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Die Pellinor Saga Bd. 4 - Das Baumlied

Die Pellinor Saga Bd. 4 - Das Baumlied

Titel: Die Pellinor Saga Bd. 4 - Das Baumlied Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alison Croggon
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über die Hügel seufzte. »Maerad, ich finde, du solltest daran denken, was der Winterkönig zu dir gesagt hat. Ich erinnere dich nicht nur um meinetwillen daran. Nimm dich in Acht, Maerad.« Sie blinzelte und wandte den Blick ab.
    »Ich kann mich nicht mehr in Acht nehmen, Cadvan«, erwiderte sie schließlich mit ebenso leiser Stimme wie er. »Dafür ist es zu spät. Aber ich fürchte, dass ich dir Angst vor mir eingejagt habe, und das schmerzt mir im Herzen.«
    Ein langes Schweigen entstand. »Ich habe Angst, Maerad«, gestand Cadvan. »Ich habe Angst vor dem, was ich in dir sehe, und vor dem Sturm, der sich jenseits dieser Hügel zusammenbraut und bald über unseren Köpfen losbrechen wird. Ich wäre wahnsinnig, hätte ich keine Angst.«
    »Ich fürchte mich nicht mehr, obwohl ich nicht weiß, was geschehen wird.« Maerad senkte die Stimme zu einem Flüstern. »Oder vielleicht habe ich so große Angst, dass ich sie nicht mehr wahrnehme. Ich weiß, es gibt viel zu fürchten, aber Cadvan, bitte, hab keine Angst vor mir.« Flehentlich sah sie ihn an. Cadvan, der bedrückt auf seine Hände gestarrt hatte, schaute auf und begegnete neuerlich ihrem Blick. Diesmal lächelte er, und zu Maerads Erstaunen war seine Miene frei von Argwohn und erfüllt von Freude; es war ein ungezwungenes Lächeln, das ihr einen lebhaften Eindruck von dem wilden, furchtlosen Mann vermittelte, der Cadvan einst gewesen war. Maerads Herz vollführte einen Satz in der Brust.
    »Dann besiegeln wir einen Pakt«, schlug er vor. »Ich gelobe, dich nicht zu fürchten, und du versprichst, mich nicht versehentlich wie einen Käfer zu zerquetschen, während du damit beschäftigt bist, Untote auszulöschen. Du hast recht. Es ist zu spät für Angst.«
    »Es braut sich tatsächlich ein Sturm zusammen«, erwiderte Maerad. »Und wir müssen ihn zureiten wie einen ungezähmten Hengst.«
    »Ich bin nicht sicher, ob ich den richtigen Sattel dafür dabeihabe.«
    »Für Sättel ist er zu groß, und er hat ein böses Auge«, gab Maerad lächelnd zurück. »Es heißt, sich entweder ohne Sattel an der Mähne festzuklammern oder zertrampelt zu werden.«
    Danach wurde nicht mehr davon gesprochen, weiterzuziehen. Die Tage waren lang, kalt und ermüdend, aber sie sorgten beide dafür, dass sie etwas zu tun hatten. Cadvan kundschaftete die Umgebung aus und fand eine Stelle in der Nähe, von der er meinte, sie sei besser zu verteidigen, und sie brachten ihre Habseligkeiten und die Pferde dorthin. Sie verfugten ihren behelfsmäßigen Unterstand mit Grassoden, um den Wind auszusperren, und bauten sich eine feste Feuerstelle. Maerad verbrachte den Großteil des Tages damit, den Horizont abzusuchen. Dazwischen verfiel sie immer wieder in Schübe von Aktivität. Cadvan füllte die Tage, indem er magische Verteidigungsmaßnahmen ergriff. Er brachte in einigem Abstand Bewusstseinsbanne an Steinen rings um ihr Lager an, damit sie frühzeitig gewarnt würden, wenn sich ihnen jemand näherte. Stundenlang arbeitete er auch an seinem Schwert, legte es zu Boden und versah das Metall mit neuer Magie, und wenn es sonst nichts zu tun gab, tat er dasselbe bei Maerads Schwert Eled. Er zeichnete mit einem Messer aus Feuerstein eine Linie in den Boden und errichtete so eine magische Mauer, die Werwesen nicht zu durchbrechen vermochten. Während Maerad ihn dabei beobachtete, dachte sie an das erste Mal zurück, als sie ihm dabei zugesehen hatte. In jener Nacht hatten sie in einem verfallenen Turm Zuflucht gesucht und waren von den Werwesen des Landrosts verfolgt worden. Die Erinnerung fühlte sich fern an, als wäre es jemand anderem widerfahren. Bisweilen beschlich sie das Gefühl, es sei kaum eine einzige Nacht verstrichen, seit sie Hem gerufen hatte; häufig erschien es ihr, als hätte sie seit dem Anbeginn der Zeit an diesem Ort geweilt, als wäre sie schon hier gewesen, als das längst vergessene Volk, das hier gelebt hatte, mühsam die Steinkreise als Zeugen seiner Existenz errichtete, und als hätte sie beobachtet, wie es für immer in den trüben Nebeln des Vergessens verblasste.
    Manchmal hatte Maerad das Gefühl, diese Steine so gut zu kennen wie ihre eigene Haut. Sie hatte die langsame, geduldige Verwitterung der Jahre beobachtet, kannte jede Schattierung des Lichts, Mondlicht und Sternenlicht, die zahlreichen Launen der Sonne und der Jahreszeiten, und sie wusste, wie sie die Färbung der Steine durch unendlich viele Töne hinweg verändert hatten, von einem tiefen Purpur zu

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