Die Pellinor Saga Bd. 4 - Das Baumlied
um.
»Ihr könnt ja verschwinden, wenn ihr wollt«, stieß er hitzig hervor. »Ich bleibe bei Saliman. Macht euch nur keine Sorgen um uns. Aber den Apfelkuchen könntet ihr uns hierlassen.«
»Vielleicht istja alles in Ordnung mit ihm«, meinte Hekibel mit zittriger Stimme. »Aber wenn nicht… Niemand vermag die weiße Krankheit zu heilen …«
»Barden können sie sehr wohl heilen«, widersprach Hem. »Wenn er krank ist, werde ich ihn heilen.«
»Hast du schon einmal geheilt?«, fragte Hekibel beinah flüsternd.
Hem zögerte. »Nein«, gestand er. »Aber das bedeutet nicht, dass ich es nicht kann.« »Ich habe gehört, nicht einmal Barden können sie bannen«, meldete sich Marich zu Wort und sah Hem in die Augen. »Nur wenige überleben, wenn die Krankheit sie erfasst. Und alle erblinden. Ich habe es selbst gesehen. Ich mag Saliman, aber ich glaube nicht, dass es etwas bringt, zu bleiben. Er oder wir. Saliman würde dasselbe sagen.«
»Ich will Saliman nicht zurücklassen wie einen… wie einen … « Hekibels Stimme versagte ihr den Dienst, und sie wandte das Gesicht ab.
»Du hattest von Anfang an eine Schwäche für ihn«, meinte Marich und drehte sich verbittert ihr zu. »Er ist ein Barde, Hekibel - Ein Barde. Sie haben ihre eigene Lebensweise, die mit der unseren nichts zu tun hat.«
Karim stand am Feuer und trommelte mit den Fingern auf dem Kaminsims. »Ich persönlich finde, wir sollten abreisen«, sagte er, wobei er Hems Blick mied. »Allerdings können wir im Augenblick nirgendwohin, so viel ist offensichtlich. Und wir sollten warten, ob der Barde tatsächlich krank ist. Vielleicht hat er sich nicht angesteckt. Außerdem ist Usha ohnehin nicht in der Lage, den Wagen heute Nacht noch weiter zu ziehen.«
»Saliman meinte, morgen könnte sie es schaffen, wenn wir langsam fahren«, sagte Marich.
Hem spürte, wie eine Übelkeit erregende, ohnmächtige Wut in ihm aufstieg. »Es riecht, als sei das Brot bereits aus dem Ofen. Und ist der Eintopf schon gekocht?«, fragte er frostig. »Ich bringe etwas davon zu Saliman. Er verdient etwas dafür, dass er Ushas Lahmen behandelt hat und sie uns überhaupt erst hierher bringen konnte.«
Hekibel nickte und eilte aus dem Schankraum, während Hem unbeholfen vor Marich und Karim stand und mit finsterer Miene den Boden anstarrte. Bald kehrte Hekibel mit einer Schale Eintopf zurück, in die sie einen großen Brocken frisches Brot gelegt hatte. Darüber hatte sie einen Teller gestülpt, um den Eintopf warm zu halten. Hem nahm die Mahlzeit wortlos entgegen und stapfte zur Hintertür. Einen Augenblick blieb er am Ausgang stehen und ließ den Blick über den gepflasterten Hof wandern. Der Regen glich einem durchgehenden, die Nacht verhüllenden Vorhang, der etwas Gnadenloses an sich hatte. In der Pferdeknechtkammer konnte er ein Licht ausmachen. Hem eilte so rasch wie möglich über den Hof und öffnete die Tür.
Saliman befand sich in der Kammer und saß an einem Tisch an der gegenüberliegenden Seite des Raumes. Er hatte sich umgezogen und trug unvertraute Kleider, die offenbar dem Pferdeknecht gehörten, und er hatte ein Feuer entfacht, augenscheinlich mit Magie, denn es brannte sehr hell, und in der Kammer war es bereits warm. Er lächelte, als er Hem erblickte.
»Danke, Hem«, sagte er. »Stell einfach alles auf den Boden an der Tür. Und mach dich sauber, sobald du wieder im Haus bist -wasch dir insbesondere die Hände. Ich habe den Türgriff berührt.«
Hem nickte. »Ich - ich habe dein Bündel vergessen«, stieß er hervor. »Ich bringe es gleich. Und an Wein habe ich auch nicht gedacht.«
»Das Abendessen ist mir sehr willkommen«, erwiderte Saliman.
»Ich bringe dir den Wein mit deinem Bündel«, sagte Hem. »Und etwas später noch Apfelkuchen.«
»Auch das wäre fein. Aber ich will nicht, dass du wieder völlig durchnässt wirst, weil du als mein Botenjunge herumläufst.«
Hem zögerte, dann sprudelte er hervor: »Falls du die weiße Krankheit hast, könnte ich dich dann heilen?«
»Wir wissen noch nicht, ob ich sie habe«, gab Saliman zurück.
»Aber ich könnte dich heilen, oder?«
»Ich bin nicht sicher, Hem. Ich weiß, dass du ein begabter Heiler bist, allerdings ist das eine Krankheit, die vielen Barden überlegen ist, sogar Heilern. Nur den besten ist es je gelungen, sie auszutreiben. Würdest du es versuchen, bestünde die Wahrscheinlichkeit, dass du dich selbst ansteckst. Vorläufig will ich keinerlei Wagnis eingehen. Bisher jedenfalls
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