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Die Pellinor Saga Bd. 2 - Das Rätsel

Die Pellinor Saga Bd. 2 - Das Rätsel

Titel: Die Pellinor Saga Bd. 2 - Das Rätsel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alison Croggon
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Bardin war. Sie konnte so tun, als wäre sie nur ein junges, sechzehnjähriges Mädchen, das sich nur um seinen Unterricht, seine Aufgaben oder Klatsch zu kümmern brauchte.
    Wenngleich Lyla keine Bardin war, hatte ihr Vater ihr zahlreiche Bardenfähigkeiten beigebracht. Sie war höchst belesen - vor allem im Vergleich zu Maerad, die bisher so gut wie keine Bücher gelesen hatte - und kannte die meisten großen Balladen auswendig. Ferner spielte sie mehrere Instrumente und beherrschte sogar die Grundlagen der Hohen Sprache, obschon sie aus ihrem Mund keine Macht besaß. Wie sie Maerad erzählte, wollte sie später einmal Heilerin werden.
    »Eine Bardenheilung vermag ich nicht zu vollbringen«, meinte sie bedauernd. »Ich wünschte, ich wäre eine Bardin. Dennoch kann ich, wenn ich über das entsprechende Wissen verfüge, Frauen beim Gebären helfen und viele Krankheiten heilen. Je mehr Heiler es gibt, desto besser, sagt Papa. Und mir gefällt das.« Damit musterte sie Maerad, als wollte sie davor warnen, ihr zu widersprechen, doch Maerad fühlte sich insgeheim zu beeindruckt, um etwas zu erwidern. Fest stand, dass Lyla wesentlich gebildeter als sie selbst war. »Ich habe nie darüber nachgedacht, was ich tun könnte«, gab sie gedankenverloren zurück. »Ich hatte nie eine große Wahl. Erst war ich eine Sklavin, dann hat Cadvan mich von dort befreit, und jetzt bin ich eine Bardin und muss - nun ja, Dinge erledigen. Bei denen ich auch keine andere Wahl habe.«
    Lyla betrachtete sie mitfühlend. »Das würde mir nicht besonders gefallen«, meinte sie. »Mama sagt immer, ich sei viel zu eigensinnig und sie wünschte, ich wäre ein Junge, denn Jungen sind viel folgsamer und tun, was man ihnen sagt. Mädchen hingegen, meint sie, sind störrisch wie Esel und schwieriger zu unterweisen als ein Schwärm schnatternder Gänse.«
    Maerad lachte und verspürte leichten Neid. Die Art Freiheit, von der Lyla sprach, war ihr völlig fremd; zudem weckten ihre Äußerungen in Maerad das schmerzliche Bewusstsein, dass sie selbst keine richtige Familie besaß. An ihren Vater erinnerte sie sich kaum noch, an ihre Mutter etwas besser; doch selbst diese Erinnerungen waren von Schrecken und Kummer überlagert. Unwillkürlich musste sie sich fragen, was sie mit ihrem Leben anstellen wollte, falls sie die Suche überlebte, die Cadvan und sie begonnen hatten. Sie musste feststellen, dass sie es beim besten Willen nicht wusste.
    Von Gahal sah Maerad außer bei den Mahlzeiten wenig, aber obwohl er sich stets freundlich gab, vermeinte sie in seinem Gebaren einen Ansatz von Vorsicht zu erkennen. Einmal hatte der Barde sie mitgenommen, um ihr seine zahmen blauen Zaunkönige zu zeigen, die frei in einem knorrigen Apfelbaum im Garten lebten. Die winzigen Vögel, die zwischen den grünen Blättern wie lebendige Juwelen hervorblitzten, verzauberten Maerad regelrecht. Gahal rief einen herbei, der sich auf ihren Finger setzte, wo er tschilpte und Körner aus Gahals Hand fraß.
    »Sie sind Federköpfchen«, meinte Gahal liebevoll, als der Vogel ein glänzendes Auge auf ihn richtete, um mehr Körner bettelte und dann zurück auf den Baum flog. »In diesen kleinen Schädeln ist nicht viel Platz für ein Gehirn. Trotzdem liebe ich sie.«
    »Das kann ich gut verstehen«, sagte Maerad. »Sie sind so wunderschön.« »Wunderschön und zerbrechlich. Wie so vieles, das von der Finsternis bedroht wird«, erwiderte Gahal jäh ernüchtert. Maerad musterte ihn fragend. Zu ihrer Überraschung stellte sie fest, dass er verlegen wirkte. Eine kurze Weile beobachteten sie schweigend die Vögelchen, dann räusperte sich Gahal. »Maerad«, setzte er an und verstummte.
    »Was ist?«, hakte sie nach.
    Gahal kratzte sich am Kopf und starrte auf den Apfelbaum. »Ich wollte sagen, dass viel von eurer Suche abhängt«, meinte er schließlich. »Und ich möchte dich warnen. Aber ich muss feststellen, dass mir die Worte fehlen.«
    »Wovor willst du mich warnen?«
    Mit sonderbarem Ernst blickte Gahal ihr in die Augen. »Genau dafür habe ich keine Worte, junge Bardin. In dir ist etwas, das ich nicht verstehe. Und es macht mir Angst.«
    Maerad starrte ihn an; wegen eines seltsamen Grauens, das in ihr aufstieg, fiel ihr keine Erwiderung ein. Gahal seufzte, dann lachte er und tätschelte ihr den Arm. »Es ist schwierig zu sagen: >Hüte dich vor dir selbst Dennoch tue ich es. Pass auf dich auf, junges Mädchen. Ich denke an Lyla, dann an dich, kaum älter als sie, und ich würde nicht

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