Die Pellinor Saga Bd. 2 - Das Rätsel
Kapuze sie sich fast bis über die Augen gezogen hatte. Cadvan hatte sich schwarz gekleidet. Nur sein Mantel wies ein winziges Abzeichen aus Silber auf. Nicht zum ersten Mal dachte sie, dass man Cadvan aus der Ferne leicht für einen Untoten halten könnte. Wie Cadvan trug Maerad ihr Bündel mit all ihren persönlichen Besitztümern und ihrem Reiseproviant auf dem Rücken. Die Pferde waren mit anderen Vorräten beladen: hauptsächlich mit Hafer, um die Tiere während des Wegs über den Pass zu versorgen, wo kein Gras wuchs, und mit eingerollten Schafsfellmänteln und Jacken für das kältere Wetter, dem Cadvan und Maerad in den Bergen und in Zmarkan begegnen würden. Sie reisten, so leicht sie konnten, dennoch kam eine schwere Ladung zusammen. Darsor, der stark wie ein Schlachtross war, schien die Last nicht zu stören, doch Maerad sorgte sich um Imi. Die Stute entstammte einer für ihre Ausdauer bekannten Gebirgsrasse, aber ihre Kraft reichte nicht an Darsors heran. Und wenn sie so rasch vorankommen wollten, wie Cadvan beabsichtigte, würde es eine mühevolle Reise für sie werden.
Gahal und sein Haushalt hatten es sich trotz der Morgenkälte nicht nehmen lassen, sie zu verabschieden. Gahals Leutseligkeit wirkte deutlich gedämpft, als er mit ernster Miene Lebewohl sagte. »Ich kann nicht weit euren Pfad entlang sehen«, sagte er, »aber wir alle wissen, dass ihr von Schatten zu Schatten eilt und dass euch Gefahren verfolgen werden, wo ihr auch wandelt. All unser Segen und unsere guten Wünsche begleiten euch.«
»Dennoch sind wir sicherer, wenn wir in Bewegung bleiben, als wenn wir ein festes Ziel abgeben«, meinte Maerad.
»Damit hast du natürlich recht.« Gahal bedachte sie mit einem beunruhigenden Blick, wobei ihr die Unterhaltung im Garten einfiel. »Du musst erst noch dein Herz erkunden, junge Bardin. Sei wachsam. Es gibt Gefahren, die nichts mit Soldaten und Waffen zu tun haben.«
Maerad errötete leicht und wandte sich ab.
»Friede sei deinem Haus beschert und allen, die darin leben«, sagte Cadvan. Dann umarmten Maerad und er alle Mitglieder von Gahals Familie. »Und möge das Licht eure Reise zu einem wohlbehaltenen Ende führen«, wünschte Rena ihnen. Dem üblichen Abschied haftete ein zusätzliches Gewicht an. Maerad umarmte Lyla ohne Worte und küsste sie auf beide Wangen. Lyla brach in Tränen aus und rannte zurück ins Haus.
Bedrückt stiegen sie auf die Pferde und ritten auf dem weiß geschotterten Pfad davon, fort vom Fluss, fort von Ossin. Maerad schaute nicht zurück, obwohl sie aus einem unerfindlichen Grund spürte, dass Gahal ihnen nachblickte, bis sie um die nächste Kurve bogen und außer Sicht gerieten.
Die Felder und Bäume rings um sie waren weiß vor Frost, der erst langsam unter der matten Wärme der frühen Sonne zu schmelzen begann. In den Tälern und Niederungen herrschte dichter Nebel, der sich verschnörkelt kräuselte, als er himmelwärts aufstieg und sich auflöste. Sie folgten dem Pfad, der in den Birkenwald führte. Die Schatten hüllten sie in Kälte. Die Pferde beschleunigten die Schritte zu einem Kanter. Die Luft strich über Maerads Wangen wie ein frostiger Fluss, hauchte ihnen Leben ein, da das Blut durch ihren Körper zu strömen begann und die Kälte aus ihren Knochen vertrieb.
Cadvan und Maerad hatten ihre Pläne am Vorabend mit Gahal besprochen. Beide spürten, dass die Zeit drängte, ein Gefühl, das sich mit jedem verstreichenden Tag verstärkte.
»Ihr geltet als geächtet«, hatte Gahal sie gewarnt. »Ich habe mit Carfedis Verbindung aufgenommen, man wird euch dort helfen, aber ihr müsst die Schule getarnt betreten, falls man euch dabei beobachtet. Sobald ihr Ileadh verlassen habt, dürft ihr auf keine Unterstützung mehr rechnen, auf keinem Gehöft, in keiner Herberge und in keiner Schule, von niemandem. Jeder könnte euch verraten. Und ich bezweifle nicht, dass die Finsternis nach euch suchen wird, in Form von Untoten, die Enkir und vielleicht der Namenlose selbst entsenden, zumal die Finsternis sich mittlerweile ungehindert in Annar bewegt, wie es scheint.«
»Kein Pfad ist ohne Gefahren«, hatte Cadvan verkniffen erwidert. »Wir können Hoffnung in den Umstand setzen, dass Enkir nicht weiß, wohin wir reisen und weshalb. Daher wird er nicht erwarten, dass wir uns zurück nach Annar begeben, selbst wenn er unsere Spur bis Gant verfolgt hat. Er wird davon ausgehen, dass wir vor ihm fliehen, und ich glaube, er wird vermuten, dass wir Zuflucht in den
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