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Die Pellinor Saga Bd. 4 - Das Baumlied

Die Pellinor Saga Bd. 4 - Das Baumlied

Titel: Die Pellinor Saga Bd. 4 - Das Baumlied Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alison Croggon
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durch Ardinas Gegenwart hatte sie völlig vergessen, dass er da war. »Durch Schmerz und Kummer und Dunkelheit, Cadvan von Lirigon. Durch Hass und Verzweiflung vielleicht. Durch Not und Verlangen gewiss. Habe ich dir das nicht einst gesagt, Elednor, bevor du erwacht warst? Habe ich dir nicht gesagt, dass du glücklos bist?«
    Ardinas Gestalt begann zu verblassen, und als ihre Stimme verklang, war sie gänzlich verschwunden, als wäre sie nie da gewesen. Ihre letzten Worte hingen mit dem leisen, schmerzlichen Widerhall einer Glocke in der Luft und entschwanden langsam. Maerad blinzelte, als hätte sie einen Verlust erlitten, und als sie sich Cadvan zuwandte, widerspiegelte sich dasselbe Gefühl in dessen Zügen. Mit leichtem Erschrecken stellte sie fest, dass die Nacht mittlerweile vollends hereingebrochen war: Die Wolken hatten sich verzogen, und die kalten Sterne funkelten an einem mondlosen Himmel hell über der trostlosen Hochebene. Nie war der Name des Hohlen Landes treffender erschienen.

 
     
Der Ruf
    Nach Ardinas Erscheinen sprachen Maerad und Cadvan eine Zeit lang nicht miteinander, wenngleich ihr Schweigen gesellig war. Stattdessen beschäftigten sie sich mit trivialen Aufgaben wie dem suchen von Reisig für das Feuer oder dem Waschen ihres Geschirrs vom Abendessen. Maerad war sich nicht im Klaren darüber, ob sie sich getröstet fühlen sollte oder nicht. Eingedenk der letzten Worte Ardinas fühlte sie sich in keiner Weise getröstet. Andererseits schien die Elidhu zu glauben, dass Hem noch lebte. War er vielleicht todkrank, schwer verwundet oder in sonstiger Gefahr? Der Gedanke erfüllte sie mit qualvoller Sorge und Hilflosigkeit, die sich in einem körperlichen Schmerz in ihrer Brust äußerten - sie konnte die Vorstellung nicht ertragen, dass Hem leiden könnte und sie keine Möglichkeit hatte, ihm zu helfen. Zumindest in einer Hinsicht hatte sie nun Klarheit erlangt: Ihr Herz befahl ihr, nach Hem zu suchen, und Ardina hatte gesagt, sie müsste ihrem Herzen folgen.
    Während sie müßig beobachtete, wie Cadvan seine Stiefel polierte, kam ihr ein anderer Gedanke. Durch Not und Verlangen gewiss… Was bedeutete das? Sie erinnerte sich daran, wie sie sich bei der Berührung des Winterkönigs gefühlt, wie dies den Kern ihres Wesens erschüttert hatte. Wenn ich meinem Herzen folgen soll, dachte Maerad, muss ich es zuerst verstehen.
    Als es nichts mehr zu tun gab, ließen sich die beiden Barden am Feuer nieder und begannen, sich miteinander zu unterhalten, zunächst stockend, weil es sich schwierig gestaltete, den mächtigen Zauber der Gegenwart Ardinas abzuschütteln. Cadvan erwähnte nichts mehr davon, dass er der Elidhu misstraute, doch er zeigte sich verwirrt und verstört über das, was sie Maerad gesagt hatte. »Ardina hat die Hohe Sprache verwendet, nicht die Sprache der Elementare. Sie wollte, dass du sie hörst«, sagte Maerad. »Damit du nicht denken würdest, sie oder ich hätten etwas zu verbergen.«
    Von Cadvans früherem Zorn war nichts mehr zu erkennen, und sein Blick wirkte klar und offen, als er Maerad ansah. »Es tut mir leid, dass mich ein solches Misstrauen ergriffen hat, Maerad; das war kleingeistig von mir. Inzwischen ist mir wieder bewusst geworden, dass du mir erzählt hast, die Elidhu lügen nicht. Ich glaube, das tun sie tatsächlich nicht; doch das bedeutet nicht, dass es einfach wäre, zu entwirren, was sie meinen, oder dass meine warnenden Worte an dich nicht wahr sind. Ardina spricht in Rätseln, und wenngleich sie nicht unaufrichtig ist, könntest du trotzdem in die Irre geleitet werden.«
    »Jedenfalls bin ich mir einer Sache sicher: Ob zum Guten oder zum Schlechten, ich muss Hem finden. Und ich glaube, er ist noch am Leben…«
    »Ja. Das zumindest scheint klar zu sein, wenn schon sonst nichts. Allerdings begreife ich nicht, was sie meinte, als ich sie fragte, wie du deine wahre Natur erfahren könntest. Oder zumindest gefällt mir nicht, was ich mir aus ihren Worten zusammenreime.«
    Maerad hörte die Stimme der Elidhu in ihrem inneren Ohr: Habe ich dir nicht gesagt, dass du glücklos bist?
    »Auch für mich hört es sich nicht besonders gut an, so viel steht fest«, meinte Maerad und versuchte, die düstere Vorahnung abzuschütteln, die Ardinas Worte in ihr geweckt hatten. »Aber sie ist wohl die Einzige auf der Welt, die sich nicht vor mir fürchtet; deshalb bin ich geneigt, sie trotzdem zu mögen.« Sie lachte und wollte unbeschwert klingen, aber ihre Stimme zitterte,

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