauso gewesen sein könnte wie sie, mit den gleichen Ängsten, Hoffnungen und Sehnsüchten. Einige Male hatte Kalathee den Eindruck gehabt, dass das Mädchen sich aus dem Bann dessen, was es in dieser nur erahnbaren anderen Welt gefangenhielt, für kurze Augenblicke befreien und sie wahrnehmen konnte. Sie hatte sie angeblickt, in ihre Augen gesehen und nicht durch sie hindurch.
    Die Schritte kamen von unten. Wer immer das Haus betreten hatte, kam jetzt langsam die Treppen herauf. Die schweren Schritte eines Mannes.
    Mythor? Nottr? Für Sadagar klangen die Schritte zu schwer. Aber die Gefährten hatten abgemacht, dass jeder von ihnen ein anderes Viertel durchsuchen sollte. Suchten sie nach ihr, weil es schon zu dämmern begann?
    Kalathee spürte, wie ihre Hände und Füße eiskalt wurden. Ihr Herz schien sich zusammenziehen zu wollen. Schweiß brach aus ihren Poren. Es konnte jemand anders sein, ein Fremder.
    Die Schritte hallten nun auf dem Korridor des nächstunteren Stockwerks. Dann kamen sie von der Treppe, die heraufführte. Langsam und schwer.
    Kalathee riss den kleinen Dolch aus der Schnur, die ihr blaues, enges Kleid hielt. Die Waffe hatte sie dem Mädchen vor ihr aus der Hand genommen in der Befürchtung, es könne sich damit umbringen wollen. Jetzt umklammerte sie den Griff des Dolches und drückte sich an der Korridorwand vorbei, bis sie hinter dem Treppenaufgang war. Mit angehaltenem Atem stand sie dicht an die

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