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Die Pellinor Saga Bd. 2 - Das Rätsel

Die Pellinor Saga Bd. 2 - Das Rätsel

Titel: Die Pellinor Saga Bd. 2 - Das Rätsel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alison Croggon
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schien sie zu bemerken, und so tat Maerad sie als Wahnvorstellungen ab. Nachts träumte sie von Wölfen.
    Die Tage vergingen, und jeder glich dem nächsten. Maerad versuchte herauszufinden, wie lange sie besinnungslos dagelegen hatte, allerdings mit spärlichem Erfolg; damals hatte die Zeit aufgehört zu existieren. Sie ritzte kleine Kerben in das Holzgeländer des Schlittens. Wenn sie sieben Tage in jenem Zustand der Bewusstseinstrübung gewesen war, befand sie sich mittlerweile seit zwei Wochen in Gefangenschaft.
    Allmählich gelang es Maerad, ihre fünf Häscher auseinanderzuhalten. Der für sie verantwortliche Jussack war eindeutig der jüngste mit dem niedrigsten Rang; er schien etwa in Dharins Alter zu sein. Bei den anderen handelte es sich um gestandene Männer, dem Aussehen nach zwischen dreißig und vierzig Jahren. Maerad empfand sie als grobschlächtige Rüpel; sie erinnerten sie an die Männer in Gilmans Feste, unter denen sie aufgewachsen war. Der Gedanke beschwor eine tiefe Verachtung in ihr herauf, die ihren Hass schürte. Der Hexer, dessen Name Amusk lautete, war ihr Anführer, dem sich alle anderen mit einem unterschiedlichen Maß an Furcht unterordneten.
    Unwillkürlich begann sie, eine Art Zuneigung zu dem jungen Mann zu entwickeln, der sich um sie kümmerte. Obwohl er tunlichst danach trachtete, es sich nicht anmerken, zu lassen, erschien es Maerad, dass er den Hexer ebenso wenig mochte wie sie. Sein Schlitten fuhr in der Regel zuvorderst, und nach einer Weile erkannte Maerad, dass er eine ähnliche Gabe wie Dharin besaß, nämlich ein untrügliches Gespür dafür, wo er sich befand. Was erklärte, weshalb seine deutlich älteren Gefährten einen so jungen Mann mitgenommen hatten. Außerdem begriff sie mit der Zeit, dass diese Männer es als erniedrigend betrachteten, für eine Frau zu sorgen, und dass die Aufgabe des jüngsten Jussacks eine Demütigung darstellte, für die er von den anderen häufig gehänselt wurde. Ihre Äußerungen erzürnten ihn, und einmal sah sie, wie er ein Messer gegen einen seiner Peiniger zog, der darob zurückwich, den Kopf schüttelte, die Arme weit ausbreitete und eindeutig nicht kämpfen wollte. Ungeachtet dessen kümmerte sich der junge Jussack gewissenhaft um sie. Ihr fiel auf, dass er nur dann mit ihr zu sprechen versuchte, wenn niemand ihn dabei belauschen konnte; wenn die anderen Männer sich in der Nähe aufhielten, redete er manchmal in barschem Tonfall mit ihr, als wollte er jegliches Mitgefühl verschleiern, das er für sie empfinden mochte. Nach dem Besuch des Hexers verwehrte sich Maerad dem nächsten Versuch desjungen Mannes, ihr seinen Namen mitzuteilen, nicht mehr. Er legte sich die Hand auf die Brust und sagte: »Nim.« Dann deutete er mit einer unverkennbar fragenden Geste auf Maerad.
    »Maerad«, sagte sie. »Ich bin Maerad.«
    Zum ersten Mal sah sie ihn lächeln. Es veränderte sein Gesicht, und dabei erkannte sie erst, wir jung er wirklich war. Er könnte ohne weiteres in meinem Alter sein, dachte sie. »Nim. Maerad«, hielt er fest und deutete dabei von sich auf sie. Maerad nickte.
    Er verschwand aus dem Zelt und kehrte mit einem warmen Fleischeintopf zurück. Inzwischen war Maerad in der Lage, selbst zu essen, wenngleich ihre Füße, wenn sie sich nicht auf dem Schlitten befand, gefesselt waren, damit sie niemanden angreifen oder flüchten konnte. Nimm reichte ihr eine dampfende Schüssel. »Hulcha«, sagte er. »Ij lakmi.« Mit Handbewegungen tat er so, als esse er.
    »Lakmif«, wiederholte Maerad. »Essen? Ich soll essen?« Sie zeigte auf die Schüssel. »Hulcha«, sagte sie. Nim nickte und lächelte.
    Naja, es kann nicht schaden, wenn ichJussack lerne, dachte Maerad, als sie die Suppe zu essen begann. Und es ist ja nicht so, als hätte ich etwas anderes zu tun. Dann jedoch erkannte sie mit kalter Bestürzung, dass sie anfing, sich für einen von Dharins Mördern zu erwärmen. Schlagartig wurde ihr übel. Sie schob die Schüssel von sich und wollte nicht mehr mit Nim sprechen. Als sie ihm nicht antwortete, schaute er enttäuscht und verletzt drein, fast wie ein kleines Kind, das man vor den Kopf gestoßen hatte, doch er überspielte dies rasch, indem er etwas zu ihr sagte, das sich wie ein Fluch anhörte, und in der Art der älteren Männer lachte, mit derber, wissender Grobschlächtigkeit. Dann ergriff er die Schüssel und aß die Suppe hungrig selbst auf.
    Danach entwickelte sich zwischen Maerad und Nim eine zaghafte Beziehung. Maerad

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