Die Pellinor Saga Bd. 4 - Das Baumlied
fühle ich mich vollkommen in Ordnung. Es ist sehr angenehm, endlich wieder trocken zu sein und es warm zu haben!« »Die Schauspieler wollen abreisen.«
»Das überrascht mich nicht. Hem, ich weiß, das ist schwierig für dich. Wenn ich diese Krankheit habe, werden wir es morgen Früh wissen; bis dahin sollten sich die ersten Anzeichen bilden. Derzeit kann ich kein Fieber spüren. Geh zurück in die Schänke, wärm dich auf, und versuch, dir keine Sorgen zu machen.« »Ich bringe dir noch dein Bündel.«
»Ja, bring es mir. Und den Wein. Zerbrich dir nicht den Kopf, Hem. Ich habe es warm, bin trocken und habe zu essen. Und jetzt los junge!« Hem wurde klar, dass Saliman erst essen würde, wenn er weg wäre, und dass der Eintopf kalt würde, wenn er noch länger zögerte. Er schloss die Tür hinter sich und rannte über den Hof zurück zur Schänke. Hekibels Eintopf schmeckte ebenso köstlich wie ihr Kuchen und ihr Brot. Dennoch aß Hem nur, um bei Kräften zu bleiben, denn das Essen verwandelte sich in seinem Mund zu Asche. Er konnte einfach das Bild des kranken Mannes nicht aus seinem Kopf verbannen, das Grauen dieses verheerten Gesichts. Der Gedanke, dass Saliman dasselbe widerfahren könnte, war unerträglich.
Irc saß auf Hems Schulter und ließ sich mit kleinen Häppchen verwöhnen, verhielt sich jedoch ungewöhnlich still. Es war ein unbehagliches Mahl, da am Tisch atemlose Stille herrschte, und weder Karim noch Marich wollten ihn ansehen. Als Hem fertig war, ging er nach oben und wahllos in eines der Zimmer. Irc flog zum Bettgestell und plusterte das Gefieder auf, während Hem sich auf das Bett warf und fast auf der Stelle einschlief.
Als er erwachte, hatte es zu regnen aufgehört. Verschlafen blieb Hem noch eine Weile liegen und ließ die Friedlichkeit des Augenblicks über sich hinwegspülen. Dann besann er sich seiner Sorge um Saliman und sprang jäh auf. Es war zwar noch dunkel, dennoch wusste er, dass bereits früher Morgen sein musste, und unten hörte er Bewegungen.
Hekibel brachte gerade Brot und Käse zum Tisch. Auf dem Ofen kochten Bohnen. Sie wünschte Hem einen guten Morgen und kehrte in die Küche zurück. Von Karim und Marich war weit und breit nichts zu sehen. Hem vermutete, sie schirrten gerade die Pferde an, um sich für den Aufbruch vorzubereiten. Sie haben Angst, sagte Irc.
Ich auch, erwiderte Hem. Trotzdem laufe ich nicht weg. Sie lieben Saliman nicht so wie du.
Da es nicht mehr regnete, flatterte Irc los, um die Umgebung zu erkunden. Hem frühstückte rasch und versuchte, nicht daran zu denken, was geschehen würde, wenn Saliman sich mit der weißen Krankheit angesteckt hätte. Dann stellte er mit vor Beklommenheit wild hämmerndem Herzen einen Teller mit Brot und Käse zusammen, um ihn zu Saliman zu bringen. Als er die Hintertür öffnete, sah er, dass der Hof überflutet war. Das Wasser war zwar nicht sehr tief, aber es schwappte bereits gegen die Stufe, die zum Hintereingang führte. Hem zog die Stiefel aus und ließ sie neben der Tür zurück, dann watete er mit verzogenem Gesicht durch das knöcheltiefe Wasser, dessen Kälte ihn vollends wachrüttelte. Schließlich klopfte er an Salimans Tür. Er erhielt keine Antwort. Hem schob die Tür auf und trat ein.
Saliman schlief auf dem schmalen Bett in der gegenüberliegenden Ecke. Er lag so still, dass Hems Herz einen Schlag aussetzte, da er glaubte, er wäre bereits tot, doch dann murmelte der dunkelhäutige Barde etwas und drehte sich herum. Selbst aus der Ferne erkannte Hem, dass er krank war. Er hatte eindeutig eine ruhelose Nacht hinter sich: Die Decke lag auf dem Boden, die Kleider hatten sich um seinen Körper gewickelt. Seine Haut glänzte vor Schweiß, und seine Haare waren nass, die Zöpfe verworren.
Hem sackte gegen den Türrahmen und versuchte, zu Atem zu gelangen. In jenem Augenblick hätte er nicht auszudrücken vermocht, was er fühlte. Es war, als hätte ihm jemand eine tödliche Wunde beigebracht, deren Schmerz er noch nicht spürte. Saliman war todkrank. Und Hem hatte keine Ahnung, wie er ihm helfen konnte.
Die Weiße Krankheit
Hem platschte durch den Hof zurück zur Schänke. Er hörte Marich und Karim in den Stallungen miteinander reden, drehte sich jedoch nicht in ihre Richtung um. Das Wasser war in der kurzen Zeit, die er draußen gewesen war, merklich angestiegen und reichte mittlerweile über die erste Stufe. Er blickte zum Himmel empor, den immer noch schwere Wolken verhingen. Zweifellos würde
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