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Die Pellinor Saga Bd. 4 - Das Baumlied

Die Pellinor Saga Bd. 4 - Das Baumlied

Titel: Die Pellinor Saga Bd. 4 - Das Baumlied Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alison Croggon
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sie zerstört haben, mein Leben, Hems Leben …« Kurz zog sie ihre verstümmelte Hand unter dem Mantel hervor, betrachtete sie abermals und steckte sie erneut darunter. »Ich weiß nur nicht, wo es endet. Wenn man es sich recht überlegt, sind das Licht und die Finsternis so verschieden? Warum ist es manchmal richtig zu hassen und manchmal nicht? Warum ist die Vernichtung einer Kreatur richtig, die einer anderen falsch?«
    »Es ist niemals richtig. Manchmal, Maerad, gibt es kein Richtig und Falsch …« »Mir gefällt die Welt nicht, in der das so ist.« Maerad ballte die Hände unter dem Mantel zu Fäusten. »Und sie wird mir nie gefallen.« Sie holte tief Luft. »Cadvan, du weißt so gut wie ich, was Ardina gemeint hat. Sie wollte damit sagen, dass ich diesen Hass, diese Finsternis und diese - Tödlichkeit - in mir annehmen muss, wenn ich mich selbst erkennen und wissen will, wie ich diese Kräfte einsetzen kann. Das Seltsame ist, ich dachte, ich hätte sie bereits angenommen. Aber wenn ich es mir recht überlege …«
    Cadvan lauschte aufmerksam und mit düsterem Blick, als ahnte er, was Maerad sagen würde, und wollte sie davon abhalten.
    »Wenn ich genauer darüber nachdenke, wird mir klar, dass ich mich vor diesem Hass zu sehr fürchte, um ihn wirklich zu fühlen. Weißt du, nachdem ich beim ersten Mal diese Untoten vernichtet hatte, da hatte ich solche Angst vor dem, was ich getan hatte. Aber darunter verspürte ich Erregung, ich spürte … Nun, es war eine Art - Glückseligkeit, ein Hochgefühl, etwas in der Art. Ich denke, dieses Gefühl hat mich mehr verängstigt als das, was ich getan hatte.«
    »Was willst du damit sagen, Maerad?«, fragte Cadvan angespannt. »Cadvan, du weißt, was ich damit sagen will.« Verzweifelt sah Maerad ihn an. »Bitte, bitte, tu nicht so, als wüsstest du nicht, wovon ich rede. Ausgerechnet du …«
    »Ich denke, du willst damit sagen, dass du dich der Finsternis in dir öffnen willst.« »Ja.« Maerad hob die Hand, um Cadvans Einwänden zuvorzukommen. »Ich ahne, was du sagen willst, Cadvan. Ich weiß es. Ich kenne das Für und Wider.« »Maerad, das kannst du nicht ernst meinen!« Cadvan wirkte äußerst blass. »Ja, ganz besonders ich kenne dieses Hochgefühl, von dem du sprichst. Und ganz besonders ich weiß, was es kostet. Es hat meine Jugend zerstört, Maerad, und diejenige getötet, die ich mehr liebte als das Leben selbst. Und ich fürchte, wenn du dich in diese Richtung wendest, könntest du wie der Namenlose werden. Vielleicht noch schlimmer. Nein, Maerad, das lasse ich nicht zu.«
    »Es geht hier nicht darum, ob du es mir erlaubst oder nicht«, gab Maerad steif zurück.
    »Dann flehe ich dich an, Maerad, bei unserer langen Freundschaft: Schlag diesen Weg nicht ein. Wenn du diesen Pfad wählst, sehe ich nur Verhängnis voraus. Für uns alle, nicht nur für dich selbst.«
    »Aber wenn ich diese Kräfte richtig einsetze, wenn ich meine ganze Macht entfalten kann, gelingt es mir vielleicht, Hem zu finden«, erwiderte Maerad. »Und du hast recht, Cadvan - anders stehen die Aussichten schlecht, ihn zu finden. Vielleicht ist es anders sogar unmöglich.«
    Eine lange Weile schwieg Cadvan. Er stand auf und ging hinaus in die Nacht. Maerad hörte, wie er sich in der Dunkelheit bewegte und anschließend leise mit den Pferden sprach. Sie spürte, wie aufgewühlt sein Geist war, was sie bekümmerte; gleichzeitig spürte sie, dass sie keine andere Wahl hatte, als zu tun, was Ardina vorgeschlagen hatte, und sie wusste, dass sie versuchen würde, ihre volle Macht zu erwecken, ganz gleich, ob Cadvan es billigte oder nicht. Wenngleich es ihr erheblich lieber wäre, sich seiner Unterstützung gewiss zu sein. Die Erinnerung an ihren unbesonnenen Versuch in der Nacht zuvor war noch lebhaft in ihrem Gedächtnis; sie konnte gut auf eine Wiederholung dieser Qualen verzichten.
    Und trotz ihrer wachsenden Entschlossenheit - die auf der Überzeugung beruhte, dass sie keine Wahl hatte, dass sie es versuchen musste, weil ihr Unterfangen sonst unweigerlich fehlschlagen würde - verspürte sie am meisten von allem eine unsägliche Angst. Maerad wollte den Versuch nicht alleine wagen. Sie brauchte Cadvan.
    Schließlich kehrte er zurück in den Kreis des Feuerscheins und setzte sich mit untergeschlagenen Beinen neben Maerad. »Ich kann nachvollziehen, dass du fühlst, du müsstest es tun«, sagte er. »Und ich kann nicht behaupten, dass ich denke, es sei richtig. Aber mir ist auch klar, dass ich

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